Rohstoff­handel und Rohstoffabbau

Die globalen Geschäfte von Schweizer Rohstoff­kon­zernen in der Abbau­branche werden in der Öffent­lich­keit zuneh­mend proble­ma­ti­siert. Der Handel mit Rohstoffen dagegen wird von Öffent­lich­keit und Medien kaum beachtet. Während dank diesem proble­ma­ti­schen Sektor enorm viel Geld ins Land fliesst, verschliesst auch die offi­zi­elle Schweiz die Augen. Auch die geplante Konzern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­tive greift hier zu kurz. 
Kupfer: ganz sauber und isoliert. Genauso sauber und isoliert gibt sich auch der Handel mit diesem und anderen Rohstoffen. Schliesslich macht sich hierbei niemand wörtlich die Hände schmutzig, was strengere Regulierungen bisher obsolet erscheinen lässt. Das ist ein folgenschwerer Fehlschluss. (Foto: Patrick Rohe/ Flickr)

Am 11. Dezember 2018 haben sich Betei­ligte des Forschungs­pro­jektes Value­works – Effects of Finan­cia­lization along the Copper Value Chain“ im Palais des Nations in Genf zusam­men­ge­funden, um über den Rohstoff­handel zu disku­tieren. Am Ende des Tages schaut der Ethno­lo­gie­pro­fessor Gregor Dobler mit betrof­fenem Blick in die Runde: „Diese Konfe­renz hat einmal mehr betont, dass wir sehr viel darüber wissen, was eigent­lich falsch läuft“.

Die  Proble­ma­tiken des Rohstoff­ab­bau­sek­tors, welcher im Zentrum der momentan heiss disku­tierten Konzern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­tive stehen, sind bekannt: Kinder­ar­beit auf Burkina Fasos Baum­woll­plan­tagen oder Wasser­ver­schmut­zung durch kolum­bia­ni­sche Kohle­minen. An diesem Tag in Genf wurde aber auch ein anderer Aspekt beleuchtet, der in den aktu­ellen Diskus­sionen oft unter­geht: die proble­ma­ti­schen Auswir­kungen des Handels mit Rohstoffen.

Die Konzern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­tive macht keine Unter­schei­dung zwischen Abbau, Produk­tion und Handel, sondern betrifft jegliche Art der Geschäfts­tä­tig­keiten von Schweizer Unter­nehmen im Ausland. Die Bemü­hungen der offi­zi­ellen Schweiz zielen bisher aber darauf ab, den Handel von diesen Bestim­mungen auszu­klam­mern. Dies zeigen sowohl der vom Bundesrat im November 2018 veröf­fent­lichte Rohstoff­be­richt als auch die vom National- und Stän­derat abge­speckte Version des Gegen­vor­schlages zur Konzernverantwortungsinitiative.

Das besagte Forschungs­pro­jekt in Genf kriti­siert diesen Weg, den die Schweizer Politik einschlägt. Am Beispiel von Kupfer beleuchtet es die proble­ma­ti­schen Ausmasse des Schweizer Rohstoff­han­dels. Das Lamm war am zwei­tä­gigen Abschlus­se­vent dieses Forschungs­pro­jektes dabei.

Dreh­scheibe des inter­na­tio­nalen Rohstoffhandels

Die proble­ma­ti­sche Rolle der Schweiz als globales Rohstoff­han­dels­zen­trum wurde von der NGO Public Eye im Buch Rohstoff – Das gefähr­lichste Geschäft der Schweiz schon im Jahr 2012 beschrieben: Viele Länder des globalen Südens bleiben nicht nur trotz, sondern gerade wegen ihres Rohstoff­reich­tums arm, während das Steu­er­pa­ra­dies und die Trans­pa­renz­oase Schweiz unbe­stritten ihren Beitrag dazu leistet. Mit 3,8 Prozent machte der Rohstoff­handel im Jahr 2018 hier­zu­lande einen grös­seren Anteil des Brut­to­in­land­pro­duktes aus als etwa der Tourismus oder das Bankwesen.

Im Jahr 2018 waren die ersten fünf der zehn umsatz­stärk­sten Schweizer Unter­nehmen im Rohstoff­handel tätig. Rund ein Drittel aller global gehan­delten Rohstoffe werden über die Schweiz gehan­delt. Bei gewissen Metallen (Eisenerz, Kupfer, Bauxit, Alumi­nium und Gold), aber auch bei Kaffee, sind es sogar bis 60 Prozent des welt­weit Handels­vo­lu­mens, welche durch die Schweiz gehen. Auch im Kupfer­handel mit Sambia ist die Schweiz Spitzenreiterin.

Im Palais des Nations in Genf erscheint eine Stati­stik auf den vier Screens im Konfe­renz­raum: 50 Prozent des sambi­schen Kupfers wird offi­ziell in die Schweiz expor­tiert. Der Ethno­lo­gie­pro­fessor Gregor Dobler erklärt, dass die tatsäch­liche Zahl aufgrund stati­sti­scher Unre­gel­mäs­sig­keiten wegen unvoll­stän­diger Export­sta­ti­stiken auf sambi­scher Seite sogar noch um einiges höher einge­schätzt wird.

Dass in der Schweiz ansäs­sige Unter­nehmen so viel Kupfer impor­tieren, liegt natür­lich nicht an einer beson­ders hohen Nach­frage hier­zu­lande. In Schweizer Büros werden zwar Verträge abge­schlossen, aber die meisten gehan­delten Waren (mit Ausnahme von Gold etwa) errei­chen nie physisch Schweizer Boden. Diese Art des imma­te­ri­ellen Tran­sit­han­dels hat vor allem in den 90er Jahren massiv zuge­nommen: Zwischen 1998 und 2010 haben sich die Netto­ein­nahmen in diesem Sektor hier­zu­lande laut Public Eye verfünzehnfacht.

Die poli­ti­sche Neutra­lität des Landes, die Exper­tise des Banken­sek­tors in der Handels­fi­nan­zie­rung (und natür­lich das Bank­ge­heimnis), nied­rige Steuern, sowie die poli­ti­sche Unter­re­gu­lie­rung des Rohstoff­sek­tors haben vor allem auslän­di­sche Unter­nehmen dazu moti­viert, in die Schweiz zu migrieren.

Mehr als Kaufen und Verkaufen

Die stetige Zunahme des Rohstoff­han­dels über die Schweiz hat aber nicht nur mit diesen günstigen Bedin­gungen zu tun, sondern auch mit der Schweizer Spezia­li­sie­rung im entspre­chenden Dienst­lei­stungs­be­reich. So spielt etwa die Firma Trafi­gura eine bestim­mende Rolle in der Orga­ni­sa­tion der globalen Liefer­kette des sambi­schen Kupfers. Trafi­gura besitzt selbst keine Minen in Sambia, kauft das Kupfer aber zum Beispiel der kana­disch-austra­li­schen Minen­firma First Quantum Mine­rals (FQM) ab und trans­por­tiert es zu den wich­tigen Häfen des afri­ka­ni­schen Konti­nentes. Impala Termi­nals, der Logi­stikarm Trafi­guras, verwaltet das grösste Terminal am Hafen in Dar-es-Salaam und betreibt Last­wa­gen­sta­tionen sowie Lager­häuser entlang der Lieferkette.

„Sogar der Treib­stoff für die Last­wagen ist in Schweizer Händen“, erläu­tert eine Betei­ligte des Forschungs­pro­jektes. Sie verweist auf die Firma Puma Ener­gies, welche auch zur Unter­neh­mens­gruppe Trafi­gura gehört. Puma Ener­gies hat in Sambia eine Mehr­heits­be­tei­li­gung (75 Prozent) an den früheren BP-Tank­stellen über­nommen und orga­ni­siert Verschif­fung und Verkauf von Treib­stoff für den Trans­port des Kupfers.

Inve­sti­tionen in Logi­stik und Trans­port von Kupfer sind deut­lich günstiger als die Infra­struktur für den Abbau des Rohstoffs vor Ort.  Die Gewinne hingegen sind relativ unab­hängig von Schwan­kungen im Kupfer­preis und stabil — ein doppelter Anreiz also.

Nebst dem eigent­li­chen Handel, den Trafi­gura betreibt, verdienen Unter­firmen wie Impala Termi­nals oder Puma Ener­gies auch an jeder Zwischen­la­ge­rung oder Tank­la­dung der abge­bauten Rohstoffe mit. Die Nach­for­schungen im Rahmen des Value­works-Projektes haben aufge­zeigt, dass die Profite von Schweizer Firmen zuneh­mend in den Berei­chen Trans­port, Logi­stik und weiteren Dienst­lei­stungen rund um den Handel liegen.

So ist auch der Trans­port des Kupfers per Schiff über die Ozeane im Fokus von Schweizer Firmen. Weit weniger bekannt als der welt­weit führende däni­sche Konzern Maersk ist etwa die Medi­ter­ra­nean Ship­ping Company (MSC), die zweit­grösste Fracht­schiff­ge­sell­schaft, die in Genf behei­matet ist (das Lamm berich­tete). Mit rund 100 grös­seren und klei­neren Unter­nehmen, die in der Schiff­fahrts­branche tätig sind, steuert die Hoch­see­fahrt­na­tion Schweiz heut­zu­tage 22 Prozent der Schiff­fahrt­be­we­gungen weltweit.

Ausserdem spielen unab­hän­gige Waren­prüf­kon­zerne und Zerti­fi­zie­rungs­ge­sell­schaften eine weitere wich­tige Rolle im Tran­sit­handel. Die in Genf ansäs­sige SGS (vormals Société Géné­rale de Surveil­lance), eine der grössten Dienst­lei­ste­rinnen von Waren­proben und Zerti­fi­zie­rung, stellt zum Beispiel Qualität und Menge des Kupfers mit Hilfe von Toch­ter­ge­sell­schaften in Sambia sicher — vorteil­haft für die verschie­denen invol­vierten Parteien, die bei Vertrags­ab­schluss nicht vor Ort sind.

Zusam­men­fas­send lässt sich also sagen: Die Schweizer Wirt­schaft profi­tiert enorm von der Rohstoff­in­du­strie, auch ohne direkt am inve­sti­ti­ons­in­ten­siven Abbau der Metalle betei­ligt zu sein. Grös­sere Handels­firmen wie Trafi­gura haben daher in den letzten Jahren sehr viel in diesen Wirt­schafts­zweig inve­stiert und ein immer grös­serer Teil des Profites der Unter­nehmen resul­tiert aus diesen Dienst­lei­stungen. Oftmals ist es auch die Mono­pol­stel­lung in einem gewissen Gebiet (wie dies für Trafi­gura im Werbe­video von Impala Terminal über­zeu­gend kommu­ni­ziert wird), welche die Höhe der Gewinne sichert. Trotz der hohen Wert­schöp­fung durch den Handel sind die Schweizer Behörden jedoch unwillig, diesen Bereich stärker zu regulieren.

Schein­re­gu­lie­rung des Rohstoffbereiches?

Isolda Agazzi, Direk­torin von Alli­ance Sud, verleiht ihrer Bestür­zung über die aktu­elle Stel­lung­nahme des Bundes, den eingangs erwähnten und am 30. November 2018 veröf­fent­lichten Rohstoff­be­richt, Ausdruck: „Verbind­liche Trans­pa­renz­re­gu­lie­rungen werden also nur für die rohstoffför­dernde Indu­strie ange­wendet, und nicht für den Handel. Konkret für die Schweiz heisst das, nur 4 von 544 multi­na­tio­nalen Konzernen sind betroffen“, sagt Agazzi. Es geht dabei um die Offen­le­gung von Zahlungen an Regie­rungen der Produk­ti­ons­länder: Während rohstoffför­dernde Unter­nehmen laut Artikel 264 des Akti­en­rechts Zahlungen an staat­liche Stellen ab 100’000 Franken offen­legen müssen, ist der Rohstoff­handel von diesem Artikel ausgenommen.

Hier liegt ein weiteres Problem: Rohstoff­handel und ‑schöp­fung sind oftmals stark verknotet, was die Dekla­ra­tion oder Eintei­lung einer Firma unter eine Geset­zes­be­stim­mung zusätz­lich erschwert. Nebst dem Handel operiert etwa Trafi­gura heute vor allem als Logi­stik­firma, während Glen­core gleich­zeitig auch als Besit­zerin von Minen fungiert und damit direkt am Abbau von Rohstoffen betei­ligt ist. Die Marc Rich Trading, aus welcher diese beiden Firmen 1993 und 1994 entstanden sind, war hingegen eine reine Rohstoff­han­dels­firma. Viele Schweizer Rohstoff­han­dels­firmen haben über die letzten Jahre hinweg ähnlich expan­diert. Agrar­händler haben nicht nur begonnen, die Agrar­pro­dukte selbst zu verar­beiten, sondern selbst Acker­land zu kaufen oder zu pachten, um die eigene Versor­gung zu gewähr­lei­sten. Oder sie bieten wie Trafi­gura auch gerade die notwen­digen Dienst­lei­stungen rund um den Kauf und Verkauf selbst an. Unter welche Geset­zes­be­stim­mungen fallen diese Unter­nehmen also? Die Sach­lage scheint unklar.

Auch der indi­rekte Gegen­vor­schlag zur Konzern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­tive scheint den Rohstoff­handel zu schützen – wenn auch nicht so explizit wie dies beim vorgängig erwähnten Rohstoff­be­richt des Bundes der Fall ist. Während der Diskus­sionen im Natio­nalrat im Herbst letzten Jahres wurde der Schwel­len­wert für die Unter­neh­mens­grösse, um von den Bestim­mungen betroffen zu sein – die soge­nannte KMU-Schwelle –, in wesent­li­chem Masse herauf­ge­setzt. Die aktu­elle Version des Gegen­vor­schlags setzt fest, dass eine Firma von der Gesetz­ge­bung nur dann betroffen ist, wenn zwei der folgenden Krite­rien erfüllt sind: minde­stens 500 Voll­zeit­stellen, 40 Millionen Bilanz­summe, 80 Millionen Umsatz.

Laut Public Eye und weiteren NGOs sind es mit dieser Verdop­pe­lung der Schwel­len­werte zur ursprüng­li­chen Version nur noch sehr grosse Unter­nehmen, für welche die verbind­li­chen Regeln zu tragen kommen werden. Für viele der im Rohstoff­handel tätigen Unter­nehmen vergrös­sert sich die Möglich­keit, von den Mass­nahmen ausge­nommen zu werden.

Wie der Rohstoff­be­richt scheint auch der Gegen­vor­schlag in die Rich­tung zu gehen, dem Rohstoff­handel weitere Kontrollen und Verpflich­tungen so weit als möglich zu ersparen. Was sind aber die proble­ma­ti­schen Folgen dieser Unterregulierung?

Wenn der Rohstoff­handel nicht regu­liert wird, leiden die anderen

Als in der Kritik stehende Firma hatte Trafi­gura die Möglich­keit, an einem Podium teil­zu­nehmen, welches am Vorabend der Konfe­renz am Graduate Insti­tute in Genf geho­sted wurde. James Nicholson, Head of Corpo­rate Respon­si­bi­lity des Unter­neh­mens, nutzte seine Rede­zeit während des Podiums um zu argu­men­tieren, dass die Offen­le­gung von Zahlungen, etwa bei indi­rektem Korrup­ti­ons­ver­dacht, sehr wohl auch frei­wil­lig­keits­ba­siert funk­tio­niert und sich eine verstärkte Regu­lie­rung somit ohnehin erüb­rigt. Als erste Handels­firma hat sich Trafi­gura 2014 an der Extra­c­tive Indu­stries Trans­pa­rency Initia­tive (EITI) betei­ligt – diese hatte anfangs nur auf die rohstoffför­dernde Indu­strie fokus­siert – und damit einige ihrer Zahlungen an Regie­rungen frei­willig offen­ge­legt. Den CSR-Bericht seiner Firma aufge­klappt vor sich, argu­men­tierte Nicholson: „Dies hat die bedeu­tende Verschie­bung von Vermögen für die Bevöl­ke­rung dieser rohstoff­pro­du­zie­renden Länder sichtbar gemacht, und dies hat sie dazu befä­higt, ihre Regie­rung mit gewissen Fragen zu konfrontieren.“

Die Trans­pa­renz­pro­ble­matik scheint mit diesem Zug geschickt auf die Regie­rungen der rohstoff­rei­chen Länder abge­wälzt. Damit wird verschleiert, dass Unter­nehmen wie Trafi­gura oftmals gerade von korrupten Regie­rungen profi­tieren, wenn sie etwa viel weniger Steuern zahlen als was den Ländern eigent­lich zugute kommen sollte. Sowohl transfer pricing als auch Steu­er­op­ti­mie­rungs­prak­tiken spielen hier eine grosse Rolle. Multi­na­tio­nale Firmen wie Trafi­gura legen konzern­in­terne Verrech­nungs­preise für den Handel mit ihren Toch­ter­ge­sell­schaften fest und schieben Profite hin und her, um ihre Steu­er­zah­lungen zu mini­mieren. Durch geschickte Mani­pu­la­tionen werden steu­er­bare Gewinne redu­ziert oder wunder­same Verluste für die verschie­denen, oftmals in Steu­er­oasen behei­ma­teten Toch­ter­ge­sell­schaften produ­ziert, so dass Steuern sogar ganz entfallen.

Trafi­guras Firmen­zen­trale liegt heute in Genf. Die Firmen­struktur aber ist höchst kompli­ziert und aufgrund der Grün­dung verschie­dener Toch­ter­firmen an verschie­denen Stand­orten auch schwer über­blickbar. Die Firma nützt diese Hete­ro­ge­nität zu Steu­er­op­ti­mie­rungs­zwecken. Durch die geogra­phi­sche Vertei­lung ihrer Unter­neh­mens­ak­ti­vi­täten hat Trafi­gura im Jahr 2017 eine Konzern­steu­er­quote von ledig­lich 8,4 Prozent erreicht. Public Eye hat ausge­rechnet, dass Trafi­gura durch diesen nied­rigen Prozent­satz zwischen 2005 und 2010 insge­samt über 500 Millionen Dollar  an Steuern einge­spart hat.

Die von Glen­core betrie­bene Mopani Copper Mine in Sambia sorgt immer wieder für Nega­tiv­schlag­zeilen — genauso wie die Steu­er­op­ti­mie­rungs­prak­tiken des Gross­kon­zerns. (© photosmith2011 via Flickr)

Auch Glen­core macht in Sambia trotz des Kupfer­booms seit Jahren offi­ziell Verluste und zahlt deshalb keine Gewinn­steuern. Statt­dessen werden die Profite in die Schweiz verla­gert. Laut der NGO War on Want entgehen der sambi­schen Bevöl­ke­rung durch transfer pricing und Steu­er­op­ti­mie­rungs­prak­tiken jähr­lich 3 Milli­arden Dollar – Geld, welches das infra­struk­tur­schwache Land bitter nötig hätte.

„Rohstoff­handel funk­tio­niert dank Korruption“

Die Proble­ma­tiken hören hier noch nicht auf: Gerade beim physi­schen Rohstoff­handel – im Gegen­satz zum Papier­handel an der Börse –, wie ihn Trafi­gura und andere Schweizer Handels­firmen durch den direkten Kauf und Verkauf von Rohstoffen ausüben, sind persön­liche Bezie­hungen von ausser­or­dent­li­cher Bedeu­tung. Basie­rend auf infor­mellen Netz­werken bergen diese Bezie­hungen beson­ders hohe Korruptionsrisiken.

„Rohstoff­handel funk­tio­niert dank Korrup­tion“, sagte Bran­chen­in­sider James Dunster­ville einst. Auch die von Trafi­gura so gut insze­nierte, auf Frei­wil­lig­keit basie­rende Trans­pa­renz von Zahlungen an Regie­rungen scheint nicht zufrie­den­stel­lend zu funk­tio­nieren. Die NGO Public Eye zum Beispiel hat wieder­holt Korrup­ti­ons­fälle ans Licht gebracht, in welche Trafi­gura verwickelt war, so etwa mit der ango­la­ni­schen Elite, oder in Bezug zur erst kürz­lich gelüf­teten Petrobas-Affäre.

Führt man sich diese durch Unter­re­gu­lie­rung begün­stigte Vertei­lung von Reichtum im Rohstoff­sektor und alle damit zusam­men­hän­genden Proble­ma­tiken vor Augen, wird einem erst bewusst, dass nicht einmal die Konzern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­tive mit ihren geplanten Regu­lie­rungen weit genug greift. Sie ist jedoch ein erster Schritt in die rich­tige Richtung.

Der Gegen­vor­schlag des Parla­ments hingegen, in welchem fest­ge­setzt wird, dass Haftung nur noch bei Verlet­zung von Leib, Leben oder Eigentum zum Tragen kommt, schränkt den Blick auf die eigent­li­chen Probleme noch mehr ein.

Die unge­rechte Profit­ver­tei­lung, der finan­zi­elle Betrug an Ländern wie Sambia würde somit weiterhin unter dem Deck­mantel des scheinbar weniger proble­ma­ti­schen Handels weiter­be­stehen und nicht als Verlet­zung von Menschen­rechten dekla­riert werden — so eine Betrach­tungs­weise ist nicht nur igno­rant, sie ist für ein extrem wohl­ha­bendes Land wie die Schweiz auch zutiefst zynisch.


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