In über 80 Städten Italiens kam es am 22. September zu Streiks und Protesten, die vor allem die norditalienischen Häfen, den Verkehr, das Gesundheitswesen sowie Schulen und Universitäten trafen. Busse und Bahnen standen still, vielerorts kam der Nahverkehr zum Erliegen. Eine zentrale Rolle spielten die Hafenarbeiter*innen, die bei der Boykottierung israelischer Waren vorangingen. In Genua blockierten Tausende von ihnen gemeinsam mit Unterstützer*innen den Zugang zum Hafen, um Lieferungen nach Israel zu stoppen.
«Viele Menschen, die normalerweise nicht streiken, sind bereit, gegen den Genozid in Gaza auf die Strasse zu gehen.»
Fabio von der Gewerkschaft SI Cobas
Fabio von der Gewerkschaft SI Cobas erlebte die Blockade in Genua hautnah. «Es waren viele Menschen bei dem Streik dabei. Auch in anderen Städten war die Zahl der Menschen überraschend hoch – in Salerno war die Blockade wahrscheinlich sogar noch effektiver als in Genua, was für eine kleinere Stadt eher unerwartet war, ebenso wie in Marghera und Venedig». Weiter berichtete er, es herrschte ein «allgemeines Klima zunehmender Proteste».
«Das allgemeine Gefühl ist, dass viel mehr Menschen als zuvor, insbesondere im öffentlichen Sektor, das Bedürfnis verspüren, ihre Ablehnung gegenüber den Geschehnissen in Gaza zum Ausdruck zu bringen. Sie sind bereit, dafür einen Schritt nach vorne zu machen. Das gilt wahrscheinlich auch für viele Menschen, die normalerweise nicht streiken.»
Mitglieder der Basisgewerkschaft Unione Sindicale di Base (USB) und SI Cobas im Hafen haben bereits mehrere Streiks und Proteste organisiert, um Waffenlieferungen an den israelischen Terrorstaat zu blockieren. Und letzte Woche verweigerten Mitglieder der Gewerkschaftsföderation CGIL im Hafen von Ravenna zwei Lastwagen die Einfahrt, die Waffen für Israel transportierten.
Diese Aktion hat sich nun entlang der Küste bis zum Hafen von Livorno ausgebreitet, wo die Arbeiter*innen ebenfalls den Hafen blockierten. «Das palästinensische Volk gibt uns erneut eine Lektion in Würde und Widerstand», schilderte Ricky, ein Demonstrant vom Autonomen Hafenarbeiterkollektiv CALP in Genua. «Wir lernen von ihnen und versuchen, unseren Teil beizutragen.»
«Von der Polizei zurückgedrängt, leisteten die Demonstrant*innen entschlossene Selbstverteidigung und widersetzten sich dem Einsatz von Tränengas und Polizeiknüppeln.»
Luca vom Mailänder Anti-Repressionskomitee
Allein in Rom versammelten sich Hunderttausende Menschen: Busse standen still, U‑Bahnen verspäteten sich. «Der Generalstreik und ein Marsch für Gaza in Rom versammelte Demonstrierende an sieben Sammelpunkten. Die Menge war gut gelaunt und lautstark, bestand hauptsächlich aus jungen Menschen und viele trugen revolutionäre Fahnen», so ein Teilnehmer der Demonstration.
Der Marsch hielt auch vor dem Hauptsitz der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. «Danach hielten wir symbolisch vor dem Kolosseum, einem Symbol der römischen Kaiserzeit und machten uns dann auf den Weg zur Piazza dei Cinquecento. Ein Arbeiter, der für Hop-on-Hop-off-Busse warb, schloss sich unseren ‚Free, Free Palestine‘ ‑Sprechchören an.»
Ebenfalls in Rom versammelten sich Hunderte von Schüler*innen vor dem Bahnhof Termini, schwenkten palästinensische Flaggen und skandierten Parolen.
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In Mailand kam es zu Zusammenstössen zwischen Demonstrant*innen und der Polizei. Laut Luca vom Mailänder Anti-Repressionskomitee, versuchten Tausende Menschen nach der Demonstration, in den Hauptbahnhof einzudringen. «Von der Polizei zurückgedrängt, leisteten die Demonstrant*innen entschlossene und militante Selbstverteidigung und widersetzten sich dem massiven Einsatz von Tränengas und Polizeiknüppeln.» Luca fügte hinzu, dass sich «die Zusammenstösse dann auf eine breite Allee vor dem Bahnhof verlagerten», wo die Menschen protestierten, «um die Freilassung der Verhafteten zu fordern».
Auch Turin war Schauplatz vielfältiger Aktionen: Von Kanus auf dem Fluss bis zu Blockaden auf den Gleisen. «Wir waren alle vereint – von Schulen bis Universitäten, von Gewerkschaften bis zu Arbeiter*innen –, um das palästinensische Volk und die Global Sumud Flotilla zu unterstützen», erinnerte sich ein Demonstrant gegenüber SocialistWorker.
In Bologna blockierten Tausende von Demonstrierenden die Hauptstrasse nach Florenz. In Venedig versammelten sich die Menschen hinter einem Banner mit der Aufschrift «Gaza brennt, wir werden alles blockieren», woraufhin die Polizei Wasserwerfer gegen die Demonstrierenden einsetzte.
Die faschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bekräftigt ihre Unterstützung für Israel und dessen Völkermord in Gaza. Während andere westliche Regierungen Palästina anerkennen, bleiben unzählige Menschen Italiens auf der Strasse – und zeigen den Weg auf, um das System zu stoppen, das den Völkermord befeuert.
Eine erste Version dieses Textes erschien zuvor auf sozialismus.ch.