Stürzt „kriti­sche Männ­lich­keit“ das Patriarchat?

Das Patri­ar­chat muss weg – darin sind sich viele einig. Die Frage ist nur: wie? Eine Antwort lautet „kriti­sche Männ­lich­keit“. Indem sich cis Männer mit ihrer eigenen Rolle im Patri­ar­chat beschäf­tigen, arbeiten sie auch an dessen Umsturz – so die Idee. Doch: Ist das ein wirk­samer Ansatz oder reine Nabel­schau der Privi­le­gien? Ein Thema, zwei Autor:innen, zwei Meinungen. 
Gehören die heroischen Männervorbilder auf den Scheiterhaufen der Geschichte? (Foto: Craig Mclachlan / Unsplash)

Ja!

Kriti­sche Männ­lich­keit ist Grund­lage für den Kampf gegen das Patriarchat.

Timo Krstin

Der Kampf gegen das Patri­ar­chat kann ohne cis Männer – und das heisst: Menschen, die sich selbst als solche verstehen – nicht geführt werden. Das hat eine einfache demo­gra­phi­sche Ursache. Denn auch wenn reprä­sen­ta­tive Stati­stiken darüber, wie viele Prozent der Welt­be­völ­ke­rung sich tatsäch­lich noch als cis Männer defi­nieren, nicht vorliegen, darf mensch davon ausgehen, dass es sich um keine kleine Gruppe handelt. Diese Gruppe stützt und perp­etu­iert heute das Patri­ar­chat in all seinen Ausprä­gungen und Herr­schafts­formen; sie ist das Patri­ar­chat.

Aber, und das ist der entschei­dende Punkt, diese Gruppe wird unter der mögli­chen Domi­nanz femi­ni­sti­scher, queerer und anderer anti­pa­tri­ar­chaler Bewe­gungen nicht einfach verschwinden. Männ­lich­keit existiert nicht nur als soziale Selbst­de­fi­ni­tion inner­halb einer patri­ar­chalen Ordnung – gewis­ser­massen als Herr­schafts­titel – sondern auch als echte Iden­tität; wenn man so will als ein Teil der Persön­lich­keit, der sich nicht beliebig ablegen oder igno­rieren lässt, beru­hend auf Prägung, Tradi­tion, Kultur.

Wichtig ist: Eine solche Iden­tität kann viel­leicht nicht ohne Weiteres abge­legt werden, aber sie lässt sich ändern oder sogar revo­lu­tio­nieren. Und zwar nach dem alten Marx­schen Prinzip (para­phra­siert): Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht absolut frei und aus dem Nichts schöp­fend, sondern auf Grund­lage vorge­fun­dener Gege­ben­heiten – also zum Beispiel geschlecht­li­cher Iden­ti­täten. Wer die Welt ändern will, muss mit diesen Iden­ti­täten umgehen und darf sie gerade nicht igno­rieren. Männ­lich­keit auszu­blenden, hiesse, die Revo­lu­tion nur idea­li­stisch zu postu­lieren, die gesell­schaft­li­chen Voraus­set­zungen der Herr­schafts­form Patri­ar­chat aber unan­ge­ta­stet zu lassen. Dies würde wahr­schein­lich in eine tief gespal­tene Gesell­schaft führen, sicher aber nicht in eine für alle bessere Zukunft.

Unter dem Begriff „kriti­sche Männ­lich­keit“ werden sehr unter­schied­liche soziale und poli­ti­sche Bewe­gungen zusam­men­ge­fasst. Daher ist es schwer, den Begriff zu defi­nieren. Eines ist aber den meisten dieser Strö­mungen gemeinsam: das Ziel, herkömm­liche Männ­lich­keits­ideale zu hinter­fragen und zu über­winden. Auf der poli­ti­schen Ebene sollen auf Männ­lich­keit basie­rende Macht- und Herr­schafts­struk­turen erkannt und auch zerstört werden, während es auf einer eher persön­li­chen Ebene oft um die Ausein­an­der­set­zung mit eigenen Verfeh­lungen als Mann oder dem eigenen Leid an falschem männ­li­chen Verhalten geht. Die meisten Gruppen kriti­scher Männ­lich­keit beziehen sich positiv auf den Femi­nismus und verstehen sich als Verbün­dete im anti­pa­tri­ar­chalen Kampf. Kritik soll nicht Selbst­zweck sein, sondern zu einer posi­tiven eman­zi­pa­to­ri­schen Praxis beitragen.


Die kriti­sche Männ­lich­keit nimmt die Ausgangs­be­din­gungen, die Existenz von cis Männern, ernst und versucht, sie zu revo­lu­tio­nieren bzw. in die Revo­lu­tion mitein­zu­be­ziehen. Damit schafft sie die Grund­lage dafür, dass anti­pa­tri­ar­chale Bewe­gungen im Kampf gegen das Patri­ar­chat nicht selbst unter­drücken müssen, sondern wirk­lich neue Formen des Mitein­ander erproben und ausloten können.

„Patri­ar­chaler Erfolg ist und war schon immer Schei­tern auf der ganzen Linie – aber mit Macht.“

– Timo Krstin, Redaktor bei das Lamm

Womit auch die Voraus­set­zung gegeben wäre, dass cis Männer eine wich­tige Erkenntnis anti­pa­tri­ar­chaler Bewe­gungen wirk­lich zu spüren bekommen: Das Patri­ar­chat schadet allen, auch jenen, die auf den ersten Blick davon profi­tieren – den Männern. Es schadet, weil es eine unge­sunde, auf Ausbeu­tung, Macht und verin­ner­lichten Tabus basie­rende Gesell­schafts­ord­nung ist, unter der frei­heits­lie­bende Menschen nur leiden können. Das Patri­ar­chat schadet, weil es gesell­schaft­li­chen, beruf­li­chen und eigent­lich jeden Erfolg als Sieg im Macht­kampf defi­niert.

Im Ergebnis folgt fast zwangs­läufig die Selbst­ver­let­zung: Patri­ar­chaler Erfolg im Beruf wird als hirn­lose Selbst­aus­beu­tung defi­niert, mit allen gesund­heit­li­chen Folgen bis hin zum früheren Tod. Patri­ar­chaler Erfolg in der Wirt­schaft heisst maxi­male Ausbeu­tung der Arbei­tenden mit fatalen Auswir­kungen auf die Gesell­schaft. Patri­ar­chaler Erfolg in der Politik führt zur Zerstö­rung von Welt und Umwelt, was uns heute nicht zum ersten Mal vor die Möglich­keit einer echten Selbst­ver­nich­tung stellt. Kurz: Patri­ar­chaler Erfolg ist und war schon immer Schei­tern auf der ganzen Linie – aber mit Macht.

„Sprach­lo­sig­keit ist die wirk­samste Waffe des Patri­ar­chats, denn sie unter­bindet jede weiter­füh­rende Kritik, ganz beson­ders jede Selbst­kritik, und beför­dert die Gewalt.“

– Timo Krstin, Redaktor bei das Lamm

Das müssen cis Männer lernen – und sie können es nur lernen, wenn ein wich­tiger Grund­pfeiler des patri­ar­chalen Systems ins Wanken kommt. Dieser Grund­pfeiler ist eine der patri­ar­chalen Macht inhä­rente Sprach­lo­sig­keit: Männer sollen Macher sein, nicht jammern, nicht klagen – in den Kampf ziehen, statt unnötig zu labern. (Das sind uralte Klischees, die nieder­ge­schrieben durchaus lächer­lich wirken. Aber wären sie nicht bis in die Gegen­wart wirksam, hätten wir kein Problem.) Gleich­zeitig ist Sprach­lo­sig­keit die wirk­samste Waffe des Patri­ar­chats, denn sie unter­bindet jede weiter­füh­rende Kritik, ganz beson­ders jede Selbst­kritik, und beför­dert die Gewalt.

Die kriti­sche Männ­lich­keit ist – nicht mehr, aber auch nicht weniger – die erklärte Feindin der Sprach­lo­sig­keit; unter diesem Aspekt der wich­tigste Ally im Kampf gegen das Patri­ar­chat, denn sie hat das Ziel, einen Raum zu öffnen, in dem die herkömm­liche cis Männ­lich­keit zu einer eigenen Sprache finden kann. Womit sich der stumme Grund­pfeiler des Patri­ar­chats in Worte auflöst – das System verpufft.

Das mag ein etwas abge­ho­benes Bild sein, sollte aber einleuchten, wenn man sich ansieht, was real existie­rende Gruppen unter dem Titel „kriti­sche Männ­lich­keit“ machen. Sie schaffen einen Raum, in dem Männer sich mit der Tatsache ausein­an­der­setzen können, dass sie selbst Teil des Problems sind – oft gerade dann, wenn sie sich ideo­lo­gisch schon immer als femi­ni­sti­sche Allies wahr­ge­nommen haben. Das nicht zu tabui­sieren, sondern zur Sprache zu bringen, ist einer der wich­tig­sten Beiträge, die cis Männer im Kampf gegen das Patri­ar­chat leisten können.

Auf einem Plakat­an­schlag in Zürich, der Mitglieder für eine Ausein­an­der­set­zung im Rahmen der kriti­schen Männ­lich­keit sucht, war vor Kurzem zu lesen: „Wir wachsen in einem sexi­sti­schen System auf, lernen es nicht anders, als uns sexi­stisch zu verhalten. Und unsere Privi­le­gien können wir auch nicht ohne Weiteres ablegen. Schuldig machen wir uns, wenn wir uns auf dieser Macht­po­si­tion ausruhen und uns nicht damit ausein­an­der­setzen.“

Man könnte in die etwas holprig formu­lierten Sätze den Versuch hinein­lesen, Männer doch noch zu Opfern zu machen – Opfer des Systems. Ein häufig erho­bener Vorwurf an die kriti­sche Männ­lich­keit. Statt jetzt schon wieder das Wort zu ergreifen, heisst es dann, sollten soli­da­ri­sche cis Männer lieber mal still sein und margi­na­li­sierte Gruppen spre­chen lassen. So verständ­lich dieses Bedürfnis ist, so sehr geht es der Logik des Patri­ar­chats auf den Leim, das aus Sprach­lo­sig­keit Gewalt und Unter­drückung formt.

Um dagegen anzu­kämpfen, braucht es cis Männer, die über ihre Verant­wor­tung als Täter im System spre­chen und dafür eine eigene Sprache entwickeln. Erst wenn diese Sprache besteht, kann es eine Kommu­ni­ka­tion geben, in der FLINTA-Personen wirk­lich spre­chen und gehört werden und nicht, wie es heute noch oft der Fall ist, als einsame Rufer:innen in der Wüste stehen, während cis Männer einfach still­schwei­gend weitermachen.

Nein!

Kriti­sche Männ­lich­keits­be­we­gungen machen echte Unter­drückung unsichtbar.

Anina Ritscher

Drei Jahre nach „MeToo“ kommen linke cis Männer mal wieder auf die Idee, dass auch sie Teil eines unter­drücke­ri­schen Systems sind. Zwar brauchte es dafür erst einige sexua­li­sierte Über­griffe in linken Räumen, etwa die heim­lich instal­lierten Kameras auf den Frau­en­toi­letten der Festi­vals Monis Rache und Fusion. Zuletzt entflammte die Debatte erneut nach dem Mord an einer jungen Engländerin.

Besser spät als nie, denken sich auch linke Männer in der Schweiz und wollen etwas tun. Daher spriessen seit einigen Jahren überall neue Gruppen aus dem Boden: Sie gründen Podien, Blogs, Perfor­mances und Gesprächs­runden zu „kriti­scher Männ­lich­keit“. Selbst inner­halb des Lamm-Kollek­tivs arbeitet neuer­dings ein Kreis aus kriti­schen Männern gegen den verin­ner­lichten Sexismus an.

Die Absicht ist ehrwürdig. Aber: Mitt­ler­weile ist es für diesen Ansatz mögli­cher­weise schon zu spät. Denn was in kritisch-männ­li­chen Kreisen zuweilen als revo­lu­tio­näre Praxis gilt, ist in Wahr­heit schon verstaubt. 

Den Ursprung haben selbst­kri­ti­sche Männerzirkel vermut­lich in der Sponti-Szene in der BRD der 80er-Jahre. Damals wollten Männer sich parallel zur femi­ni­sti­schen Bewe­gung mit Männ­lich­keit und ihrer Bedeu­tung für das Patri­ar­chat beschäf­tigen. Es gab Treffen, Zeit­schriften, Polit­gruppen zum Thema. 

Viele Texte von damals könnten heute fast unver­än­dert wieder veröf­fent­licht werden, denn die Probleme sind dieselben: Verge­wal­ti­gungen in linken Räumen, Queer­feind­lich­keit unter cis Männern und „neue Manns­bilder“. Im Fokus stand damals wie heute das Verhalten von Männern.

Die aktu­elle kritisch-männ­liche Bewe­gung wärmt diese Themen auf, ohne ihnen neue Perspek­tiven hinzu­zu­fügen. Dabei sind die Umstände heute ganz andere: Ursprüng­lich eman­zi­pa­to­ri­sche Begehren wurden im Zuge einer radi­kalen Markt­li­be­ra­li­sie­rung in den 80er-Jahren in die Logik der Kapi­tal­ver­wer­tung inte­griert und so in ihr Gegen­teil verkehrt. Was mit femi­ni­sti­schen Forde­rungen geschah, wider­fuhr auch den Männer­gruppen: Mitt­ler­weile kann man sich für 24 Franken ein Männer-Shirt kaufen mit dem Aufdruck Men of quality don’t fear equa­lity. Und späte­stens seit der Rasier­klin­gen­her­steller Gillette sich mit dem Kampf gegen „toxi­sche Männ­lich­keit“ brüstet, muss das Projekt als geschei­tert gelten.

Die Ausein­an­der­set­zung mit Männ­lich­keit muss sich diesen neuen Bedin­gungen anpassen, radi­kaler, wider­stän­diger und grund­sätz­li­cher werden, anstatt die alten Ideen neu aufzuwärmen.

In der aktu­ellen kritisch-männ­li­chen Bewe­gung passiert das Gegen­teil: Der Fokus liegt auf dem Indi­vi­duum und seinem toxisch-männ­li­chen Verhalten. So steht etwa auf dem Blog kritische-männlichkeit.de eine kritisch-männ­liche Praxis müsse „männ­li­ches Verhalten in den Mittel­punkt“ stellen und das Ziel verfolgen, „mehr Frei­heiten für Männer und einen besseren Umgang unter den Geschlech­tern zu ermöglichen“.

Das greift zu kurz.

„Es ist egal, wie gut die Absichten der Menschen sind, wie integer und rück­sichts­voll sie handeln. Denn die Logik der Kapi­tal­ver­wer­tung erzwingt die Vertei­di­gung toxi­scher und unkri­ti­scher Männ­lich­keit immer.“

– Anina Ritscher, Redak­torin bei das Lamm

Natür­lich ist es eine prima Aussicht, dass TINF-Personen ohne Angst nach Hause laufen können, wenn hinter ihnen ein kriti­scher Mann herläuft, der schnell die Stras­sen­seite wech­selt. Selbst­ver­ständ­lich ist es notwendig, dass Über­griffe im öffent­li­chen und privaten Raum adres­siert und bekämpft werden – und zwar insbe­son­dere von Männern. Es wäre auch gross­artig, wenn emotio­nale Arbeit in Unter­nehmen, der Familie, dem Freun­des­kreis gleich­mässig unter den Geschlech­tern aufge­teilt wäre. Das kann unser aller Leben ange­nehmer machen. 

Aber: Selbst­re­fle­xion ist nicht immer subversiv, sie kratzt nicht auto­ma­tisch an den unter­drückenden Struk­turen. Schäd­li­ches Verhalten von einzelnen Männern ist nämlich nur ein winziger Teil des Problems. Das viel grös­sere Problem ist die Tatsache, dass dieses Verhalten nicht nur Bedin­gung, sondern auch Resultat eines Wirt­schafts­sy­stems ist, das auf kompro­miss­losem Wett­kampf beruht. 

Im Kapi­ta­lismus geht es nicht um Moral. Es ist egal, wie gut die Absichten der Menschen sind, wie integer und rück­sichts­voll sie handeln. Denn die Logik der Kapi­tal­ver­wer­tung erzwingt die Vertei­di­gung toxi­scher und unkri­ti­scher Männ­lich­keit immer.

Diesen Wider­spruch kann ein Rede­zirkel zu kriti­scher Männ­lich­keit niemals auflösen, eher besteht die Gefahr, dass er so verwischt wird. Denn die Nabel­schau der eigenen Privi­le­gien kann im schlimm­sten Fall dazu führen, dass ihre Ursa­chen aus dem Blick geraten, dass sie unsichtbar werden. 

Wenn alle Männer zuvor­kom­mend, rück­sichts­voll, empa­thisch sind, wenn es keine sexua­li­sierten Über­griffe mehr gibt – dann ist das ein grosser Schritt in Rich­tung eines Lebens in Frei­heit und Sicher­heit für TINF. Aber: Wenn es nicht mehr derart alltäg­liche und einleuch­tende Beispiele gibt, um die Unter­drückung von TINF-Personen zu veran­schau­li­chen – existiert sie denn dann über­haupt noch?

Ja. Sie existiert weiterhin in den poli­ti­schen und den wirt­schaft­li­chen Struk­turen. Eigentum und Macht, Einfluss und Gewalt­mo­nopol werden weiterhin über­durch­schnitt­lich oft in den Händen von – neuer­dings kriti­schen und selbst­re­flek­tierten – Männern liegen. Nur sind diese Dinge schwerer zu greifen. 

„Kriti­sche Männ­lich­keit darf unter keinen Umständen eine Versöh­nung mit Männ­lich­keit anstreben, sondern muss eine ernst­ge­meinte Kampf­an­sage an sie und ihren ganzen wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Ratten­schwanz sein.“

– Anina Ritscher, Redak­torin bei das Lamm

Eine Theorie des Männ­lich­keits­for­schers Lothar Bönisch besagt: In der Moderne werden in unter­schied­li­chen Kontexten unter­schied­liche Erwar­tungen an Männer gestellt. In der Familie sollen sie etwa fürsorg­lich sein, im Unter­nehmen aber bestimmt auftreten. Bönisch spricht von „Modulen“ die je nachdem passend einge­setzt werden können.

Wenn diese Theorie zutrifft, ist kriti­sche Männ­lich­keit höch­stens die Verbes­se­rung einzelner Module, nicht aber die Infra­ge­stel­lung der Bauan­lei­tung oder gar des gesamten Bauka­stens. Es stimmt, dass poli­ti­sche Praxis fast immer nur eine Annä­he­rung an das Ideal sein kann – doch es muss allen Betei­ligten klar sein, wo die Arbeit hinzielt: Kriti­sche Männ­lich­keit darf unter keinen Umständen eine Versöh­nung mit Männ­lich­keit anstreben, sondern muss eine ernst­ge­meinte Kampf­an­sage an sie und ihren ganzen wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Ratten­schwanz sein.

Die Bewe­gung war übri­gens schon mal weiter: Die Zeit­schrift Männer­rund­brief, die in den 90er-Jahren aus der auto­nomen Bewe­gung in der BRD heraus entstand, verstand sich als radikal, pro-femi­ni­stisch und anar­chi­stisch. Die Zeit­schrift beschäf­tigte sich mit Themen wie Männ­lich­keit und Klasse oder Männer und Knast. 

Neben der Selbst­re­fle­xion einzelner Männer wäre es zudem beson­ders wichtig, dass mehr Forschung betrieben wird. Es gibt erst wenige fundierte Erkennt­nisse dazu, wie etwa männer­bünd­le­ri­sche Struk­turen zustande kommen, wie sie funk­tio­nieren und was das mit poli­ti­schen, psycho­lo­gi­schen, wirt­schaft­li­chen Struk­turen zu tun hat. Solche Erkennt­nisse müssten aber die Grund­lage einer Refle­xion sein, die über das eigene Empfinden hinausgeht.

Der ganze männ­liche Bauka­sten muss nicht nur kritisch begut­achtet, sondern komplett gesprengt werden. Die Verant­wor­tung dazu liegt aber nicht bei TINF-Personen. Männer sind verpflichtet, sich dem Thema Männ­lich­keit anzu­nehmen. Sie müssen sich nur ein wenig ausge­fuch­stere Konzepte überlegen.


Jour­na­lismus kostet

Die Produk­tion dieses Arti­kels nahm 28 Stunden in Anspruch. Um alle Kosten zu decken, müssten wir mit diesem Artikel CHF 1716 einnehmen.

Als Leser*in von das Lamm konsu­mierst du unsere Texte, Bilder und Videos gratis. Und das wird auch immer so bleiben. Denn: mit Paywall keine Demo­kratie. Das bedeutet aber nicht, dass die Produk­tion unserer Inhalte gratis ist. Die trockene Rech­nung sieht so aus:

Soli­da­ri­sches Abo

Nur durch Abos erhalten wir finan­zi­elle Sicher­heit. Mit deinem Soli-Abo ab 60 CHF im Jahr oder 5 CHF im Monat unter­stützt du uns nach­haltig und machst Jour­na­lismus demo­kra­tisch zugäng­lich. Wer kann, darf auch gerne einen höheren Beitrag zahlen.

Ihr unter­stützt mit eurem Abo das, was ihr ohnehin von uns erhaltet: sorg­fältig recher­chierte Infor­ma­tionen, kritisch aufbe­reitet. So haltet ihr unser Magazin am Leben und stellt sicher, dass alle Menschen – unab­hängig von ihren finan­zi­ellen Ressourcen – Zugang zu fundiertem Jour­na­lismus abseits von schnellen News und Click­bait erhalten.

In der kriselnden Medi­en­welt ist es ohnehin fast unmög­lich, schwarze Zahlen zu schreiben. Da das Lamm unkom­mer­ziell ausge­richtet ist, keine Werbung schaltet und für alle frei zugäng­lich bleiben will, sind wir um so mehr auf eure soli­da­ri­schen Abos ange­wiesen. Unser Lohn ist unmit­telbar an eure Abos und Spenden geknüpft. Je weniger Abos, desto weniger Lohn haben wir – und somit weniger Ressourcen für das, was wir tun: Kriti­schen Jour­na­lismus für alle.

Ähnliche Artikel