Alles allen: Das Lamm ist jetzt ein Kollektiv

Passend zum 1. Mai schafft das Lamm alle Hier­ar­chien ab. Wir werden zum Kollektiv. Von nun an sind wir 16 Redak­ti­ons­mit­glieder mit glei­chen Rechten und Pflichten. 

Vor zwölf Jahren fragte das Lamm in einer ersten Montags­mail die Stadt Zürich, warum es in Zürich keine Bioab­fall­tonne gebe. In einer langen Mail erklärte die Stadt­ver­wal­tung, warum das noch nicht möglich sei – dass daran aber gear­beitet werde. Mitt­ler­weile stehen die Grün­tonnen vor fast jedem Haus.

Auch das Lamm verän­derte sich in diesen zwölf Jahren. Die „Liga der ausser­ge­wöhn­li­chen Montags­mailer”, gegründet von drei Student:innen im Jahr 2009, ist zu einem viel­sei­tigen Online­ma­gazin herangewachsen.

Unser Fokus geht mitt­ler­weile über Ökologie und Konsum­themen hinaus. Wir schreiben etwa über Sozi­al­po­litik und das Asyl­wesen, über Klima­po­litik und soziale Aufstände, üben Kritik an den Mäch­tigen und Einfluss­rei­chen, schreiben gegen Unge­rech­tig­keiten und unter­drücke­ri­sche Verhält­nisse an. Wir recher­chieren, kommen­tieren und berichten – am lieb­sten dort, wo es wehtut.

Inhalt­lich ist das Lamm somit seit jeher eine Aussen­sei­terin in der Schweizer Medi­en­land­schaft. Trotzdem hatte das Magazin in den vergan­genen Jahren eine klas­sisch struk­tu­rierte Redak­tion: Mit insge­samt 220 Stel­len­pro­zenten teilten sich zwei Personen die Chef­re­dak­tion, vier weitere die übrigen Redak­ti­ons­stellen sowie zwei Personen die Geschäfts­stelle. Alle anderen waren freie Mitar­bei­tende. So unter­schieden sich sowohl Aufga­ben­be­reiche wie auch Löhne je nach Arbeits­ver­hältnis. Die Entschei­dungen wurden haupt­säch­lich im Kern­team gefällt.

Jetzt wagen wir etwas Neues – und in der Schweizer Jour­na­lis­mus­welt beinahe Einzig­ar­tiges. Nach langem Hin-und-her-Über­legen, Finanz­bü­cher­wälzen und Disku­tieren haben wir beschlossen: Wir wollen nicht nur gegen Herr­schaft und Ungleich­heit anschreiben – wir wollen sie auch in keiner Weise reproduzieren.

Als Kollektiv fällen wir Entschei­dungen gemeinsam, erle­digen alle orga­ni­sa­to­ri­schen Aufgaben abwech­selnd und sind in glei­chem Masse finan­ziell am Magazin betei­ligt. Ab dem 1. Mai haben wir einen Einheits­lohn. Er richtet sich aller­dings monat­lich nach den Spenden, die wir bekommen. Damit können wir zwei Dinge gewähr­lei­sten. Erstens: Wir geben nicht mehr Geld aus, als wir einnehmen. Zwei­tens: Alle kriegen gleich viel. Auch wenn das je nach Monat mal mehr, mal weniger sein kann. 

So sichern wir zumin­dest ein beschei­denes Basis­ein­kommen für alle, die das Lamm zu dem machen, was es ist. Und geben zusätz­lich allen die Chance, es mitzu­ge­stalten. Denn: Das Lamm ist die Summe der Menschen, die sich für das Projekt begei­stern und täglich Herz­blut und Arbeit in sein Gelingen investieren.

Das Lamm-Kollektiv zeigt mit diesem Schritt: Jour­na­lismus geht auch ohne selbst­ver­liebte Chef­re­dak­tionen, ausbeu­te­ri­sche Prak­ti­kums­stellen, straffe Hier­ar­chien und stän­dige Budget­kür­zungen. Mehr noch: Jour­na­lismus ist besser, wenn man ihn gemeinsam macht. Wenn das Ego der Einzelnen weniger zählt als das Resultat der Recher­chen. Wenn viel­fäl­tige Inter­essen und wider­sprüch­liche Stand­punkte aufein­an­der­treffen und in einen Text einfliessen.

Eines bleibt gleich: Wir werden weiterhin neugierig dort hinschauen, wo sonst niemand hinschaut, und Fragen stellen, die Unan­ge­nehmes zutage bringen.