Zugang zum Lite­ra­tur­be­trieb: Wer darf Bücher schreiben?

Die Schreib­schulen in Biel oder Hildes­heim galten lange als elitär, der Lite­ra­tur­be­trieb als unzu­gäng­lich. Trifft das heute noch zu? Unser Kolum­nist Olivier David, der lite­ra­ri­sches Schreiben studiert, hat darüber mit fünf Kommiliton*innen gesprochen. 

An Lite­ra­tur­in­sti­tuten studieren vor allem „Lehrer­kinder und Ärzte­kinder“. Das zumin­dest hat Hanser-Lektor Florian Kessler im Januar 2014 in einem Kommentar in der ZEIT geschrieben. Mit seinem Text hat die Klas­sen­frage Einzug in die deutsch­spra­chigen Schreib­schulen in Hildes­heim und Leipzig, in Wien und Biel erhalten. Die Frage danach, wer an den renom­mierten Insti­tuten das Schreiben lernen darf – und wer nicht.

Und jetzt, zehn Jahre später? Wie studiert es sich ohne viel kultu­relles Kapital an einer Univer­sität, die den Ruf hat, haupt­säch­lich Insti­tuts­prosa hervor­zu­bringen – also eine Art zu Schreiben, die sich vor allem an Lite­ra­tur­preis­jurys richtet? Wie studiert es sich für Leute, die aus anderen Gründen bisher unter­re­prä­sen­tiert sind im Lite­ra­tur­kanon, jenseits des hete­ro­nor­ma­tiven Blicks etwa?

Vier Studie­rende berichten von ihren Erfah­rungen am Lite­ra­tur­in­stitut Hildesheim.

Fran­ziska: „Das Lite­ra­tur­in­stitut nenne ich die schwarze Rollkragenwelt“

„Zuge­hö­rig­keit beschäf­tigt mich schon mein ganzes Leben lang – egal, wo ich bin. Ich habe diesen Wunsch dazu­zu­ge­hören. Das ist am Lite­ra­tur­in­stitut noch schlimmer geworden. Am Anfang habe ich mich gewun­dert, warum ich mich so fremd fühle und habe das einfach auf das Studium geschoben, das System Univer­sität an sich. Das ist eine Welt, die weder mir bekannt ist, noch hat je jemand in meiner Familie studiert.

Ich habe den Eindruck, dass am Lite­ra­tur­in­stitut nochmal andere Codes herr­schen. Wenn ich mal am Haupt­campus bin, habe ich das Gefühl, da komme ich entspannter klar. Das Lite­ra­tur­in­stitut nenne ich die schwarze Roll­kra­gen­welt. Mitt­ler­weile habe ich auch einen schwarzen Roll­kra­gen­pulli. Aber am lieb­sten trage ich ihn mit meiner bunten Adidas­jacke, die ich auf ’nem Hip Hop-Floh­markt gekauft habe, weil das für mich die beiden Welten verbindet. Dann fühle ich mich wohl, weil ich einen Teil meiner Iden­tität gefühlt weiterhin mitnehme. Und nicht verrate.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass mein biogra­fi­sches Schreiben nur bauka­sten­mässig bespro­chen wird – dass es nur um Form und nicht um Inhalt geht. Dann habe ich den Eindruck, in eine Schub­lade gesteckt zu werden. Ich will von den Leuten nicht hören, wie mutig ich bin und wie krass es ist, dass ich das erlebt habe. Also ich finde es krass, dass ich an der Uni bin und Schreiben studiere. Ich werde zwar positiv aufge­nommen, aber gleich­zeitig auch immer als anders gelabelt. 

Das Institut ist bildungs­bür­ger­lich und repro­du­ziert dabei einen akade­mi­schen Habitus. Ich habe schon den Eindruck, dass es ein Verständnis für soziale Herkunft gibt. Aber wie soll man etwas verstehen, das man nicht erfahren hat? Und auch diese Ausgren­zung nicht kennt und wie es ist, sich in gewissen Räumen zu bewegen und Raum einzunehmen?

Es ist ja schön, wenn es ein Bewusst­sein für soziale Dinge gibt, aber die Struk­turen dahinter haben sich ja nicht geän­dert. Ist ja schön, dass man hier auch ohne Hoch­schul­zu­gang studieren kann, aber auf wie viele Leute trifft das zu? Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann ist es immer noch die gleiche Sache. 

Es geht in der Mehr­heit der Texte in den Werk­stätten um nichts Wesent­li­ches. Da gibt es Ausreisser, aber oft wabern Texte vor sich her. Dann machen die Autor*innen ein, zwei Dinge auf, wo sie sich und anderen beweisen, dass ihre Texte eine Berech­ti­gung haben, aber letzten Endes geht es oft um nichts. Es muss nicht immer um Leben und Tod gehen, aber es fehlt mir schon, dass die Autor*innen ihre Texte wichtig und sich selbst weniger wichtig nehmen.

Es sind viele vorge­zeich­nete Wege, die hier ans Institut führen. Ich weiss, dass wir Menschen am Institut haben, deren Eltern Lektor*innen sind, die in Verlagen oder im Theater arbeiten. Und da ist es eben logisch, dass deren Kinder auch in den Kultur­be­reich gehen. Ich könnte mir vorstellen, dass es mehr Ausreisser als früher gibt, aber über­wie­gend repro­du­ziert sich das Milieu, das im Kultur­be­trieb und dadurch auch an den Schreib­schulen ist, selbst.

Ich habe den Eindruck, dass es heute poli­ti­sche Texte gibt, aber das sind Themen, die eher dem woken Schreiben entspre­chen. Themen, die meine Bubble beschäf­tigen, also Geschlechts­iden­tität, Rassismus, Homo- und Trans­phobie. Ich möchte den Menschen ihre Notwen­dig­keit nicht abspre­chen, und manchen Texten merke ich das auch an, eine Dring­lich­keit. Aber da gibt es dann auch welche, die wabern: Da wird das aufge­nommen, habe ich den Eindruck, damit das in der Text­be­spre­chung als ein poli­ti­scher Text verhan­delt wird.“

Fran­ziska Bothe, 31, studiert krea­tives Schreiben und Kulturjournalismus.

Jan: „Da, wo vorher Ästhetik war, ist jetzt poli­ti­sche Ästhetik“

„Mit der Frage ‚Wie schreibe ich über etwas?‘ wird sich in Hildes­heim nicht ausein­an­der­ge­setzt. Dafür wird intensiv über Stil geredet, was ja auch genau das ist, was manche Verlage und Wett­be­werbe wollen. Es geht darum, dass alles eine tolle Sprache haben muss. Es gab während meines Studiums einmal einen Kurs zu poli­ti­schem Schreiben, wo es darum ging, welche Form poli­ti­sches Schreiben haben kann. Es ging nicht darum, was für Inhalte, nicht darum, worüber wir schreiben sollten. Es ging um die Form, um Rede und sowas. Es war ein einziger Kurs in insge­samt sechs Jahren Studium.

Zur Form gab es jedes Seme­ster Kurse: der Ich-Erzähler. Die Popli­te­ratur. Wie schreibt Roland Barthes. Und die Übungen liefen nach dem Schema: ‚Okay, ihr habt jetzt diesen Text gelesen, schreibt etwas, das so klingt.‘ Es gab keine Ausein­an­der­set­zung mit den Inhalten. Ich habe ein Seminar zum Thema „über Klasse schreiben“ besucht. Ich weiss noch, eine Kommi­li­tonin und ich haben während des Semi­nars fest­ge­stellt, dass wir beide aus der Arbeiter*innenklasse kommen. Wir haben hin- und herge­schrieben über das Seminar, weil wir bemerkt haben, dass ein paar Akademiker*innen darüber spre­chen, wie man sich das Thema für sein Schreiben aneignen kann.

Als ich 2014 ange­fangen habe, gab es eine feste Dozentin, anson­sten nur Männer. Und fast alle waren alte Garde, oder Leute, die selber an den Schreib­schulen studiert und dann dort mit dem Unter­richten ange­fangen haben. Bis die ersten anderen Stimmen rein­kamen hat es Jahre gedauert. Die Mitstu­die­renden, von denen ich weiss, waren Professor*innen-Kinder, oder Kinder von Ärzt*innen, Autor*innen oder Dramaturg*innen.

Wenn es zu meinem Studi­en­be­ginn Arbeiter*innenkinder gab, dann haben die sich ange­passt. Bei mir war es auch so. Ich habe meine Frei­zeit damit verbracht, Wissen aufzu­holen, damit ich mitreden kann und nicht auffalle. Ich hatte zu Anfang keine Ahnung, wer die Autor*innen waren, über die die anderen sprechen.

Diese Anfänge waren schwer. Als ich dann im Master war und Eribons „Rück­kehr nach Reims“ kam, als Édouard Louis, Daniela Drös­cher, Annie Ernaux und Chri­stian Baron anfingen, über Klasse zu schreiben, hat sich langsam was getan. Da hat man das Gefühl bekommen, man ist nicht alleine. Es gibt andere Leute, die auch etwas zu sagen haben.

Seit ein paar Jahren kommen zum Unter­richten öfter Leute von Aussen mit ihren Themen rein. Und das zwingt das Institut zu Verän­de­rungen. Selbst, wenn sich das Institut die Themen nur token-mässig rein­holt, sind es Themen, die eigent­lich nur funk­tio­nieren, indem sie die Struk­turen kriti­sieren. Aber das ist oft nicht der Fall. Da, wo vorher Ästhetik war, ist jetzt poli­ti­sche Ästhetik. Aber oft steckt nicht viel dahinter. Natür­lich gibt es verein­zelt Studie­rende, bei denen es keine Show ist.

Ich glaube, dass viele Insti­tu­tionen der Lite­ratur wissen, dass jetzt Themen kommen, die behan­delt werden müssen. Auch am Institut herrscht dann der Gedanke, wir bringen da mal Leute rein. Und das ist toke­nism. Oft holen sie Studie­rende rein, die ober­fläch­lich über diese Themen wie Iden­tität, Rassismus und so weiter schreiben. Und die eine Person, die es ernst meint, diese eine von viel­leicht zehn Personen, die rutscht durch. Die stellt sich dann als nicht toke­ni­sierbar heraus, weil sie es wirk­lich einfach ernst meint.

Ich glaube, es gibt keinen Unter­schied zwischen Schreib­schulen, dem Feuil­leton und dieser ganzen Preis- und Stipen­dien-Politik. Niemand in Hildes­heim denkt wirk­lich daran, dass sich ein Buch auch verkaufen muss. Da ist oft der Gedanke: Ich habe doch so einen krassen Stil, warum wollen die ’ne Geschichte haben, was ist denn das? Deshalb ist es ja auch so wichtig, dass man über diese Sachen redet an den Schreibschulen.“

Jan Thul, 31, hat Lite­ra­ri­sches Schreiben und Lekto­rieren im Master studiert.

Marco: „Dass Texte Konse­quenzen haben, scheint vielen nicht klar zu sein“

„Mir ist eine Situa­tion in Erin­ne­rung geblieben. Das war in einem Seminar: Man konnte da Filme machen oder ein Hörspiel. Zu der Zeit habe ich mit der Arbeit am Roman ange­fangen, der jetzt im Früh­jahr erscheint. Ich habe den Dozenten gefragt, ob ich den Prolog des Romans auf Tonband spre­chen kann, um ihn dem Seminar vorzu­spielen. Es war das erste Mal, dass ich mich offen als Arbei­ter­kind zu erkennen gegeben habe – als jemand, der phasen­weise in Armut aufge­wachsen ist.

Eine Reak­tion kam von einer Person, von der ich dachte, dass sie aus einer Akade­mi­ker­fa­milie kommt, da sie sich immer so gegeben hat. Aber wie ich ist sie manchmal von ihrer Mutter mit dem Auto von der Schule abge­holt worden, und das war kein schickes Auto. Sie ist deswegen gehän­selt worden, genau wie ich. Das hat sie als Reak­tion auf meinen Text total aufge­löst erzählt. Sie hat sich mit mir zusammen zu erkennen gegeben; das hat mich berührt und in meinem Schreiben bestätigt.

Eine andere Reak­tion war für mich aber fast noch span­nender. Das war das Schweigen einer Person, von der ich weiss, dass sie aus dem Bildungs­bür­gertum kommt, und die eigent­lich zu allen Texten immer etwas zu sagen hat. Rück­blickend habe ich gedacht, das grösste Kompli­ment war, dass sie geschwiegen hat. Viel­leicht hat es mir geschmei­chelt, weil sie durch meinen Text mit ihren Privi­le­gien konfron­tiert wurde. Wenn die soziale Klasse in der Lite­ratur verschrift­licht wird, dann sind die meisten Leute, die in Semi­naren sonst immer etwas zu sagen haben, still.

Natür­lich verirren sich auch Leute aus Nicht­aka­de­mi­ker­fa­mi­lien ans Institut, aber es sind Einzel­fälle. Wenn ich an meinen Bache­lor­jahr­gang zurück­denke, dann haben ganz viele, die nicht aus Akade­miker- oder Künst­ler­fa­mi­lien kommen, nach ein oder zwei Seme­stern aufge­hört. Das ist natür­lich ein Selbst­aus­schluss, auch durch das Fremd­heits­ge­fühl, das Nicht­aka­de­mi­ker­kinder am Institut haben. Dann gibt es die, die ihre soziale Herkunft verleugnen und sich anpassen. Und die, die das in sich nachspüren.

In meinem ersten Bache­lor­se­me­ster wurde uns gleich im Einfüh­rungs­kurs klar­ge­macht, dass es legitim ist, in Unter­hal­tungs­li­te­ratur und ernst­hafter Lite­ratur zu unter­scheiden. Das wurde vom Seminar nicht weiter reflek­tiert. Wenn man da als Arbei­ter­kind sitzt, dessen Zugang zur Lite­ratur über Krimis oder Thriller kommt, dann stellt man sich die Frage, ob das so sein muss. Akade­mi­ker­kinder sind ja meist mit dieser Tren­nung aufge­wachsen. Und man fragt sich: War das jetzt kompletter Dreck, den ich da gelesen habe? Sollte ich mich davon distan­zieren? Da geht schnell eine Spirale der Selbst­ver­leug­nung los.

Viel­leicht kann man sagen, dass Kinder aus Arbei­ter­fa­mi­lien eher einen inhalt­li­chen Zugang zur Lite­ratur haben und Akade­mi­ker­kinder eher einen formalen Zugang. In einer Text­werk­statt war jemand einmal ganz erstaunt, dass ich Sprache als Sprache verwende, als Infor­ma­ti­ons­träger. Und ich sass da und dachte: Ja, als was denn sonst? Nur weil ich da nicht mit Meta­phern, Wort­spielen und Verglei­chen um mich geworfen habe. Dass es Konse­quenzen hat, wie ein Text gemacht ist – denn, wie eine Perso­nen­gruppe darge­stellt wird, hat ja Konse­quenzen –, scheint vielen nicht klar zu sein.

Im Master ist dann die Frage der Veröf­fent­li­chung nicht mehr weit. Die Frage ist: Welche Studie­renden haben Zugang oder kommen durch die Dozie­renden zu Kontakten, um ihre Manu­skripte bei Agen­turen und Verlagen unter­zu­bringen? Mit alldem wird sehr heim­lich umge­gangen, wer jetzt von wem welchen Kontakt bekommen hat. Und da frage ich mich, nach welchen Krite­rien die Lorbeeren verteilt werden.“

Marco Ott, 30, studiert Lite­ra­ri­sches Schreiben und Lekto­rieren im Master.

Sophie: „Für dezi­diert poli­ti­sches Schreiben ist in Hildes­heim kein Platz“

Ich sehe schon einen Verlauf, im Vergleich zu dem Zeit­punkt, an dem ich ange­fangen habe. Es gab 2017 einen Sexis­mus­skandal, das war noch vor meiner Zeit in Hildes­heim. Und dann hat Annette Pehnt das Institut über­nommen und ich habe den Eindruck, dass sich dadurch etwas geän­dert hat. Und auch in meinem Jahr­gang habe ich mit Leuten gebondet, die ganz andere Erfah­rungen gemacht haben. Nicht nur am Lite­ra­tur­in­stitut hat sich etwas getan. 

Letz­tens ist mir eine Ausgabe der Bella triste (Hildes­heimer Lite­ra­tur­zeit­schrift, Anm. d.R.) aus dem Jahr 2014 in die Hände gefallen. Da standen halt lauter Namen wie Thomas Klupp oder Leif Randt auf dem Cover. Da haben fast nur Männer veröf­fent­licht und kaum Frauen, queere oder migran­ti­sche Menschen. Und einige Namen, von denen man weiss, dass die gut situ­iert sind. Ich hab erst nicht gesehen, dass das eine Ausgabe von 2014 ist und ich war total irri­tiert von dieser Auswahl an Menschen. Allein, dass diese Reak­tionen kommt, zeigt ja schon, dass etwas passiert ist. 

Neulich hatte ich ein Block­se­minar bei der Autorin Karosh Taha, und sie meinte nach dem Seminar, dass Hildes­heim oft Insti­tuts­prosa unter­stellt wird – also, dass wir keine inter­es­santen Geschichten erzählen. Und sie meinte, dass wir alle total span­nende Geschichten ins Seminar gebracht haben. Das war nur eine kleine Runde natür­lich, aber ich glaube schon, dass es irgendwo reprä­sen­tativ ist.

Ich finde den Gene­ral­ver­dacht gegen­über dem Institut manchmal ein biss­chen schwierig. Dass auf Leute ein gewisser Hinter­grund proji­ziert wird, in alle mögli­chen Rich­tungen. Ein Privileg ist nicht ein einfa­ches Thema, das du per se immer an irgend­wel­chen Markern ablesen kannst. Privi­le­gien sind inter­sek­tional und oft indi­vi­duell unterschiedlich.

Trotzdem habe ich das Gefühl, dass sich in manchen Themen viel getan hat, aber das Thema Klasse noch sehr stief­müt­ter­lich behan­delt wird. Es wird zwar besser, aber ich habe das Gefühl, dass es noch zu oft hinten­über­fällt. Ich glaube, andere gesell­schafts­po­li­ti­sche Themen haben schon mehr Platz gefunden im Verhältnis zu Klassismus.

Hildes­heim ist für mich trotzdem eher ein posi­tives Beispiel, im Vergleich zu den Schreib­schulen in Wien oder Leipzig. Ich habe das Gefühl, dass die anderen beiden Insti­tute denken, sie haben den besseren Ruf. Das kommt aus einem elitären Kunst­ver­ständnis heraus, das sich einzig und allein auf Hoch­kultur versteht. Das ist in Hildes­heim weniger so. Hier bekommen auch Leute eine Chance, die nicht den Zugang zum lite­ra­ri­schen Kanon haben, der in Leipzig und Wien mehr voraus­ge­setzt wird.

Ich glaube, gerade in Hildes­heim kannst du die Art von Text schreiben, die du willst, und sagen: Diese Art liegt mir viel näher, und dann ist es auch voll okay, wenn so und so viel Insti­tuts­prosa produ­ziert wird, wenn der Raum auch dafür da ist, andere Geschichten hervorzubringen.

Für dezi­diert poli­ti­sches Schreiben ist in Hildes­heim kein Platz, auch am Lite­ra­tur­in­stitut nicht, oder zu wenig. Statt­dessen wird vor allem intro­spektiv gear­beitet und geschrieben. Das heißt, wenn poli­tisch geschrieben wird, dann handelt es sich meist um Iden­ti­täts­po­li­ti­sches schreiben, was wichtig und richtig ist. Aber Fragen zu ‚Wie kann ich sensibel und vorsichtig sozi­al­po­li­ti­sche Fragen in meine Texte einbauen?‘ fehlen mir in Seminaren.“

Sophie Romy, 25, studiert Lite­ra­ri­sches Schreiben und Lekto­rieren im Master.

Korri­gendum vom 8. 12. 2023: In einer ersten Version der Proto­kolle hiess es, dass 2014 keine Dozentin am Lite­ra­tur­in­stitut tätig war. Das ist nicht richtig und wurde entspre­chend geändert.


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