So findest du heraus, ob dich jemand überwacht

Schöpfst du Verdacht, dass dein Ex-Partner oder Eltern­teil dein Handy ausspio­niert? Unsere Cyber-Kolum­ni­stin maia arson crimew verrät, wie du erkennst, ob du von digi­talem Stal­king betroffen bist – und wie du dich davor schützen kannst. 
Digitale Stalker können jeden Schritt und alle Verabredungen der Opfer aus der Ferne mitverfolgen. (Bild: Dasha Yukhymyuk / Unsplash)

In meiner letzten Kolumne habe ich über die zuneh­mende Verbrei­tung von Stal­ker­soft­ware berichtet: Immer mehr Privat­per­sonen über­wa­chen heim­lich ihre Kinder oder (Ex-)Partner*innen, indem sie uner­laubt Programme auf den mobilen Geräten instal­lieren. Das ist eine erschreckende und höchst proble­ma­ti­sche Entwick­lung inner­halb sozialer Bezie­hungen, die erstens fast immer illegal und zwei­tens extrem miss­bräuch­lich ist.

Eine wich­tige Frage habe ich letztes Mal aber offen gelassen: Was kann man tun, wenn man befürchtet von Stal­king betroffen zu sein?

Es ist kein Vertrau­ens­bruch, eine*n Partner*in nicht an seine Daten zu lassen.

Norma­ler­weise ist die Instal­la­tion von Stal­ker­ware auf einem Gerät nur mit direktem Zugriff möglich. Daher lohnt es sich, einen sicheren Gerä­te­code oder ein langes Pass­wort zu verwenden, das sich nicht leicht erraten lässt. Diese Codes und Pass­wörter sollte man für sich behalten. Ich rate stark davon ab, anderen Personen Zugriff auf ein persön­li­ches Gerät zu geben, sei das via abge­spei­chertem Finger­ab­druck oder indem man den PIN teilt. Auch wenn du der Person vertraust, können sich Umstände immer ändern und auch in einer engen Bezie­hung verdienen wir alle unsere Privatsphäre.

Es ist kein Vertrau­ens­bruch, eine*n Partner*in nicht an seine Daten zu lassen. Ausserdem macht Gele­gen­heit Diebe: Wenn niemand die Möglich­keit hat, den anderen auszu­spio­nieren, bleibt auch in schwa­chen Momenten diese Versu­chung aus – und man setzt seine Bezie­hungen nicht unnötig aufs Spiel.

Wenn man sein Pass­wort oder PIN in der Vergan­gen­heit aber doch mit jemandem geteilt hat oder befürchtet, eine Person habe sich auf andere Weise digi­talen Zutritt verschafft, gibt es einige Dinge, die man über­prüfen sollte. 

Bevor man anfängt, sein Handy oder Tablet auf die Soft­wares zu unter­su­chen, ist es aber ratsam, sich zu über­legen, wo man auf Hilfe zurück­greifen kann. Das können Freund*innen, Familie oder einer Opfer­hilfs­stelle sein. Die Coali­tion Against Stal­ker­ware bietet aktu­elle Infor­ma­tionen für Opfer von Stal­ker­ware sowie eine Liste von Hilfs­stellen.

Die poli­ti­sche Dimen­sion des Digi­talen ist so gross wie das Netz selbst. Mit einem Mix aus Exper­tise, Spass und sehr viel Wut auf das System schreibt maia arson crimew über Tech­no­logie, Über­wa­chung, Inter­net­kultur und Science Fiction – oder was ihr im digi­talen Raum sonst gerade zwischen die Finger gerät. In ihrer Kolumne cyber_punk nimmt sie uns mit in die Untiefen des Inter­nets und zeigt, wie die physi­sche mit der digi­talen Welt zusam­men­hängt.

maia arson crimew ist eine Luzerner Hack­ti­vi­stin und inve­sti­ga­tive Jour­na­li­stin. Auf ihrem Blog publi­ziert sie Recher­chen über die verschie­denen Auswüchse des Über­wa­chungs­ka­pi­ta­lismus und ist nebenbei auch als DJ unterwegs.

Wenn irgendwie möglich, verwendet beim Hilfe­su­chen nicht euer mögli­cher­weise infi­ziertes Gerät. Denn wenn ihr wirk­lich über­wacht werdet, weiss der*die Täter*in sonst sofort, dass ihr Verdacht schöpft. Das Entfernen der Über­wa­chungs­soft­ware ist übli­cher­weise von der Täter*in leicht bemerkbar und daher nicht risikofrei.

Prak­tisch alle modernen Stal­ker­ware Soft­wares, die Apple iOS unter­stützt, funk­tio­nieren nicht direkt auf dem Gerät, sondern werden via iPhone-Backups direkt von der iCloud auf das Gerät geleitet. Dies funk­tio­niert entweder über dein eigenes Konto – falls eine Täter*in das Pass­wort dafür kennt – oder indem die Person heim­lich ein zweites iCloud Konto auf deinem Gerät konfi­gu­riert hat. Im ersten Fall sollte es norma­ler­weise reichen, das iCloud Pass­wort zu ändern und zwei-Faktor-Authen­ti­fi­zie­rung einzu­schalten. Im zweiten Fall müsste sich das uner­wünschte iCloud-Konto in den Backup-Einstel­lungen befinden, wo man es direkt entfernen kann.

Auf Android ist das ganze etwas kompli­zierter: Apps haben übli­cher­weise wesent­lich mehr Rechte als bei iOS-Geräten und können einfach von Quellen ausser­halb des Play Stores instal­liert werden. Der erste Schritt, um mögliche Ände­rungen an einem Gerät fest­zu­stellen, ist daher in den Play-Store-Einstel­lungen den „Play Protect Status” zu über­prüfen. Falls das Anti­virus noch nicht einge­schaltet ist, sollte man das nach­holen. „Play Protect” erkennt und warnt vor den meisten Stal­ker­ware-Apps. Falls also jemand heim­lich eine Über­wa­chungs­soft­ware bei euch instal­liert hat, wird der*die Täter*in diese Funk­tion als Erstes ausge­schaltet haben.

Grund­sätz­lich ist es ratsam, die Berech­ti­gungen aller Apps, die man nicht kennt, auszuschalten.

Da Über­wa­chungs­soft­wares viel Zugriff auf das infi­zierte Andro­id­gerät benö­tigen, findet man die Stalker-Apps norma­ler­weise unter den System­ein­stel­lungen für Bedie­nungs­hilfen und unter „Geräte- und App-Benach­rich­ti­gungen” bezie­hungs­weise unter „Apps” und „Spezi­eller App-Zugriff”. Dort könnt ihr verdäch­tigen Apps, die ihr nicht kennt, alle Berech­ti­gungen entziehen und direkt entfernen.

Syste­mapps – also vorin­stal­lierte Apps wie zum Beispiel die Uhr und der Rechner auf Android-Geräten – müssen nicht nach diesen Berech­ti­gungen fragen. Stal­kerapps tarnen sich oft als solche Syste­mapps mit Namen wie „System Service”, „Google Services”, „Acces­si­bi­lity”. Wenn es möglich ist, verdäch­tige Apps zu deinstal­lieren, könnt ihr sicher sein, dass es sich nicht um echte Syste­mapps handelt, sondern um Drittsoftware.

Eine weitere spezi­elle Android­funk­tion, die man über­prüfen sollte, sind „Apps zur Gerä­te­ver­wal­tung” (in den System­ein­stel­lungen unter „Sicher­heit”), diese Funk­tion erlaubt es zum Beispiel in einem Geschäfts­um­feld Arbeits­ge­räte aus der Ferne zu verwalten und erlaubt weit­rei­chenden Zugriff auf das Andro­id­sy­stem. Spio­na­ge­apps verstecken sich auch hier häufig unter Namen wie „System Service” oder „Device Admin”. 

Übli­cher­weise haben Privat­per­sonen keine Gerä­te­ver­wal­tungs­apps auf ihren persön­li­chen Geräten. Findet man doch welche, kann man beden­kenlos alle Berech­ti­gungen dieser Apps ausschalten.

Grund­sätz­lich ist es ratsam, die Berech­ti­gungen aller Apps, die man nicht kennt, auszu­schalten. Es lohnt sich also, sich in den System­ein­stel­lungen durch alle instal­lierten Apps zu scrollen und dieje­nigen, die man nicht erkennt, zu deinstallieren. 

Beson­ders genau hingucken sollte man bei Apps mit vielen Berech­ti­gungen, wie der Zugriff auf den Standort, Anrufe, Kontakte und so weiter. Bereits gesam­melte Daten bleiben zwar für Stalker zugäng­lich, aber nach dem Entfernen der Über­wa­chungs­apps sollten keine neuen Daten mehr gesam­melt werden können.


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