Gift­wolke über Sant­iago — Made by Clariant

Eine Gift­wolke zieht über Sant­iago de Chile. Schuld daran ist eine Explo­sion bei einem Schweizer Chemie­kon­zern. Die gesund­heit­li­chen Schäden für die Anwohner:innen könnten erheb­lich sein. Doch das Unter­nehmen vertuscht und bestreitet den Vorfall. 
Die Anlage von Clariant ist hinter dicken Mauern und Stacheldraht versteckt. (Foto: Caterina Muñoz)

In der Nacht vom 5. Dezember 2019 ertönt in Maipu im Süden der chile­ni­schen Haupt­stadt Sant­iago ein Knall. Wenige Minuten später zieht ein uner­träg­li­cher Gestank durch die Strassen. Anwohner:innen werden später berichten, wie ihnen das Atmen schwer­fiel und der Kopf schmerzte. Drei­zehn Personen mussten in dieser Nacht mit Atemnot in ein Kran­ken­haus einge­lie­fert werden.

Was war in dieser Nacht vom 5. Dezember passiert?

Maipu ist die zweit­grösste Gemeinde Sant­iago de Chiles. Es ist ein ruhiges Viertel. Einfa­mi­li­en­häuser reihen sich anein­ander und der Lärm der Acht-Millionen-Stadt scheint hier weit weg.

Wäre da nur nicht dieser stän­dige Gestank. An manchen Tagen riecht es nach Fäka­lien, an anderen nach Gas oder Keksen. Der Grund: Der Stadt­teil ist umgeben von zahl­rei­chen Indu­strie­an­lagen. Seit Jahren wehren sich Umweltaktivist:innen gegen deren Ausbau, bislang ohne Erfolg.

Eine von ihnen ist Viviana Soledad Delgado. Ihr Kampf richtet sich gegen Unter­nehmen, die ihre Gemeinde in eine „der Indu­strie geop­ferten Zone“ verwan­deln, wie sie selbst sagt. Ein Ort, in dem der Profit der Unter­nehmen wich­tiger ist als die Umwelt und die Gesund­heit der Bevölkerung.

Zwischen der Anlage von Clariant und dem Stadt­teil Maipu liegen ledig­lich eine Strasse, eine Zuglinie und ein schmaler grüner Streifen. (Bild: Cata­lina Muñoz Ramírez)

Wenige Stras­sen­züge von Delgados Zuhause entfernt liegt die Indu­strie­an­lage von Clariant, dem Schweizer Chemie­kon­zern, der seit den 1960er-Jahren in Chile Inhalts­stoffe für Kleb­stoffe, Sham­poos und im Bergbau genutzte Chemi­ka­lien produ­ziert. Der Konzern erlebt derzeit eine gross­flä­chige Umstruk­tu­rie­rung: Einer­seits soll er fit für einen Expan­si­ons­kurs gemacht werden, ande­rer­seits schreibt er Verluste und hat eine Entlas­sungs­welle hinter sich.

Der Umwelt­ak­ti­vi­stin Delgado war der Konzern bisher unbe­kannt. Neben Ölraf­fi­ne­rien und riesigen Klär­an­lagen erregte die Anlage hinter Stachel­draht, Sicht­schutz und Bäumen kaum Aufmerksamkeit.

Dies änderte sich in der besagten Nacht auf den 5. Dezember, als eine Reak­tor­ex­plo­sion ein ganzes Stadt­viertel aus dem Schlaf riss.

Um kurz nach Mitter­nacht wurde damals bei der örtli­chen Feuer­wehr von einem Passanten ein Feuer inner­halb der Anlagen von Clariant gemeldet. Sie rückte umge­hend aus. Doch die Fabrik­lei­tung verwehrte ihr zunächst den Zutritt zur Anlage. Es sollte knapp eine Stunde vergehen, bis sich die Feuer­wehr­leute schliess­lich mit Hilfe der Polizei Zugang zur Anlage verschaffen konnten.

In einer Stel­lung­nahme auf Twitter kurze Zeit später recht­fer­tigte der Konzern die Zugangs­ver­wei­ge­rung als nötig, „um die Ursache der Explo­sion zu erfor­schen […] und die Invol­vierten zu schützen“. Später behaup­tete die Medi­en­ab­tei­lung, dass die Feuer­wehr gerufen wurde, aber vor dem Gelände umdrehen musste, da sie keine Schutz­klei­dung für chemi­sche Unfälle hatte. Man habe „eng mit den chile­ni­schen Behörden gear­beitet“, versi­chert die Pressesprecherin.

Während die Feuer­wehr vor dem geschlos­senen Tor stand, klin­gelte bei Patricia Flores Valen­zuela pausenlos das Telefon. Sie ist direkte Nach­barin der Indu­strie­an­lage und Präsi­dentin der Nachbar:innenschaftsorganisation des Vier­tels Cerrito de los Héroes. Dieses liegt gleich gegen­über der Anlage, getrennt davon nur durch eine Zuglinie und einen kleinen Park, auf dem sich ein künst­li­cher Hügel erstreckt.

Die Stink­wolke, die nach der Explo­sion frei­ge­setzt wurde, zog über weite Teile der chile­ni­schen Haupt­stadt. (Grafik: Anna Egli)

Nachbar:innen riefen kurz nach dem Knall bei Valen­zuela an und fragten, was sie tun sollten. „Wir haben allen zuerst geraten, die Fenster zu schliessen. Nach ein paar Stunden kam die Kata­stro­phen­be­hörde und wollte uns evaku­ieren. Aber wo sollten wir mitten in der Nacht hin?“, erzählt sie später.

Es vergingen Stunden, der Geruch nahm ab, die Evaku­ie­rung wurde nicht voll­zogen und am Morgen danach schien der Schrecken vorbei. Drei­zehn Personen mussten ins Spital einge­lie­fert werden. Darunter ein Klein­kind und vier Arbeiter:innen des Unter­neh­mens. Zu diesem Zeit­punkt wusste noch niemand, welche Lang­zeit­schäden der Vorfall haben könnte.

Schwere Vorwürfe

Noch bevor die Fabrik­an­lage für die Feuer­wehr geöffnet wurde, trafen Mitar­bei­tende der Einheit für chemi­sche Unfälle des chile­ni­schen Gesund­heits­mi­ni­ste­riums vor dem Werks­ein­gang ein. Sie unter­suchten die Anlage und stellten sofort grobe Mängel fest.

Es fehlte an Beleuch­tung, der Sicher­heits­dienst konnte keine Sicher­heits­pro­to­kolle zur Behand­lung und Existenz von gefähr­li­chen Stoffen vorweisen. Des Weiteren wurden diese Stoffe in viel zu hohen Mengen direkt neben dem chemi­schen Reaktor gelagert.

Laut einem Bericht des Gesund­heits­mi­ni­ste­riums, in den das Lamm per chile­ni­schem Öffent­lich­keits­ge­setz Einsicht hatte, kam es zum Unfall, als ein Reaktor für die Herstel­lung von Kleb­stoff befüllt wurde. Das Ventil zum Reaktor explo­dierte, zerstörte einen Teil der Anlage und erzeugte eine Wolke, die für gut ein Viertel der Haupt­stadt wahr­nehmbar war.

Clariant arbeitet in der Fabrik mit hoch­ex­plo­siven und korro­siven Stoffen. Für deren Bear­bei­tung müssen klare Sicher­heits­richt­li­nien einge­halten und Sicher­heits­ele­mente einge­baut werden. Zudem müssen die Mitar­bei­tenden eine Ausbil­dung für den Umgang mit diesen Stoffen absolvieren.

Das Unter­nehmen konnte nichts davon vorweisen: Das Personal arbei­tete ohne Ausbil­dung, ohne Anwen­dungs­hand­bü­cher und ohne die Existenz von Sicherheitselementen.

Der Bericht enthielt ausserdem ein Detail, das darauf hinweist, dass der Schaden der Explo­sion weit grösser sein könnte als gedacht. Die Werks­halle wurde in den 60er-Jahren gebaut und bestand aus Dach­platten mit Asbest. Diese hätten schon vor Jahren ausge­wech­selt oder zumin­dest markiert werden sollen. Statt­dessen zerstörte die Explo­sion vom 5. Dezember das gesamte Dach­werk. In diesem Dach­werk war, soviel ist klar, auch krebs­er­regndes Asbest verbaut.

Die Umwelt­ak­ti­vi­stin Viviana Soledad Delgado fordert, dass der Vorfall aufge­klärt wird. (Bild: Cata­lina Muñoz Ramírez)

Unklar ist, ob Asbest während der Explo­sion frei­ge­setzt wurde – möglich wäre es. Die Pres­se­stelle von Clariant streitet diese Möglich­keit ab. Die GSAS, ein Düben­dorfer Unter­nehmen, welches sich auf Schad­stoff­sa­nie­rung spezia­li­siert hat, findet es zumin­dest unwahr­schein­lich, dass die Grenz­werte für Asbest in der Luft im Stadt­teil um die Anlage über­schritten wurden. Die Gefahr liege vor allem in der unmit­tel­baren Umgebung.

Für eine endgül­tige Antwort auf die Frage, ob die Asbest­kon­zen­tra­tion in der Luft nach der Explo­sion gefähr­lich hoch war, müsste die Raum­luft in den umlie­genden Häusern gemessen werden. Laut der schwei­ze­ri­schen Unfall­ver­si­che­rung SUVA wäre das drin­gend nötig gewesen. Weder Clariant noch das Gesund­heits­mi­ni­ste­rium liessen eine solche Messung durch­führen. Statt­dessen weigert sich das Unter­nehmen, weitere Fragen zu beant­worten. Man habe schon genug gesagt.

Das Unter­nehmen behaup­tete gegen­über das Lamm bis zum Schluss, alle Sicher­heits­pro­to­kolle seien online zugäng­lich und die Arbeiter:innen hätten die nötigen Kurse absol­viert. Trotzdem war das Urteil des Gesund­heits­mi­ni­ste­riums im Juli 2020 klar: Die Betriebs­er­laubnis des explo­dierten Reak­tors wurde bis auf Weiteres entzogen und das Unter­nehmen zu einer Strafe von umge­rechnet rund 16’000 Schweizer Franken verur­teilt. Clariant legte Rekurs ein.

Auf Kosten der Bevölkerung

„Diese Busse ist illu­so­risch klein und fördert die herr­schende Praxis, nachdem Unter­nehmen es vorziehen, Bussen zu bezahlen, anstatt geltende Bestim­mungen zu erfüllen“, meint der Chemiker Javier Salinas. Er hat über Jahre in verschie­denen Unter­nehmen gear­beitet und ist spezia­li­siert in der Umset­zung von Umweltrecht.

Er kennt die erwähnte Praxis von innen: „Es werden geltende Sicher­heits­stan­dards umgangen, um so die Produk­ti­ons­ko­sten zu senken.“ Passiert ein Unfall oder kommt es zu einer Kontrolle, so bezahlen die Unter­nehmen die Bussen und holen die notwen­digen Erneue­rungen nach.

Das bleibt nicht unbe­merkt. Im Jahr 2012 führte Clariant die natio­nale Liste der Arbeits­di­rek­tion mit den meisten Arbeits­be­schwerden an. Die meisten stammen von Arbeiter:innen. Viele klagen die gewerk­schafts­feind­liche Politik des Unter­neh­mens an. Die Arbeits­di­rek­tion ist eine staat­liche Insti­tu­tion, welche Arbeiter:innen dabei unter­stützt, ihre Rechte einzu­klagen, und ggf. auch Kontrollen vor Ort vornehmen kann.

In den Jahren nach 2012 sank die Zahl zwar. Jedoch reichten Arbeiter:innen weiterhin regel­mässig Beschwerden gegen Clariant bei der Arbeits­di­rek­tion ein. Oft im Zusam­men­hang mit Unfällen am Arbeits­platz, bei denen sich der Konzern weigerte, Verant­wor­tung zu über­nehmen. Am Tag der Explo­sion mussten vier Arbeiter:innen in ein Kran­ken­haus einge­lie­fert werden. Einer musste für längere Zeit ärzt­lich behan­delt werden. Ob sie eine Beschwerde bei der Arbeits­di­rek­tion einge­reicht haben, ist bislang unklar.

Ich versuchte während der Recherche vor Ort Kontakt mit den Arbeiter:innen der Fabrik aufzu­nehmen. Es gelang nicht. Die Arbeiter:innen hatten Angst, mit der Presse über ihre Arbeits­be­din­gungen zu spre­chen. Mehr­mals machte sich der Sicher­heits­dienst der Anlage bemerkbar, schoss Fotos von mir während meiner Recherche und beschimpfte mich als „Banditen“.

Einzig ein ehema­liger Arbeiter gab kurz nach dem Vorfall ein Inter­view gegen­über einem Lokal­me­dium. Dieser erwähnte bereits zu diesem Zeit­punkt die unrecht­mäs­sige Lage­rung gefähr­li­cher Stoffe und die fehlende Sicher­heit für die Arbeiter:innen vor Ort. Es sei bereits zu Todes­fällen inner­halb der Anlage gekommen und regel­mässig würden Arbeiter:innen aufgrund der Gase auf der Anlage in Ohnmacht fallen.

Das Unter­nehmen Clariant hat seinen Haupt­sitz im idyl­li­schen Prat­teln in der Nähe von Basel. Der Konzern ist 1995 aus ausge­glie­derten Produk­ti­ons­sparten der Sandoz entstanden, die kurze Zeit später zur Novartis fusio­nierte. In Chile sitzt das Unter­nehmen zusammen mit dem Schweizer Botschafter im Vorstand der chile­nisch-schwei­ze­ri­schen Handels­kammer in Santiago.

Nach der Explo­sion hat das Unter­nehmen nach eigenen Angaben mehrere Verbes­se­rungs­ar­beiten inner­halb der Anlage vorge­nommen. Auch Kurse und nötige Proto­kolle wurden im Nach­hinein vorge­wiesen. Für die Nach­bes­se­rungs­ar­beiten wurden anschei­nend Expert:innen aus der Schweiz einge­flogen. Um eine Ausnahme für das geltende Einrei­se­verbot für Ausländer:innen der chile­ni­schen Regie­rung zu bekommen, wurde die Schweizer Botschaft in Sant­iago um Hilfe gebeten. Dies bestä­tigt das EDA auf Anfrage durch das Lamm.

Das EDA gibt zusätz­lich an, dass die Botschaft in Sant­iago „unmit­telbar nach dem Ereignis Kenntnis erhalten“ habe. Trotzdem sei man nicht bereit, die Zusam­men­ar­beit mit Clariant einzu­stellen. Es sollen „keine Schweizer Unter­nehmen unter Gene­ral­ver­dacht“ gestellt werden. Das EDA sei stolz auf „die im Ausland tätigen Schweizer Unter­nehmen, [welche] wesent­lich zur Schaf­fung von lokalen Arbeits­plätzen und Wohl­stand beitragen“.

Maipu, ein Pulverfass

Viviana Soledad Delgado ist erschüt­tert, als sie durch das Lamm von den Ergeb­nissen der Ermitt­lung durch das Gesund­heits­mi­ni­ste­rium erfährt. Sie wurden bisher nicht veröf­fent­licht. Delgado ist Präsi­dentin des lokalen Gesund­heits­ko­mi­tees, welches als zivil­ge­sell­schaft­liche Orga­ni­sa­tion und Teil des örtli­chen Spitals über gewisse Kontroll­funk­tionen verfügt.

Delgado versuchte, die Anlage von Clariant zu besich­tigen. Doch das Unter­nehmen hat jegli­chen Besuch aufgrund des Coro­na­virus abge­lehnt und nur mit einer einfa­chen Pres­se­er­klä­rung geant­wortet. Mitt­ler­weile machen die Anwohner:innen das Unter­nehmen für alle unan­ge­nehmen Gerüche verant­wort­lich. „Unsere Nachbar:innen stellen sich Clariant als Unter­nehmen vor, welches ohne Skrupel giftige Stoffe in die Umwelt absetzt.“ Der intrans­pa­renten Kommu­ni­ka­tion des Unter­neh­mens sei dank.

Dabei ist die Sied­lung von Delgado auch von anderen gefähr­li­chen und gesund­heits­schäd­li­chen Indu­strie­an­lagen umgeben. Gleich neben Clariant liegt das zentrale Lager einer der grössten Gasversorger:innen Chiles und ein paar Hundert Meter südlich liegt eine riesige Ölraffinerie.

Gleich neben Clariant liegt das Gaslager von GASCO. (Bild: Cata­lina Muñoz Ramírez)

Die Akti­vi­stin schluss­fol­gert: „Wir sind umgeben von hoch­ex­plo­siven Anlagen. Jedes Feuer, jede Explo­sion kann drama­ti­sche Folgen haben.“

Davon ist auch die Nach­bar­schafts­prä­si­dentin Patricia Flores über­zeugt. Der Unfall bei Clariant hat sie deshalb beson­ders beun­ru­higt. Was wäre passiert, wenn das benach­barte Gaslager oder die Raffi­nerie von der Explo­sion getroffen worden wären? Zudem beschwert sie sich, dass sich das Unter­nehmen nie an sie gewendet habe. Kein Wort der Entschul­di­gung, keine Aussicht auf Zusam­men­ar­beit oder Förde­rung sozialer Projekte, wie es in Chile eigent­lich üblich wäre.

Recht­liche Schritte

Für Delgado und die anderen Aktivist:innen ist klar: Clariant hat das Leben und die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung bewusst aufs Spiel gesetzt und mit der Frei­set­zung von Asbest eine unkal­ku­lier­bare Zeit­bombe in die Luft gesetzt. Das intrans­pa­rente Vorgehen habe die Situa­tion nur verschlim­mert. Sie über­legt derzeit, recht­lich gegen das Unter­nehmen vorzu­gehen. Doch wegen der laschen Umwelt­ge­setze und den unter­be­setzten Behörden ist es möglich, dass das Vorhaben ohnehin im Sand der Büro­kratie verlaufen würde.

Andreas Miss­bach ist in der Geschäfts­lei­tung der Schweizer NGO Public Eye und Mitin­itiant der Konzern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­tive. Er kriti­siert im Zusam­men­hang mit dem Clariant-Unfall die „grobe Fahr­läs­sig­keit des Konzerns“. Insbe­son­dere das Frei­setzen von Asbest könne auch nach Jahren noch tödliche Folgen für die Betrof­fenen haben. Dies hätten auch viele Geschä­digte der Schweizer Asbest­in­du­strie leid­voll ertragen müssen. „Umso bedenk­li­cher ist im vorlie­genden Fall die tiefe Busse von 16’000 Franken vom chile­ni­schen Staat, die einer Straf­frei­heit gleich­kommt“, ergänzt er.

„Würden die Opfer des Unfalls in Chile nicht zu ihrem Recht kommen, so hätten sie nach Annahme der Konzern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­tive die Chance, vor Schweizer Gerichten ihre Schäden einzu­klagen“. Allein die Möglich­keit einer solchen Anklage würde bewirken, dass „Präven­ti­ons­mass­nahmen im Konzern an Bedeu­tung gewinnen“.

Das Lamm versuchte mehr­mals ein Inter­view mit Clariant zu führen, vor Ort in Chile und auch in der Schweiz. Schliess­lich willigte das Unter­nehmen einzig ein, Fragen per E‑Mail zu beant­worten. Die Antworten wider­spra­chen sowohl den Erkennt­nissen des Gesund­heits­mi­ni­ste­riums als auch früheren Aussagen des Unter­neh­mens. Die Pres­se­stelle behaup­tete zudem, es gebe keine lange Liste an Beschwerden gegen das Unter­nehmen vor der Arbeits­di­rek­tion. Beim zweiten Nach­haken auf Unstim­mig­keiten in der Antwort weigerte sich die Pres­se­spre­cherin, weitere Fragen zu beant­worten. Man entschul­digt sich für den Vorfall und spricht derweil von einem „unplea­sant smell, which did not pose any health risks to the popu­la­tion“ – einem unan­ge­nehmen Geruch, der kein Gesund­heits­ri­siko darstelle.

Diese Recherche wurde geför­dert von Netz­werk Recherche e.V. und der Olin Stiftung.

 


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