1) Du sparst
Nicht nur Geld, sondern auch einen Haufen Zeit und Nerven kannst du sparen, wenn du dir einfach immer das Schnellste, Billigste und Einfachste reinziehst. Teure Biogurken aus nicht-erdölbeheizten Gewächshäusern? Das Geld gibst du doch lieber für ein, zwei Bier aus. Mit dem Zug nach Berlin. Das dauert ja dreimal so lang. Klar: Biogurken schmecken besser und in Nachtzügen kann man spannende Menschen kennenlernen. Aber wiegt das wirklich das Mehr an Zeit und Geld auf, das du da reinstecken musst?
2) Du musst niemanden vor den Kopf stossen
Du hast keine Lust, deinem Bruder das zarte Steak zu verderben oder deiner Arbeitskollegin die Freude am neusten Billig-Shirt? Dann solltest du nicht in den Ökolifestyle abrutschen. Denn vegan zu sein oder dem Shoppingwahn zu entsagen, ist auch immer eine subtile Kritik an allen anderen. Und du willst ja weder jemandem den Tag verderben noch deine FreundInnen vergraulen: Spassbremsen mag niemand.
3) Niemand hat weitere Erwartungen an dich
Ich hoffe, du hast noch gar nicht angefangen mit dem Nichtfliegen, dem veganen Leben oder dem Secondhand-Shoppen. Denn ansonsten hast du die Kacke eh schon am Schuh. Sobald man sich nämlich zu ein klein wenig Öko-Engagement hinreissen lässt, schnellen die Erwartungen in die Höhe. „Ah ja, du willst heute vegetarisch essen… Aber Fliegen tust du ja doch noch, oder?” Also besser erst gar nie anfangen damit. Dann wirst du auch nicht blöd angemault. Von einem SUV-fahrenden Dauerjetter, der jeden Tag ein Kilo Fleisch isst und seine Kleider lieber verbrennt, als sie im Eco-Waschgang zu waschen, erwartet nämlich niemand etwas.
4) Die Folgekosten trägst du genauso
Egal, ob du heute noch fliegst oder nicht, egal, ob du heute noch ein halbes Schwein verdrückst oder bereits auf Tofu umgestellt hast: An den Folgekosten der Billigfliegerei und des Fleischwahns wirst du dich genau wie alle anderen, die es bis am Schluss voll und ganz ausgekostet haben, beteiligen müssen. Laut dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) wird uns der Klimawandel nur schon für die Erhaltung von Infrastruktur wie Strassen, Schienen oder Lawinenverbauungen eine Milliarde Franken kosten – pro Jahr.
5) Es wird dir niemand danke sagen
Und mal ehrlich: Wofür sollst du dir denn ein Bein ausreissen? Glaubst du, dass dir irgendjemand irgendwann eine Medaille verleihen wird mit der Inschrift „Dieser Mensch hat den Planeten gerettet, als alle anderen noch darauf gepfiffen haben”?
Es gibt also zahlreiche Gründe dafür, sein eigenes Leben nicht nachhaltiger zu gestalten. Und trotzdem gibt es Leute, die vegan leben, sich mit dem Fahrrad durch den Stadtverkehr kämpfen, Kleider und Elektrogeräte solange verwenden, bis sie auseinanderfallen und auf Flugreisen verzichten. Zum Beispiel ich. Seit etwa zehn Jahren. Wieso ich das mache? Weil alles andere schlichtweg nicht drinliegt. Die planetare Belastbarkeitsgrenze unserer Atmosphäre beträgt laut dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) 0.6 Tonnen Klimagase pro Person und Jahr. Herr und Frau Schweizer verkonsumieren momentan aber jährlich 14 Tonnen. Wenn nicht alle massiv reduzieren, dann kollabiert das System.
Angesichts dieser Zahlen ist es schlichtweg unhaltbar, dass diejenigen, die ihre CO2-Emissionen zu reduzieren versuchen, so oft den Kürzeren ziehen. Das muss sich dringend ändern! Umweltbewusstes Handeln muss sich für jedeN EinzelneN lohnen. Erst dann wird es wirklich Spass machen, sich so zu verhalten. Erst dann werden endlich mehr Leute mitmachen. Und das ist bitter nötig.
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