In Mexiko gestoppt: Migra­tion zu Zeiten Trumps

Seit Jahren ziehen Migrant*innen in grossen Gruppen durch Mexiko, um sich auf dem Weg in die USA besser vor Fest­nahmen und Über­fällen zu schützen. Doch seit Trumps Amts­an­tritt sitzen sie fest: Asyl­an­träge sind nicht mehr möglich, Fluchthelfer*innen fordern höhere Preise, die Reise wird noch ungewisser. 
Die Karawane setzt auf Flössen aus Lkw-Schläuchen über den Rio Suchiate nach Mexiko. (Foto: Anne Haas)

Kerlys Culpa sitzt in einem neon-grünen Zelt unter einer Brücke. Es ist früher Morgen und via Handy­ka­mera zeigt sie ihr provi­so­ri­sches Zuhause. Um sie herum stehen weitere Zelte, ein Mann lehnt an einem Zaun und raucht. Kinder spielen, neben ihrem Zelt steht Kerlys Rollstuhl.

Seit zwei Monaten lebt die 31-jährige Vene­zo­la­nerin in Tuxtla Gutiérrez, Mexiko – zusammen mit ihrem Mann und ihren drei Kindern. Sie waren Teil einer Kara­wane, die sich Mitte Januar 2025 auf den Weg in die USA machte. Doch seit Trumps Amts­an­tritt stagniert die Reise.

Das Phänomen der Kara­wanen ist nicht neu. Seit Jahren prägen sie das Stras­sen­bild im Süden Mexikos, denn als grosse Gruppe ist es weniger gefähr­lich, die 3’000 Kilo­meter durch das Land zurückzulegen.

Die Reise von Kerlys und ihrer Kara­wane zeigt, wie sehr Glück, Wider­stands­kraft und das rich­tige Timing über den Weg tausender Migrant*innen entscheiden und welchen Preis sie für ein biss­chen Sicher­heit und ein besseres Leben bereit sind, zu zahlen.

Einreise: Die Kara­wane formiert sich

„Ich wusste nicht, dass Trump gewonnen hatte, als ich Honduras verliess“, erin­nert sich Leticia Isabel Albarado später. „Die Entschei­dung zu gehen traf ich letzten Dezember.“ Die wirt­schaft­liche Lage in Honduras ist desa­strös: Mehr als die Hälfte der Menschen lebt unter der Armuts­grenze, zwanzig Prozent sind unter­ernährt. Leticia arbei­tete in einem Badeort für Tourist*innen. Trotzdem hatte sie oft tage­lang nichts zu essen. Auf Face­book sah sie eine Anzeige für eine Kara­wane, in einer Whatsapp-Gruppe wurde später Datum und Treff­punkt bekannt gegeben. Ausge­hend von San Pedro Sula in Honduras durch­querten sie in nur drei Tagen Guate­mala, mit Bussen und Teil­strecken zu Fuss.

Wenige Tage nach ihrem Aufbruch findet Leticia sich in Tecún Umán wieder. Es ist der 10. Januar, noch zehn Tage bis zu Trumps Amts­an­tritt. Als sich der Morgen­dunst der kleinen guate­mal­te­ki­schen Grenz­stadt lichtet, versam­meln sich die Mitglieder der Kara­wane. Auch Kerlys und ihre Familie schiessen sich der Kara­wane an.

Die meisten kommen wie Leticia aus Honduras, andere aus Nica­ragua und El Salvador. Kerlys und junge Fami­lien aus Vene­zuela haben schon einen längeren Weg hinter sich. Sie durch­querten den Darién-Regen­wald zwischen Panama und Kolum­bien, der als eine der riskan­te­sten Migra­ti­ons­routen der Welt gilt. Neben der Krimi­na­lität führen etwa auch Gift­schlangen oder das Dengue-Fieber dazu, dass viele die Passage nicht überleben.

Kerlys und ihre Familie unter­wegs Rich­tung Tapachula. (Foto: Anne Haas)

Als sich die Gruppe früh­mor­gens in einem Kreis versam­melt, treten zwei Frauen hervor und geben letzte Anwei­sungen vor dem Über­tritt nach Mexiko. Sie bestreiten diesen Weg nicht zum ersten Mal. Um nicht als Schmuggler*innen zu gelten und Repres­sa­lien zu riskieren, halten sie sich kurz: „Wir laufen so schnell wie die Lang­sam­sten! Die allein­ste­henden Männer helfen den Müttern mit ihren Kindern! Wir steigen in keine Fahr­zeuge ein!“ Nur so kann verhin­dert werden, dass sich die Kara­wane zerstreut und damit angreifbar macht.

In einigen Regionen Mexikos haben krimi­nelle Banden sich darauf spezia­li­siert, Migrant*innen auszu­rauben oder zu kidnappen. Grosse Gruppen zu über­fallen, ist dagegen nicht so einfach. Auch die mexi­ka­ni­schen Behörden haben es bei Fest­nahmen schwerer und benö­tigen mehr Personal und Koordination.

Ähnlich wie die EU betreiben die USA seit den 1990er Jahren eine Exter­na­li­sie­rung ihrer Grenze gegen Süden – im Tausch gegen Handels­vor­teile für Mexiko.

Nach der Zustim­mung der Teilnehmer*innen zu den verkün­deten Regeln beten alle gemeinsam. Danach geht es los zum Fluss.

Obwohl es ins mexi­ka­ni­sche Ciudad Hidalgo einen offi­zi­ellen Grenz­über­gang über eine Brücke gibt, wählt auch die lokale Bevöl­ke­rung stets den Fluss, den man mit Flössen über­queren kann. Die Soldaten des in Sicht­weite liegenden Grenz­kon­troll­po­stens inter­es­sieren sich nicht für das Treiben auf dem Wasser. Auch nicht, als die gesamte Kara­wane sanft auf aufge­bla­senen Lkw-Schläu­chen dem mexi­ka­ni­schen Ufer entgegentreibt.

Die Kara­wane in der Mittags­hitze auf der Land­strasse gen Tapachula. (Foto: Anne Haas)

Wieder an Land nehmen die Menschen ihren Weg auf. Am Grenz­häus­chen stellt sich ihnen ein Beamter in den Weg, flan­kiert von Soldat*innen. Er erklärt, sie dürfen offi­ziell nur mit einer Regi­strie­rung in Mexiko bleiben – und selbst dann nur in Chiapas. Das inter­es­siert die Kara­wane nicht, sie zieht weiter. „Wir lassen sie laufen“, sagt ein Soldat. „Ein paar Stunden unter dieser Sonne, dann kommen sie frei­willig mit.“ Die Beamten folgen der Kara­wane in einem Sprinter im Schritt­tempo. Noch 37 Kilo­meter bis zum heutigen Etap­pen­ziel Tapachula.

Über Stunden läuft die Gruppe entlang einer Schnell­strasse. Einige Kinder werden im Buggy geschoben, Kerly hält ihr Baby im Arm, ihr Mann schiebt die beiden. Die Sonne brennt, es gibt kaum Schatten auf dem Asphalt und die ersten Blasen machen sich bemerkbar. Als das Wasser knapp wird und die Kinder immer erschöpfter, kippt die Stim­mung bei einigen. Der Konsens um das Tempo der Lang­sam­sten löst sich Stück für Stück. Schliess­lich akzep­tieren vor allem die Fami­lien mit kleinen Kindern das Trans­port­an­gebot der Migra­ti­ons­be­hörde um den Preis ihrer Registrierung.

Mit der Mili­ta­ri­sie­rung der Grenze ist in Chiapas 2021 ein bewaff­neter Kampf von Kartellen um den Menschen­schmuggel und die Tran­sit­routen ausgebrochen.

Eine Mutter kann einen Busfahrer des Nahver­kehrs über­zeugen, sie mitzu­nehmen. Dieser bringt sich damit doppelt in Gefahr. Wird er von der Polizei erwischt, droht ihm eine Strafe als „Schlepper“. Schlimmer wäre es aller­dings, wenn die lokale Gruppe der orga­ni­sierten Krimi­na­lität davon Wind bekäme. Sie kontrol­lieren die Route und das Geschäft mit der Migra­tion. Wer sich – und sei es aus Mensch­lich­keit – in dieses Busi­ness einmischt, bringt sich in Lebensgefahr.

Durch­reise: Gefähr­li­ches Chiapas

Die Migrant*innen durch­queren in Chiapas ein Gebiet, aus dem sogar die lokale Bevöl­ke­rung flüchtet. Ähnlich wie die EU betreiben die USA seit den 1990er Jahren eine Exter­na­li­sie­rung ihrer Grenze gegen Süden – im Tausch gegen Handels­vor­teile für Mexiko. Dabei gehen die Kontrolle des Drogen­han­dels und der Migra­tion mitein­ander einher.

Mit der Mili­ta­ri­sie­rung der Grenze ist in Chiapas 2021 ein bewaff­neter Kampf von Kartellen um den Menschen­schmuggel und die Tran­sit­routen ausge­bro­chen, der auch die lokale, zu grossen Teilen indi­gene Bevöl­ke­rung bedroht. Ihnen drohen Schutz­geld­erpres­sungen und Zwangs­re­kru­tie­rung. Das Menschen­rechts­zen­trum Fray Barto­lomé de Las Casas doku­men­tierte allein für die Jahre 2023 und 2024 über 16’000 Binnen­ver­triebe in Chiapas.

Auch die Menschen aus der Kara­wane sind auf der Flucht. Eine Mutter flüchtet mit ihrer Tochter, die Mord­dro­hungen ihres Exfreundes erhielt. Marta Torres (Name geän­dert), die mit Leticia aus Honduras kommt, flüchtet vor ihrem Ehemann. Andere flüchten vor dem Abstieg in die Armut. Sie wollen, dass ihre Kinder die Chance auf eine Ausbil­dung erhalten, statt bei den „Maras“, den krimi­nellen Jugend­banden Zentral­ame­rikas, oder unschuldig im Gefängnis zu landen. Für die meisten sind es würdige Gründe, die sie auf einen unwür­digen Weg treiben.

Morgend­li­ches Treiben am Grenz­fluss Such­iate bei Ciudad Hidalgo, der Guate­mala von Mexiko trennt. (Foto: Anne Haas)

Die Nacht ist schon herein­ge­bro­chen, als die letzten am ersten mexi­ka­ni­schen Etap­pen­ziel in Tapachula ankommen. Die Hälfte der Kara­wane ist die Strecke komplett gelaufen. Andere werden gegen Mitter­nacht von der Migra­ti­ons­be­hörde am Stadt­rand von Tapachula auf die Strasse gesetzt. Da sie einen Teil der Strecke mit dem Kleinbus der Behörde gefahren sind, mussten sie sich regi­strieren lassen. Werden sie in Zukunft von der Polizei irgendwo in Mexiko aufge­griffen, wird man sie immer wieder nach Chiapas zurückschieben.

Obwohl es in Tapachula mehrere Migrant*innenherbergen gibt, schlafen die meisten in Parks oder in billigen Unter­künften. Aus Sicher­heits­gründen schliessen die Herbergen ihre Tore am späten Nach­mittag – zu gross ist die Gefahr, dass zu später Stunde bewaff­nete Banden oder auch die Polizei zur allge­meinen Schi­kane gegen die ehren­amt­li­chen Struk­turen in die Herbergen dringen.

Wer einmal einen Asyl­an­trags­termin bekam, der*dem stand die Tür in die USA so gut wie offen.

Von Tapachula aus startet die Kara­wane erst am näch­sten Nach­mittag und zieht über Nacht weiter – die Sonne ist schlimmer als die Angst vor nächt­li­chen Über­fällen. So machen sie es von hier an jeden Tag, jede Nacht, bis Etap­pen­ziel Nummer 6: Piji­jiapan. Die Kara­wane ist mitt­ler­weile zwei­hun­dert Kilo­meter gelaufen, hat den Bundes­staat gerade erst zur Hälfte durch­quert. Noch fünf Tage bis zu Trumps Amtsantritt.

Vor Piji­jiapan stoppen das Militär und die Migra­ti­ons­be­hörde die Gruppe. Einige, beson­ders die Allein­rei­senden, können fliehen und die Kontrolle umgehen. Andere werden fest­ge­nommen. Ein Bus bringt Leticia und Kerly in die chia­pa­n­eki­sche Landes­haupt­stadt Tuxtla Gutiérrez, eine andere Gruppe wird nach Oaxaca gefahren. Jene die flüchten konnten, bilden eine neue Kara­wane. Ange­wachsen auf 250 Menschen passiert diese am 23. Januar die Grenze zwischen den mexi­ka­ni­schen Bundes­staaten Chiapas und Oaxaca. Doch Trump machte auch ihren Plänen einen Strich durch die Rechnung.

Still­stand: Zerbro­chene Hoff­nung auf einen Asyltermin

In Tuxtla Gutiérrez werden Kerly und ihre Familie von der Migra­ti­ons­be­hörde regi­striert und danach wieder auf freien Fuss gesetzt. Seither sind sie auf der Strasse, leben vom Betteln und wohnen zusammen mit anderen Migrat*innen im Zelt. Beim Betreten Mexikos hatte sich Kerlys online auf der App CBP One für einen Asyl­an­trags­termin ange­meldet. Für Menschen mit Papieren war dies seit der Biden-Admin­stra­tion der sicherste Weg in die USA. Wer einmal einen Termin in einem der US-Einwan­de­rungs­büros in den verschie­denen Bundes­staaten Mexikos bekam, der*dem stand die Tür in die USA so gut wie offen.

„Je mehr die Migra­tion einge­dämmt und die Grenzen durch­ge­setzt werden, desto höher sind die Kosten.“

Ledón Pereyra, NGO Voces Mesoamericanas

Über 930’000 Menschen erhielten so seit Januar 2023 legale Aufent­halts­pa­piere für die USA. Einzige Unge­wiss­heit blieb, wann man diesen Termin bekam. Viele Menschen warteten Monate auf die gute Nach­richt. Kerlys hat Glück und wartet nur wenige Tage. Ihr Termin fällt auf den 21. Januar. Einen Tag vorher, zu Trumps Amts­an­tritt, macht sie sich mit ihrer ganzen Familie erneut auf den Weg nach Tapachula, wo die Vorla­dung statt­finden soll. „Als wir aus dem Bus stiegen, war die App plötz­lich inaktiv. Später bekamen wir eine E‑Mail. Alle Termine wurden abgesagt.“

Wer nicht in Herbergen unter­kommen kann, orga­ni­siert sich ein Zelt. In Tapachula und Tuxtla Gutiérrez gibt es am Stras­sen­rand und unter Brücken viele kleine Zelt­städte. (Foto: Anne Haas)

Allein im Dezember 2024 über­querten noch rund 300’000 Menschen auf legalen sowie ille­ga­li­sierten Wegen die Grenze. Doch mit Trumps Amts­an­tritt hat sich nicht nur für Kerlys vieles geän­dert. „Wir erleben eine voll­stän­dige Umge­stal­tung dessen, was wir als Migra­ti­ons­sy­stem kennen,“ sagt Aldo Ledón Pereyra von der südme­xi­ka­ni­schen NGO Voces Meso­ame­ri­canas. Die Orga­ni­sa­tion, die sich heute stärker der Arbeit mit rück­keh­renden mexi­ka­ni­schen Migrant*innen widmet, hat über Jahre hinweg die Kara­wanen begleitet und Menschen­rechts­ver­let­zungen doku­men­tiert. Obwohl die Zahl tägli­cher Abschie­bungen mit 600, nied­riger ist als der Durch­schnitt von 750 unter Biden, sind es vor allem der aggres­sive Ton und die rassi­sti­schen Prak­tiken der neuen Admi­ni­stra­tion, die die USA in kürze­ster Zeit in einen feind­li­chen Ort verwandelten.

„Trump steht für Rassismus, Diskri­mi­nie­rung, Hass­rede und Rechts­extre­mismus, und viele Menschen iden­ti­fi­zieren sich mit diesen Elementen seiner Agenda.“ Die Unge­wiss­heit lässt Menschen auf dem Weg in die USA zwei­feln, ob die lange Reise sich lohnt und wie hoch der Preis ist, den sie bereit sind zu zahlen. „Je mehr die Migra­tion einge­dämmt und die Grenzen durch­ge­setzt werden, desto höher sind die Kosten“, berichtet Ledón Pereyra.

Nach dem Ende der CBP One App ist die Migra­tion in die USA wieder zu 100 Prozent illegalisiert.

Für die Schlep­per­netz­werke zahlte man in den letzten Jahren 8’000 bis 10’000 Dollar für die Route. Auch wer ohne Schlepper reist, muss immer wieder Geld für Unter­künfte, Wegzoll und punk­tu­elles Schutz­geld an lokale Gruppen zahlen. Der Menschen­rechts­ver­tei­diger Ledón Pereyra schätzt, dass die Kosten bald die 20’000 Dollar-Marke knacken werden. Und nicht nur die finan­zi­ellen Kosten sind ausschlag­ge­bend. Nach dem Ende der CBP One App ist die Migra­tion in die USA wieder zu 100 Prozent ille­ga­li­siert. Da es keine sicheren Flucht­routen gibt, sind die physi­schen und psychi­schen Bela­stungen für die Menschen immens.

Neustart: Zurück auf Los

Nachdem Militär und Migra­ti­ons­be­hörde die Kara­wane im Süden von Chiapas aufge­löst hatten, entschieden sich Leticia und ihre Freundin Marta für die Route der „Bestie“ durch den Bundes­staat Vera­cruz. Der Güterzug, auf dessen Waggon­dä­cher die Migrant*innen gegen Norden reisen, trägt seinen Namen nicht umsonst. Da er über Tage nicht hält, müssen die „blinden Passa­giere“ bei voller Fahrt auf- und abspringen. Das ist nicht unge­fähr­lich, vor allem wenn man das Gebiet nicht kennt, und sowohl krimi­nelle Banden als auch die Polizei Jagd auf die Migrant*innen machen. „Irgend­wann mussten wir runter, aber einer sprang nach vorne,“ erzählt Leticia. Der Jugend­liche verlor sein Bein unter den Rädern des Zuges. „Aber da mich die Soldaten verfolgten, konnte ich nicht sehen, ob ich den Jungen kannte oder nicht. Ich wurde einfach mitgenommen.“

Die Migra­ti­ons­be­hörde brachte sie daraufhin wieder hunderte Kilo­meter zurück in den Süden Mexikos nach Villa­her­mosa. Die mexi­ka­ni­sche Migra­ti­ons­po­litik gleicht einem Mono­poly-Spiel: Zurück auf Los.

Auf dem Dach von La Bestia reisen zahl­reiche Migrant*innen durch Vera­cruz gen Norden. (Foto: Anne Haas)

Nach diesem Erlebnis entscheiden Leticia und Marta, nach Honduras zurück­zu­kehren. Marta hatte Drohungen von verschie­denen Mara­banden erhalten, war schon inner­halb von Honduras mehr­mals umge­zogen, und litt zuletzt unter der Gewalt ihres Ehemannes. Nun ist sie zurück bei eben jenem gewalt­vollen Mann, in einem Land, das die höchste Rate an Femi­ni­ziden in ganz Latein­ame­rika hat.

Andere Mitglieder der Kara­wane hatten mehr Glück. Eine junge Familie schaffe es ohne grös­sere Zwischen­fälle bis in den Norden Mexikos. In Monterrey arbeiten sie nun in einem Restau­rant. Wenn die Grenze nicht bald öffne, wollen sie ihre Kinder in Mexiko in die Schule schicken. Ein junger Mann aus El Salvador entschied sich, in Oaxaca zu bleiben. Er eröff­nete mit neuen Freunden aus der Kara­wane eine Motor­rad­werk­statt. Auf Whatsapp postet er täglich Bilder von seltenen Ersatzteilen.

Die migra­ti­ons­feind­liche Politik Trumps hat dazu geführt, dass sich die Wege der Migra­tion verän­dern. Doch unter­binden können die USA die Flucht von Menschen über Konti­nente hinweg nicht. Auch Kerlys bleibt zuver­sicht­lich. „Die USA ist mir nicht wichtig, lang­fri­stig wollen wir sowieso nach Kanada,“ sagt die junge Frau lächelnd, in ihrem Zelt sitzend. „Ich weiss nicht, wie ich es sagen soll, aber ich weiss einfach, dass wir es schaffen werden.“ Kerlys hat mit ihrer Familie und im Roll­stuhl sitzend über 4.000 Kilo­meter auf dem Landweg zurück­ge­legt. Wer diesen Weg bezwungen hat, für die ist eine Trump-Admi­ni­stra­tion keine Hürde mehr.


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