Vor zwölf Jahren fragte das Lamm in einer ersten Montagsmail die Stadt Zürich, warum es in Zürich keine Bioabfalltonne gebe. In einer langen Mail erklärte die Stadtverwaltung, warum das noch nicht möglich sei – dass daran aber gearbeitet werde. Mittlerweile stehen die Grüntonnen vor fast jedem Haus.
Auch das Lamm veränderte sich in diesen zwölf Jahren. Die „Liga der aussergewöhnlichen Montagsmailer”, gegründet von drei Student:innen im Jahr 2009, ist zu einem vielseitigen Onlinemagazin herangewachsen.
Unser Fokus geht mittlerweile über Ökologie und Konsumthemen hinaus. Wir schreiben etwa über Sozialpolitik und das Asylwesen, über Klimapolitik und soziale Aufstände, üben Kritik an den Mächtigen und Einflussreichen, schreiben gegen Ungerechtigkeiten und unterdrückerische Verhältnisse an. Wir recherchieren, kommentieren und berichten – am liebsten dort, wo es wehtut.
Inhaltlich ist das Lamm somit seit jeher eine Aussenseiterin in der Schweizer Medienlandschaft. Trotzdem hatte das Magazin in den vergangenen Jahren eine klassisch strukturierte Redaktion: Mit insgesamt 220 Stellenprozenten teilten sich zwei Personen die Chefredaktion, vier weitere die übrigen Redaktionsstellen sowie zwei Personen die Geschäftsstelle. Alle anderen waren freie Mitarbeitende. So unterschieden sich sowohl Aufgabenbereiche wie auch Löhne je nach Arbeitsverhältnis. Die Entscheidungen wurden hauptsächlich im Kernteam gefällt.
Jetzt wagen wir etwas Neues – und in der Schweizer Journalismuswelt beinahe Einzigartiges. Nach langem Hin-und-her-Überlegen, Finanzbücherwälzen und Diskutieren haben wir beschlossen: Wir wollen nicht nur gegen Herrschaft und Ungleichheit anschreiben – wir wollen sie auch in keiner Weise reproduzieren.
Als Kollektiv fällen wir Entscheidungen gemeinsam, erledigen alle organisatorischen Aufgaben abwechselnd und sind in gleichem Masse finanziell am Magazin beteiligt. Ab dem 1. Mai haben wir einen Einheitslohn. Er richtet sich allerdings monatlich nach den Spenden, die wir bekommen. Damit können wir zwei Dinge gewährleisten. Erstens: Wir geben nicht mehr Geld aus, als wir einnehmen. Zweitens: Alle kriegen gleich viel. Auch wenn das je nach Monat mal mehr, mal weniger sein kann.
So sichern wir zumindest ein bescheidenes Basiseinkommen für alle, die das Lamm zu dem machen, was es ist. Und geben zusätzlich allen die Chance, es mitzugestalten. Denn: Das Lamm ist die Summe der Menschen, die sich für das Projekt begeistern und täglich Herzblut und Arbeit in sein Gelingen investieren.
Das Lamm-Kollektiv zeigt mit diesem Schritt: Journalismus geht auch ohne selbstverliebte Chefredaktionen, ausbeuterische Praktikumsstellen, straffe Hierarchien und ständige Budgetkürzungen. Mehr noch: Journalismus ist besser, wenn man ihn gemeinsam macht. Wenn das Ego der Einzelnen weniger zählt als das Resultat der Recherchen. Wenn vielfältige Interessen und widersprüchliche Standpunkte aufeinandertreffen und in einen Text einfliessen.
Eines bleibt gleich: Wir werden weiterhin neugierig dort hinschauen, wo sonst niemand hinschaut, und Fragen stellen, die Unangenehmes zutage bringen.