„Wir sind natürlich sehr erfreut und auch ein wenig stolz, dass wir einen derart hochkarätigen Spieler verpflichten konnten“, schwärmt FCZ-Präsident Ancillo Canepa über seinen neuen Spieler. „Er wird vor allem auch für unsere jungen Spieler eine wichtige Stütze sein.“ Über die seit Jahren bekannten Vorwürfe sexualisierter Gewalt des Star-Fussballers Benjamin Mendy verliert der Fussballclub beim Transfer des neuen Spielers kein Wort.
Insgesamt erhoben 13 verschiedene Frauen zwischen Oktober 2018 und August 2021 Misshandlungs-Vorwürfe gegen Mendy.
Benjamin Mendy begann seine Fussballkarriere in Frankreich. Als linker Aussenverteidiger wechselte er von Marseille über Monaco zu Manchester City. Im Juni 2017 zahlte Manchester City damals 57,5 Millionen Euro für ihn, was ein neuer Rekord für einen Aussenverteidiger war.
Mendys grösster Erfolg war Frankreis Gewinn der Weltmeisterschaft 2018, obwohl der 30-jährige Fussballer dort kaum eine Rolle spielte. Seine Karriere war von vielen Verletzungen geprägt: Rein fussballtechnisch könnte man sagen, dass City in diesem Fall Geld aus dem Fenster geworfen hat und von dem Talent nicht viel profitieren konnte.
Mendy und sein sexitisches Verhältnis zu Frauen
Im August 2021 wurde Benjamin Mendy von der Cheshire Constabulary in vier Fällen von Vergewaltigung und einem Fall von sexueller Nötigung angeklagt und verhaftet. Die Vorwürfe betrafen mutmassliche Straftaten gegen drei Frauen über 16 Jahren, die sich zwischen Oktober 2020 und August 2021 ereignet haben sollen. Es folgte sogleich die Suspendierung von Manchester City. Im Januar 2022 konnte sich Mendy durch Kaution freikaufen. Seine Anwaltskosten brachten ihn jedoch in finanzielle Schieflage, sodass er Geld von ehemaligen Mitspielern leihen musste, trotz eines Jahresgehalt von 4,68 Millionen Euro bei Manchester City.
Bei Prozessbeginn im August 2022 ging es schliesslich um sieben Vergewaltigungen, eine versuchte Vergewaltigung und einen Fall sexueller Nötigung. Als Mendy im Gericht zum ersten Mal sein Schweigen brach, erklärte er, dass es ihm mit 18 Jahren sehr schwer gefallen sei, mit Frauen in Kontakt zu treten. Nachdem er Profi wurde, gab er an, sei ihm das aber viel leichter gefallen.
„Dank Mendys Reichtum und Status waren andere bereit, ihm zu besorgen, was er wollte“, berichtete der Staatsanwalt Timothy Cray laut der britischen Zeitung Guardian. Dem Gericht zufolge fand der Sportler die meisten Frauen in Nachtklubs in Manchester. Der 41-jährige Louis Saha Matturie, ebenfalls ehemaliger Profi-Fussballer, soll sie ihm zugeführt haben. Er wurde 2022 ebenfalls wegen mehrfacher Vergewaltigung und weiterer Sexualstraftaten angeklagt.
Fälle wie die von Cristiano Ronaldo, Robinho, Santi Mina oder Jérôme Boateng zeigen ein Muster: Während Frauen von Gewalt und Missbrauch berichten, schützt ein System aus Beratern, Funktionären und Anwälten die Spieler und wahrt deren Image.
Mendy stritt alle Gewaltvorwürfe ab und sucht Ausreden für sein Verhalten: Er sei durch seine vielen Verletzungen sehr traurig gewesen. Deshalb habe er mehrmals pro Woche gefeiert und danach in seiner Villa Afterpartys veranstaltet. Er habe es genossen, mit vielen Frauen Sex zu haben, oftmals sogar mit mehreren an einem Abend. Verhütungsmittel habe er keine benutzt, obwohl ihm die Risiken bewusst waren. Er betonte, dass er immer aufgehört habe, wenn eine Frau „Nein“ gesagt habe.
Laut Aussage der betroffenen Frauen soll der Angeklagte während der Vorfälle zwischen 2018 und 2021 kein Nein akzeptiert haben. Manche der Opfer waren demnach zu betrunken, um sich zu wehren.
Der Freispruch und das grosse Aber
Im Laufe des Jahres 2023 wurde Mendy von mehreren Anklagepunkten freigesprochen. Die Jury begründete dies damit, dass die Beweislage für eine Verurteilung nicht ausreiche. Das Gerichtsurteil besagt nicht, dass Mendy zweifelsfrei unschuldig ist. Es gab zahlreiche Zeugenaussagen, die jedoch nicht ausreichten, um ihn ohne Zweifel schuldig zu sprechen. Es ist eine übliche Schwierigkeit bei Sexualdelikten, da sie meist Vier-Augen-Delikte und somit schwierig zu beweisen sind. Insgesamt erhoben 13 verschiedene Frauen zwischen Oktober 2018 und August 2021 Misshandlungsvorwürfe gegen den Profifussballer.
Was man Mendy jedoch sicher vorwerfen kann, ist seine misogyne Haltung. Seine Aussagen vor Gericht zeugen deutlich von einer Abwertung und Objektifizierung von Frauen. Es gab Berichte, wonach Mendy geprahlt haben soll, dass er „mit 10’000 Frauen geschlafen“ habe und dass Sex mit ihm „eine Ehre“ sei. Als Star-Fussballer sei es sehr einfach gewesen, Frauen aufzureissen. Durch seine Aussagen bestätigte er, dass er seine Position als Profifussballer gezielt ausnutzte, um mit Frauen in Kontakt zu treten.
Der Guardian berichtete damals, wie beide Männer eine „kaltschnäuzige Gleichgültigkeit„gegenüber den insgesamt 13 mutmasslichen Opfern an den Tag gelegt haben sollen. Die sexuelle Eroberung junger Frauen sei für sie eine Art Spiel gewesen.
Das abgelegene Anwesen des Fussballers wurde von Medien als „Festung“ beschrieben, fern vom Stadtzentrum von Manchester gelegen und durchwegs bewacht. Die Frauen hätten das Gefühl gehabt, gefangen zu sein. Eine der Klägerinnen erklärte, sie habe nach den sexuellen Übergriffen einen Hausangestellten bitten müssen, ihr die Tür nach draussen aufzuschliessssen.
Mendy ist kein Einzelfall
Profifussballer stehen immer wieder im Fokus von Sexualstrafverfahren, doch viele von ihnen werden freigesprochen oder entgehen Verurteilungen durch Schweigegeldzahlungen und Einflussnahme. Fälle wie die von Cristiano Ronaldo, Robinho, Santi Mina oder Jérôme Boateng zeigen ein Muster: Während Frauen von Gewalt und Missbrauch berichten, schützt ein System aus Beratern, Funktionären und Anwälten die Spieler und wahrt deren Image.
Eine Recherche von Correctiv und der Süddeutschen Zeitung deckte 2022 auf, wie Spieler ihre Ex-Partnerinnen zum Schweigen bringen und Vorwürfe vertuschen. Dabei geht es nicht nur um individuelle Schuld, sondern um ein Milliarden-Business, das den Ruf der Profis um jeden Preis schützt.
Der Präsident des FC Zürich rechtfertigte den Transfer von Mendy mit einer klassischen Täter-Opfer-Umkehr: einer gefährlichen Rhetorik, die Frauen, die über Gewalt sprechen, pauschal als potenzielle Lügnerinnen darstellt und strukturelle Probleme ignoriert.
Der holländischer Fussballprofi Memphis Depay kritisierte öffentlich den Umgang mit Mendy und forderte Unterstützung für ihn, während zahlreiche Profis, darunter Antonio Rüdiger, Kevin Trapp und Jack Grealish, seine Worte bekräftigten. Die grosse Solidarität für ihn zeigt, wie sehr Profifussballer in einer abgeschotteten, männerdominierten Blase leben, in der Machtmissbrauch oft ignoriert wird. Während Frauen systematisch benachteiligt werden, schützen finanzielle und strukturelle Interessen die Spieler.
Trotz der Vorwürfe führt Mendy seine Karriere bis heute fort.
Der FC Zürich freut sich über den Superstar
FCZ-Präsident Canepa verteidigte seinen neuen Spieler bei der Übernahme: „Es gab und gibt für uns keinen Anlass, an der Korrektheit der juristischen Aufarbeitung zu zweifeln.“ Bekannte Fussballer würden oft auch ohne Fehlverhalten von Frauen eingeklagt, die sie erpressen wollten. Dafür gäbe es leider einige Beispiele. Mit dieser Aussage betrieb der FZC-Präsident eine klassische Täter-Opfer-Umkehr: eine gefährliche Rhetorik, die Frauen, die über Gewalt sprechen, pauschal als potenzielle Lügnerinnen darstellt und strukturelle Probleme ignoriert.
Kritik aus der Öffenltichkeit gegenüber dem Vorgehen des FCZ liess nicht lange auf sich warten. Doch der FCZ reagierte, indem er kritische Kommentare auf Instagram löschte. Das Thema sollte augenscheinlich totgeschwiegen werden.
Erst die Kritik der Frauenzentrale Zürich erwirkte letzte Woche ein Statement des Zürcher Fussballclubs. „Der weltbekannte Spieler wurde nicht verurteilt“, begründet der FCZ nun seine Entscheidung. „Aus Persönlichkeitsschutz des Spielers“ habe man nicht auf die Vorfälle hingewiesen, was der Club bis heute als richtiges Vorgehen wertet. Der FCZ lehne jede Art von Gewalt, „insbesondere gegen Frauen und Kinder“, strikte ab.
In Anbetracht des Umgangs mit dem Profifussballspieler wirken die Aussagen jedoch wie reine Floskeln. Auch gibt keine Hinweise darauf, dass Mendy sein Verhalten bereut hat, reflektiert oder ändern will. Stattdessen bekommt er durch den FC Zürich die Chance, seine Karriere fortzusetzen und sich international neu zu empfehlen. Der FCZ selbst verpasst in diesem Falle die Chance, kritisch und verantwortungsvoll mit den eigenen Spielern umzugehen.
Eine erste Version dieses Textes erschien zuvor auf sozialismus.ch.