Der Skandal ist perfekt: Megafon, Magazin der Reitschule Bern, hat auf Twitter ein bearbeitetes Bild gepostet, auf welchem eine Enthauptungsszene aus der französischen Revolution zu sehen ist, wobei der abgetrennte Kopf durch jenen von Journalistin Michèle Binswanger ersetzt wurde.
Dem Tweet vorausgegangen war ein Interview Binswangers mit dem deutschen Publizisten Stefan Aust in der Sonntagszeitung, in dessen Verlauf sich Aust darüber empörte, was man alles nicht mehr sagen dürfe, um dann über zwei Seiten hinweg zu sagen, was er will. So vergleicht Aust im Gespräch schliesslich Fridays for Future mit «heiliger Selbstverwirklichung», während Binswanger ihm die Suggestivfrage nach dem «Todesurteil» stellt, welches in der heutigen Gesellschaft beim Vorwurf falle, «rechts zu sein».
Ein solches Todesurteil hat, zumindest in ihren Augen, nun die Tamedia Journalistin selbst getroffen. Binswanger, die noch vor kurzem das «freie Denken aus dem Würgegriff» befreien wollte, ist nun selbst «Opfer» der Meinungsäusserungsfreiheit geworden – und das ausgerechnet durch jene, die stets von sich behaupten würden, gegen Hate Speech zu sein.
Megafon, auf der anderen Seite, wollte mit dem unglücklichen Bild Kritik üben an makabren Metaphern, welche Binswanger in ihren Texten zu «Cancel Culture» gerne bedient, etwa indem sie von der «medialen Hinrichtung» von Influencerin Mirjam Jäger schreibt oder vom «Scheiterhaufen», auf dem aufgebrachte Queerfeministinnen J.K. Rowling brennen sehen wollen.
Die Redaktion vom Megafon hat das Bild am folgenden Tag wieder gelöscht und sich für die Bildsprache entschuldigt, denn in einer Welt in der es für JournalistInnen mitunter lebensgefährlich ist, ihren Job zu machen, können solche Bilder falsche Assoziationen wecken und, wie Binswanger auf Ihrem Twitter-Profil schrieb, «hängen bleiben.» Gemäss Tamedia Chefredaktor Arthur Rutishauser hat das Medienhaus mittlerweile Strafanzeige erstattet.
Profitiert hat von der ganzen Aufregung schlussendlich also Tamedia-Postergirl Michèle Binswanger, die das gelöschte Bild dann auch eingebettet in einen 20Minuten Artikel, entgegen ihrer ursprünglichen Kritik, selber weiterverbreitete. Sie wettert jetzt gegen die «subventionierte Reitschule», sammelt kräftig Sympathien am rechten Rand und verfestigt erst noch ihre Selbstbezeichnung als «Jeanne d’Arc der Pressefreiheit». Obwohl dieser Vergleich wohl etwas heikel ist, schliesslich ist ja bekannt, welchen Preis Jeanne d’Arc für ihr Handeln bezahlte, und solche Sprachbilder können bekanntlich «hängen bleiben.»