Entwöhnt und abge­stillt? Hier sind fünf vegane Alter­na­tiven zu Kuhmilch

Die Milch­wer­bung hat in den letzten Jahr­zehnten ganze Arbeit gelei­stet. Dass es nicht ohne Kuhmilch geht, scheint bei vielen Menschen tief im Bewusst­sein veran­kert zu sein. Dennoch wenden sich selbst im Milch­land Schweiz immer mehr Leute von diesem „Kulturgut“ ab. Doch was gibt es eigent­lich für Alternativen? 
Wer Hanfmilch trinkt, erlebt keinen Milchrausch, weil legal anbaubares Nutzhanf ohne THC verwendet wird. (Foto: Mike Halsall)

Die Schwei­ze­rInnen machen Probleme. Sie ernähren sich nicht wie erwünscht. Gemäss einer Studie im Auftrag des Bundes­amts für Lebens­mit­tel­si­cher­heit und Vete­ri­när­wesen (BLV) und des Bundes­amts für Gesund­heit (BAG) konsu­mieren Schwei­ze­rInnen zu wenig Milch­pro­dukte: Nur zwei statt der empfoh­lenen drei Portionen pro Tag.

Die Ernäh­rungs­emp­feh­lung von drei Portionen pro Tag, welche die Forsche­rInnen der Uni Lausanne als Refe­renz­wert verwen­deten, stammt von der Schwei­ze­ri­schen Gesell­schaft für Ernäh­rung (SGE), die Behörden in Gesund­heits­fragen berät. Finan­ziert wird die SGE von Gönnern wie Emmi, Danone, Unilever, Nestlé, Migros und Coop, die bekannt­lich den einen oder anderen Franken in der Milch­in­du­strie verdienen.

Selbst mit diesem „zu wenig“ ist der Milch­konsum von Schwei­ze­rInnen im inter­na­tio­nalen Vergleich immer noch sagen­haft hoch. In Form von Frisch­milch, Joghurt, Butter oder Käse konsu­miert jede Person jähr­lich rund 250kg Milch­pro­dukte. Dank der durch den Bund und daher mit Steu­er­gel­dern mitfi­nan­zierten Milch­wer­bung betrachten viele Kuhmilch offenbar immer noch als wich­tiges Lebenselixier.

Alles, aber bitte keine bio-vegane Landwirtschaft

Kuhmilch ist in erster Linie Mutter­milch: ohne Kälber, keine Milch. Deshalb nützt es nichts, wenn wir hierfür im Heuhaufen nach einer schö­neren Sprache suchen. Selbst bei Bio-Milch­kühen ist es unab­dingbar, dass sie dauer­be­samt werden, dauer­schwanger sind und ohne Mutter-Kind-Bezie­hung leben – bis ihre Milch­lei­stung nach­lässt und sie per Bolzen­schuss betäubt in die ewigen Jagd­gründe entlassen werden.

Zu den ethi­schen Bedenken kommt hinzu, dass unsere land­wirt­schaft­liche Boden­nut­zung aufgrund der Milch­wirt­schaft absurde Züge trägt. Gras­land, daran erin­nert die Milch­lobby andau­ernd, gibt es in der Schweiz viel. Acker­land hingegen ist ein rares Gut. Dementspre­chend sinn­voll sollte es genutzt werden. Fast die Hälfte des Acker­lands wird aber für den Anbau von Tier­futter verschwendet. Im Ausland kommen noch einmal rund 250’000 ha Acker­land für den Anbau von Futter­mittel hinzu.

Ehe man sich von einer dysto­pisch anmu­tenden globalen bio-veganen Land­wirt­schaft fürchtet, sollte einem erst einmal der Status quo Sorgen bereiten. Wem er das tut, der hat verschie­dene Möglich­keiten. Der Begriff „Milch“ ist recht­lich geschützt und für „das ganze Gemelk der dazu geeig­neten Säuge­tiere“ vorbe­halten. Deshalb wird im Folgenden der Begriff „Milch“ verwendet.

Soja­milch

In China werden Soja­bohnen bereits seit 2000 Jahren zu Soja­milch verar­beitet. Die Soja­milch im Super­markt stammt jedoch aus euro­päi­schem Anbau und nicht aus China oder Südame­rika wie das Kraft­futter. Ein Liter Soja­milch kommt nur auf rund einen Fünftel des Wasser­ver­brauchs und des CO2-Ausstosses eines Liters Kuhmilch.

Soja­milch hat ähnliche Eigen­schaften wie Kuhmilch und lässt sich sogar aufschäumen. Soja enthält wie Eigelb und Kuhmilch den natür­li­chen Emul­gator Leci­thin. Deshalb lassen sich mit ihr Saucen binden und Kuchen backen. Soja eignet sich zudem auch für Soja­sahne, ‑joghurt, ‑marga­rine oder ‑eiscreme.

Soja­milch liefert weniger Kalzium als Kuhmilch, aber in etwa gleich viel Eiweiss; und sie ist reich an Folsäure. Kalzium lässt sich zum Beispiel über grünes Gemüse kompen­sieren. Sie pur zu trinken, ist Geschmacks­sache. Die einen schätzen den Geschmack, den anderen schmeckt Soja­milch zu pene­trant nach Bohnen.

Hafer­milch

Geschmack­lich weniger umstritten ist Hafer­milch. Aufgrund der Verzucke­rung der Stärke besitzt Getrei­de­milch eine natür­liche Süsse, weshalb sie gerne pur oder im Kaffee getrunken wird. Für zucker­armes Gebäck muss ein Schuss Öl der Emul­sion nach­helfen. Aufschäumen lässt sich Getrei­de­milch nicht gut. Dafür kann sie mit Vitaminen, Mine­ra­lien und Spuren­ele­menten punkten. Zudem enthält Hafer­milch kein Chole­sterin, ja sie hat sogar chole­ste­rin­sen­kende Eigenschaften.

Für Hafer­milch spricht über­dies, dass sie aus regio­nalem Anbau stammen kann. Da es sich bei Hafer um eine heimi­sche und anspruchs­lose Pflanze handelt, ist Hafer­drink eine der nach­hal­tig­sten Milch­al­ter­na­tiven. Geschmack, Preis und Nach­hal­tig­keit? Hafer­milch kann überall punkten.

Und wer Verpackung und Plastik­müll sparen möchte, kann Hafer­milch auch unkom­pli­ziert selbst herstellen. Dazu einfach eine Tasse Hafer­flocken mit einem Glas Wasser pürieren, bis eine homo­gene Mischung entsteht. Anschlies­send einen weiteren Liter Wasser hinzugeben.

Hanf­milch

Im Gegen­satz zur Schweiz ist in Gross­bri­tan­nien die Hanf­milch bereits weit verbreitet. Hanf ist eine anspruchs­lose Kultur­pflanze, gedeiht auf fast allen Böden, in Berg­lagen, und ist schäd­lings­re­si­stent. Hanf­milch weist einen hohen Anteil an Omega-3- und Omega-6-Fett­säuren auf und liefert neben Vitaminen, Eisen und Kalzium alle essen­zi­ellen Amino­säuren zum Eiweiss­aufbau. Sie schmeckt leicht nussig.

Mit rund 4.50 Franken pro Liter ist Hanf­milch aktuell noch eine der teuer­sten Kuhmilch­al­ter­na­tiven. Grund­sätz­lich ist jede Pflan­zen­milch etwas teurer als Kuhmilch. Subven­tionen und Preis­druck auf Kosten von Mensch und Tier sind aber erfah­rungs­ge­mäss auch nicht gratis.

Nuss­milch

Aus Mandeln gewon­nene Milch wurde bereits im Mittel­alter getrunken. Mandel­milch und Nuss­milch allge­mein kann überall dort einge­setzt werden, wo zuvor Kuhmilch verwendet wurde. Im Geschmack ist sie mild, leicht nussig und recht süss. Aber Achtung: Mandeln brau­chen viel Wasser, die Anbau­ge­biete liegen in trockenen Regionen und die Trans­port­wege sind lang. Aus ökolo­gi­scher Sicht ist sie also kein guter Kuhmilchersatz.

Wer aber wegen der Vitamine, Mine­ra­lien (Magne­sium, Eisen, Kalium, Zink) und der unge­sät­tigten Fett­säuren nicht auf Nuss­milch verzichten will, sollte auf Hasel­nuss­milch setzen. Sie ist aus ökolo­gi­scher Sicht Mandel‑, Cashew- und Maca­da­mi­amilch vorzu­ziehen. Und: Hasel­nuss­milch lässt sich eben­falls leicht selbst herstellen. Die Nüsse werden dazu einge­weicht, mit Wasser püriert und der Nuss­brei anschlies­send gesiebt.

Lupi­nen­milch

Der Eiweiss­ge­halt von Lupinen liegt bei rund 40% und damit sogar über dem Niveau der Soja­bohne. Lupi­nen­milch könnte Soja deshalb in Zukunft als „Soja des Nordens“ ablösen. Der Anbau benö­tigt fünf Mal weniger Fläche als die Haltung von Kühen. Durch ihre stick­stoff­bin­denden Wurzeln rege­ne­rieren Lupinen zudem die Böden.

Arm an Kalo­rien und Kohlen­hy­draten, liefert sie viele Mine­ral­stoffe wie Kalium, Magne­sium, Kalzium und Eisen. Lupi­nen­pro­teine sind geschmacks­neu­tral und ebenso wie Soja emul­gier­fähig. Pur schmeckt Lupi­nen­milch sahnig-süss.

Was bringt die Zukunft?

Ripple Foods, ein Start-Up mit Sitz in Silicon Valley, hat im Jahr 2016 eine Kuhmilch­al­ter­na­tive aus gelben Erbsen auf den US-ameri­ka­ni­schen Markt gebracht. Milch aus Erbsen ist kalzium- und prote­in­reich, enthält kaum Zucker und wenig Kalo­rien. Erbsen­milch benö­tigt 98% weniger Wasser in der Herstel­lung als Kuhmilch. Die Erbsen bezieht Ripple Foods von weither — aus Frank­reich. Deshalb wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis Erbsen­milch auch in Europa auf den Markt kommt.


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