Für manche Parlamentarier*innen muss sich der Weg ins Bundeshaus am letzten Montag wie ein Spiessroutenlauf angefühlt haben. Denn die Klimabewegung stand den Politiker*innen auf dem Bundesplatz Spalier. Wobei: Von rechts der Mitte haben ohnehin nicht viele den Weg ins Bundeshaus gefunden.
Laut den Parlamentsdiensten haben sich von der Grünen 27 Parlamentarier*innen angemeldet, bei der SP waren es 24, bei den Grünliberalen neun. Von der Mittefraktion haben immerhin 14 Parlamentsmitglieder die Einladung zum Klimadialog angenommen. Bei der FDP waren es noch sieben. Bei der SVP sechs. Ob die angemeldeten Personen dann tatsächlich mit den Anwesenden übereinstimmten, kann der Parlamentsdienst jedoch nicht mit Sicherheit sagen. Klar ist aber: Rechts der Mitte war das Interesse an einem Klimadialog zwischen Politik und Wissenschaft bescheiden.
Wer war am Klimadialog: Von den verschiedenen Fraktionen haben sich folgende National- und Ständeräte mehr oder weniger verbindlich für den Klimadialog angemeldet:
- Michaël Buffat
- Jean-Pierre Grin
- Thomas Aeschi
- Hannes Germann
- Jacques Nicolet
- Albert Rösti
- Damien Cottier
- Johanna Gapany
- Petra Gössi
- Laurent Wehrli
- Matthias Michel
- Isabelle Moret
- Andri Silberschmidt
- Marianne Binder-Keller
- Pirmin Bischof
- Isabelle Chassot
- Charles Juillard
- Philipp Kutter
- Marianne Maret
- Leo Müller
- Benjamin Roduit
- Marie-France Roth Pasquier
- Martin Candinas
- Marco Romano
- Judith Bellaiche
- Thomas Brunner
- Katja Christ
- Beat Flach
- Michel Matter
- François Pointet
- Melanie Mettler
- Barbara Schaffner
- Jörg Mäder
- Matthias Aebischer
- Elisabeth Baume-Schneider
- Samuel Bendahan
- Brigitte Crottaz
- Laurence Fehlmann Rielle
- Pierre-Alain Fridez
- Baptiste Hurni
- Pierre-Yves Maillard
- Ada Marra
- Min Li Marti
- Samira Marti
- Nadine Masshardt
- Martina Munz
- Roger Nordmann
- Gabriela Suter
- Roberto Zanetti
- Emmanuel Amoos
- Valérie Piller-Carrard
- Ursula Schneider Schüttel
- Bruno Storni
- Edith Graf-Litscher
- Jon Pult
- Claudia Friedl
- Mattea Meyer
- Andrey Gerhard
- Badertscher Christine
- Baumann Kilian
- Clivaz Christophe
- Egger Kurt
- Fabien Fivaz
- Irène Kälin
- Delphine Klopfenstein Broggini
- Raphaël Mahaim
- Lisa Mazzone
- Katharina Prelicz-Huber
- Stefania Prezioso Batou
- Valentine Python
- Franziska Ryser
- Marionna Schlatter
- Adèle Thorens Goumaz
- Céline Vara
- Nicolas Walder
- Manuela Weichelt
- Regula Rytz
- Michael Töngi
- Gerhard Andrey
- Isabelle Pasquier-Eichenberger
- Sibel Arslan
- Maya Graf
- Balthasar Glättli
- Mathias Zopfi
Das ist wenig überraschend. Schon bei den Verhandlungen zum gescheiterten CO2-Gesetz gab es von links bis und teilweise auch mit der FDP einen gemeinsamen Nenner: Wir brauchen ein CO2-Gesetz. Selbstredend, dass man sich je nach Parteizugehörigkeit nicht ganz einig darüber war, was in diesem Gesetz drinstehen sollte. Aber die einzigen, die augenscheinlich lieber einfach gar kein Gesetz hätten, als gemeinsam eines auszuarbeiten, sind die Vertreter*innen der SVP.
Seit 15 Jahren das Gleiche
Drei Stunden lang präsentierten Wissenschaftler*innen und Verfasser*innen der Berichte des Weltklimarates und des Weltbiodiversitätsrates die neuesten Erkenntnisse und standen den Politiker*innen für Fragen zur Verfügung. Wie hängen Klima und Biodiversität zusammen? Was sind die Folgen der globalen Erwärmung? Welche Anpassungen müssen dringend getroffen werden? Was sind die Folgen für die Gesellschaft?
Unwillkürlich fühlte ich mich in meine Studienzeiten zurückversetzt. Nicht nur, weil auch im Nationalratssaal die Hälfte der Stühle leer blieben, sondern auch inhaltlich. 2008 habe ich mein Studium der Umweltnaturwissenschaften abgeschlossen. Dass die Vortragenden auch zwei Jahrzehnte später immer noch dasselbe erzählen müssen, ist, gelinde gesagt, deprimierend.
Vor allem, weil es sich bei den hier Zuhörenden nicht um Studierende handelt, sondern um Menschen, die den klimapolitischen Kurs der Schweiz massgeblich mitbeeinflussen. Ist es also sinnvoll, immer wieder über das Klima zu reden und Fakten, die längst allen bekannt sein sollten, zu wiederholen? Sicher: Schaden kann es nicht.
Verteilungsfrage Klima
Aber eines bräuchte es meiner Meinung nach noch viel dringender, um in der Klimapolitik endlich voranzukommen: Umverteilung. Denn schlussendlich sind es die finanziellen Sorgen der Stimmbevölkerung, die von der SVP immer wieder instrumentalisiert werden können, um jegliche Gesetzgebung zum Schutz unserer natürlicher Lebensgrundlagen vor dem Volk zum Scheitern zu bringen.
Ein paar Beispiele: Ölheizungen ersetzen? Viel zu teuer! Denkt doch auch mal an die Armen. Die Landwirtschaft so betreiben, dass wir die Böden weder auslaugen noch vergiften? Unmöglich: Bioerdbeeren kann sich die alleinerziehende Mutter nicht leisten! Russisches Erdöl boykottieren? Geht’s noch! Wie sollen denn die Wenigverdienenden zur Arbeit kommen?
Dass die Massnahmen gegen die Klimakrise etwas kosten werden, ist klar. Dass das gerade für kleinere Portemonnaies kein Sonntagsspaziergang wird, auch. Trotzdem ist es schlichtweg überlebensnotwendig, dass wir endlich Gesetze erlassen, die sicherstellen, dass wir unsere Lebensgrundlagen nicht vollends zerstören.
Der Elefant im Raum könnte nicht grösser sein: Wir können all diese richtigen und wichtigen gesellschaftlichen Veränderungen nicht angehen, weil die Armen arm sind. Oder noch genauer: weil die Reichen reich sind. Denn nicht nur das Aufnahmepotential der Erdatmosphäre für CO2 ist eine begrenzte Ressource, die es fair zu verteilen gilt, sondern auch Geld, Boden, Wasser oder Mobilität. Kurz: Privilegien und Wohlstand.
Die immer grösser werdende Kluft zwischen Arm und Reich trägt massgeblich dazu bei, dass wir auf gesetzlicher Ebene nicht vorankommen im Klimaschutz. Denn Ungleichverteilung macht zurecht wütend und Wut kann instrumentalisiert werden.
Bleibt die Frage, wieso wir dann nichts gegen die zunehmende Ungleichverteilung tun? Die Massnahmen wären bekannt: höhere Erbschaftssteuer, mehr Konzernverantwortung, eine 1:12-Initiative oder auch die Einschränkung der Vermieter*innen, die den Leuten monatlich grundsätzlich so viel Geld aus der Tasche ziehen können, wie sie wollen. Die Antwort: weil es die verhindern, die weder an einem Klimadialog mit der Wissenschaft noch an griffigen Klimaregeln interessiert sind.
Das Parlament wird zum Klimadialog eingeladen: Wer wird hingehen?
Hungerstreik fürs Klima: „Wir haben gewonnen“
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