Kreml vs. Info (2/2)

Die russi­sche Regie­rung verbreitet seit dem Euro­maidan 2013 Desin­for­ma­tion über das Geschehen in der Ukraine. Eine Analyse der staat­li­chen Bericht­erstat­tung zeigt: Ab Juli 2021 eska­liert die Rhetorik des Kremls zunehmend. 
"Nach dem Eröffnungsschuss mit Putins Artikel im Juli nahm das Niveau der Feindseligkeit und Aggression im kremlfreundlichen Desinformationsuniversum ab Ende Oktober stark zu." (Illustration: Iris Weidmann)

Der erste Teil dieses Arti­kels geht auf die russi­sche Propa­ganda rund um das Geschehen in der Ukraine nach dem Euro­maidan 2013 ein. 

Zwei Wochen vor dem russi­schen Einmarsch in die Ukraine schreibt Tass, eine der grössten staat­li­chen Nach­rich­ten­agen­turen Russ­lands, in einem Artikel: „Mehr als 130 Massen­gräber mit Zivi­li­sten, die während der ukrai­ni­schen Aggres­sion getötet wurden, sind in der Donezker Volks­re­pu­blik gefunden worden.“

Schon 2014 schrieb die Ross­ijs­kaja Gaseta, das Amts­blatt der russi­schen Regie­rung, von „schreck­li­chen Funden“ in der Region Donezk, die auf einen „Völker­mord“ hindeuten würden.

Zwischen dem Artikel vom 11. Februar 2022 und demje­nigen vom 25. September 2014 liegen sieben­ein­halb Jahre. Inner­halb dieser Zeit führt die russi­sche Desin­for­ma­ti­ons­kam­pagne die falsche Behaup­tung eines „Geno­zids“ im Donbass immer wieder ins Feld.

Der Vorwurf gleicht stets demselben Muster: Ohne Beweise oder veri­fi­zier­bare Quellen vorzu­legen, wird behauptet, die in Kiew regie­rende „faschi­sti­sche Junta“, die sich 2014 an die Macht geputscht habe, sei dabei, eine „ethni­sche Säube­rung“ durchzuführen. 

Mit der Behaup­tung, ein Genozid stünde kurz bevor, recht­fer­tigt der Kreml mili­tä­ri­sche Mass­nahmen auf ukrai­ni­schem Staats­ge­biet, um den angeb­li­chen Völker­mord zu verhin­dern. Seit dem Euro­maidan 2013 verbreiten die russi­sche Regie­rung, ihre staat­li­chen Nach­rich­ten­agen­turen und Netz-Trolle solche Falsch­in­for­ma­tionen über das Geschehen in der Ukraine. Laut der Platt­form EUvsDis­info des Euro­päi­schen Auswär­tigen Dien­stes wurde die Ukraine seit 2015 in 13’500 unter­suchten Fällen kreml­freund­li­cher Desin­for­ma­tion 52’000 Mal erwähnt.

Seit Beginn der Inva­sion am 24. Februar 2022 ist Desin­for­ma­tion für die russi­sche Regie­rung nun ein noch wich­ti­geres Mittel als zuvor. Wie genau funk­tio­niert diese Stra­tegie und welche Ziele verfolgt der Kreml damit?

Putins Artikel als Startschuss

Die neuste Welle von Desin­for­ma­tion trat mit einem Artikel Vladimir Putins mit dem Titel „Über die histo­ri­sche Einheit von Russen und Ukrai­nern“ los. Er erschien im Juli 2021 auf der Website des Kremls sowie in den staat­li­chen Nach­rich­ten­agen­turen und handelt von der angeb­lich histo­ri­schen Einheit zwischen Russ­land und der Ukraine.

In einem Paper für das EU-nahe Institut zur Bekämp­fung Hybrider Kriegs­füh­rung Hybrid CoE im Januar 2022 schreibt der Desin­for­ma­ti­ons­for­scher Jakub Kalenský: „In seinem Artikel behauptet der russi­sche Präsi­dent, dass eine unab­hän­gige Ukraine ein ‚anti­rus­si­sches Projekt‘ sei, das von ‚west­li­chen Autoren‘ konstru­iert wurde.“ Und weiter: „Putin macht die Regie­rung in Kiew verant­wort­lich für den ‚Bürger­krieg‘ (eigent­lich der russi­sche Krieg gegen die Ukraine) und die 13’000 Opfer – Menschen, die gestorben sind aufgrund der russi­schen Aggres­sion gegen die Ukraine.“

In seinem Artikel schreibt Putin ausserdem, dass die Schaf­fung eines „ethnisch rein ukrai­ni­schen Staates“ vergleichbar sei mit dem Gebrauch von Massen­ver­nich­tungs­waffen gegen Russland.

Der Kreml liess 2014 die Krim besetzen, unter­stützte die Sepa­ra­ti­sten im Donbass sowohl mili­tä­risch als auch indem er eigene Truppen und Spezi­al­ein­heiten dorthin entsandte und entfachte so den Krieg mit ukrai­ni­schen Frei­wil­li­gen­ba­tail­lonen und der ukrai­ni­schen Armee. Nichts­de­sto­trotz stellte die russi­sche Propa­ganda den Krieg in der Ostukraine stets als eine ukrai­ni­sche Ange­le­gen­heit dar. Dieser Darstel­lung kamen teil­weise auch Deutsch­land und Frank­reich auf offi­zi­eller Ebene nach. So liessen sie etwa zu, dass Russ­land in den am 12. Februar 2015 unter­schrie­benen Minsker Abkommen nicht als Kriegs­partei bezeichnet wurde.

Russ­land sei an krie­ge­ri­schen Ausein­an­der­set­zungen in der Ukraine nicht betei­ligt – diese verfälschte Darstel­lung ist bis zum Beginn der Inva­sion am 24. Februar 2022 Basis der russi­schen Desin­for­ma­ti­ons­kam­pagne über die Ukraine.

Im Herbst 2021 nimmt diese immer aggres­si­vere Züge an. Zu diesem Zeit­punkt beginnen die Vertreter:innen des Kremls und die ihnen nahe­ste­henden Medien, der Ukraine das Existenz­recht abzusprechen.

So sagt beispiels­weise der stell­ver­tre­tende Vorsit­zende des russi­schen Parla­ments, Pyotr Tolstoy, am 16. Oktober 2021 gegen­über dem in Besitz von Gazprom stehenden und somit faktisch staat­li­chen Sender NTW: „Die Ukraine gibt es seit Langem nicht mehr. Donezk und Luhansk sind russisch. Und die gesamte Ukraine wird ein Teil Russ­lands sein. Es wird keine Ukraine geben.“ Bereits diese Beiträge ebnen den Weg für die spätere Inva­sion Putins in der Ukraine.

Jakub Kalenský schreibt dazu: „Nach dem Eröff­nungs­schuss mit Putins Artikel im Juli nahm das Niveau der Feind­se­lig­keit und Aggres­sion im kreml­freund­li­chen Desin­for­ma­ti­ons­uni­versum ab Ende Oktober stark zu. Sowohl im Bereich der „öffent­li­chen Diplo­matie“ als auch in der Medienlandschaft.“

Genozid und Nazis

In dieser Zeit häufen sich die Anschul­di­gungen gegen­über der NATO, dass sie schon jetzt in der Ukraine aktiv sei und dass der „Westen“ perma­nent die roten Linien Russ­lands über­schreite. Der russi­sche Auslands­nach­rich­ten­dienst SWR beschul­digt Ende November die USA, eine Eska­la­tion in der Ukraine zu provo­zieren und stellt die Berichte um einen russi­schen Mili­tär­auf­marsch als Lüge dar. 

Auch die Genozid-Behaup­tung taucht in dieser Zeit wieder vermehrt in staat­li­chen Medien auf. Im Sommer 2021 schon bezich­tigen russi­sche Staats­me­dien die ukrai­ni­sche Regie­rung des Geno­zids, da sie die Bewohner:innen der von Russ­land annek­tierten Halb­insel Krim vom Wasser­zu­fluss ausschliessen würde. Die Ukraine plane ein zweites Srebre­nica, so die Behaup­tung des Kremls.

Die russi­sche Propa­ganda macht vom Genozid-Begriff in verschie­denen Kontexten Gebrauch und wendet ihn auf Gebiete wie den Donbass oder die Krim an, die schon seit 2014 nicht mehr unter ukrai­ni­scher Kontrolle stehen. Dies veran­schau­licht die Willkür des Vorwurfs. Die seit 2014 von ukrai­ni­schen Studie­renden geführte Platt­form Stopfake.org argu­men­tiert darüber hinaus, dass es indes die russi­sche Seite sei, die für die huma­ni­täre Kata­strophe im Donbass verant­wort­lich ist, die ein Bevöl­ke­rungs­schwund von 50 Prozent nach sich zog.

EUvsDis­info zufolge wird in den drei Monaten vor dem Einmarsch in die Ukraine der Begriff „Genozid“ in den Staats­me­dien um 509 Prozent öfters verwendet als zuvor.

Ein anderer Begriff, der in dieser Zeit häufig genannt wird: „Nazi“. In Kiew herr­sche ein „Neonazi-Regime“, der „Westen“ rüste in der Ukraine Nazis aus, die gegen die russisch­spra­chige Bevöl­ke­rung kämpfen. 290 Prozent öfter als zuvor erscheint der „Nazi“-Begriff in den drei Monaten vor der Inva­sion in den Staatsmedien.

Der Nazi-Vorwurf der Propa­ganda- und Desin­for­ma­ti­ons­kam­pagne ist nicht komplett an den Haaren herbei­ge­zogen. Es gibt tatsäch­lich rechts­extreme Batail­lone, etwa Aidar oder Asow, die 2014 entstanden, um gegen die russi­schen Truppen und prorus­si­schen Sepa­ra­ti­sten im Donbass zu kämpfen.

Das inter­na­tional bestens vernetzte Asow-Bataillon rekru­tierte seit 2014 Neonazis aus verschie­denen Ländern für den Kampf gegen die von Russ­land einge­setzten Sepa­ra­ti­sten im Donbass. Auf dieses Netz­werk wird heute wieder zurück­ge­griffen und Neonazis aus verschie­denen Ländern mobi­li­sieren für den Kampf gegen die russi­sche Armee, wie Recher­chen von Zeit Online zeigen.

Das Asow-Bataillon ist mitt­ler­weile in die Natio­nal­garde einge­glie­dert und unter­steht dem ukrai­ni­schen Innen­mi­ni­ste­rium. Darüber hinaus agiert Asow als Bewe­gung, die die ukrai­ni­sche und euro­päi­sche Politik und Gesell­schaft nach rechts verschieben will und sich gegen die libe­rale Demo­kratie und Gleich­be­rech­ti­gung einsetzt. Das offi­zi­elle Logo des Asow-Batail­lons bestand bis 2015 aus NS- und SS-Symbolen.

Einer der Gründe für den Einfluss von Rechts­extremen in der Vertei­di­gung liegt darin, dass sie 2014 als Frei­wil­li­gen­ba­tail­lone die damals schwache ukrai­ni­sche Armee unter­stützen und dadurch vorüber­ge­hend ein Vakuum füllen konnten. Heute ist die ukrai­ni­sche Armee jedoch viel besser ausge­stattet als damals. Die Asow-Gruppe macht Expert:innen zufolge mit 2500 Kämpfer:innen einen kleinen Teil der 450’000 ukrai­ni­schen Soldat:innen aus. Die Asow-Kämpfer:innen fallen jedoch durch ein gestei­gertes Sende­be­wusst­sein auf und setzen sich medi­en­wirksam in Szene.

2014 funk­tio­nierte die Kreml-Propa­ganda, da sie an eine Wahr­heit anknüpfte. Heute jedoch wird diese bis ins Unkennt­liche verzerrt und verdreht. Die Rechts­extremen sind zwar eine reale Kraft – poli­tisch jedoch eine Rand­er­schei­nung. Bei den letzten Parla­ments­wahlen 2019 holte die rechts­extreme Partei „Svoboda“, die eine Wahl­al­lianz mit der Asow-nahen Partei „Natio­nal­korps“, dem „Rechten Sektor“ und weiteren natio­na­li­sti­schen Parteien einging, ledig­lich 2.4 Prozent. Die Mehr­heit der im Parla­ment und in der Regie­rung vertre­tenen poli­ti­schen Parteien verfolgt einen pro-euro­päi­schen, wirt­schafts­li­be­ralen und gesell­schafts­po­li­tisch mittigen Kurs. 

Fokus­sierte die russi­sche Propa­ganda 2014 noch explizit auf einzelne rechts­extreme Gruppen wie Asow und verwen­dete dabei oft den Begriff „faschi­stisch“, der anschliesst an den „Grossen Vater­län­di­schen Krieg“ der Sowjet­union gegen Nazi-Deutsch­land, wird dies heute auf die gesamte poli­ti­sche Führung des Landes über­tragen. Dass das „Neonazi-Regime“ einen „Genozid“ im Donbass durch­führe, ist nicht mehr Propa­ganda, die an einen wahren Kern anknüpft, sondern schlichte Desinformation.

Die Behaup­tung lenkt den Blick zudem weg von den mit der russi­schen Regie­rung verban­delten Neonazis. So soll etwa die rechts­extreme Wagner-Gruppe, die schon in Syrien und Libyen aktiv war, Medi­en­be­richten zufolge nun mit mehreren Tausend Söld­nern in der Ukraine operieren. Deren Gründer Dmitri Utkin – ein Verehrer von Wehr­macht, SS und Natio­nal­so­zia­lismus – wurde 2016 im Kreml beim „Tag der Helden des Vater­landes“ mit einem Tapfer­keits­orden ausge­zeichnet und liess sich mit Putin fotografieren.

Zahl­reiche weitere rechts­extreme Gruppen sind auf russi­scher und prorus­si­scher Seite im Donbass aktiv. Einige von ihnen sind nun betei­ligt an der vermeint­li­chen „Entna­zi­fi­zie­rung“ der Ukraine, die Putin in seinen Reden als Recht­fer­ti­gung für die „Spezi­al­ope­ra­tion“ in der Ukraine nennt.

Zensur und Trolle

Nachdem die russi­sche Medi­en­auf­sichts­be­hörde einige Tage nach Kriegs­be­ginn unab­hän­gigen Medien verboten hatte, den Krieg gegen die Ukraine als „Krieg“ oder „Inva­sion“ zu benennen, stimmte die Staats­duma am 4. März verschie­denen Geset­zes­an­pas­sungen zu, die es Journalist:innen verbieten, „unwahre Infor­ma­tionen über die Tätig­keit der Streit­kräfte der Russi­schen Föde­ra­tion“ in der Öffent­lich­keit zu verbreiten. Darunter fallen auch Demon­stra­ti­ons­pla­kate, auf denen zum Beispiel das Wort „Krieg“ steht.

Wer gegen das Gesetz verstösst, riskiert eine Busse oder eine Frei­heits­strafe von bis zu 15 Jahren. Welche konkreten Vergehen wie stark bestraft werden, steht nicht im Gesetz, weshalb mit einer will­kür­li­chen Ausle­gung zu rechnen ist.

Damit wird unab­hän­gige Bericht­erstat­tung in Russ­land quasi verun­mög­licht und die Pres­se­frei­heit abge­schafft. Mehrere euro­päi­sche und ameri­ka­ni­sche Nach­rich­ten­agen­turen wie BBC, CNN, ARD, RAI und SRF stellten nach Bekannt­gabe des Entscheids ihren Betrieb in Russ­land ein. ARD und ZDF berichten mitt­ler­weile wieder aus Moskau, jedoch führen die beiden öffent­lich-recht­li­chen Sender ihre Kriegs­be­richt­erstat­tung von Warschau aus fort.

Einige unab­hän­gige russi­sche Medien wurden wegen ihrer kriti­schen Haltung zum Krieg von den russi­schen Behörden gesperrt. Andere, wie etwa die Novaya Gazeta berichten weiter, jedoch unter Zensur. Doch die Kontrolle der Medien ist nicht die einzige Mass­nahme, um die öffent­liche Meinung über den Krieg zu steuern.

Unter dem Namen „Agentur für Internet-Forschung“ beschäf­tigt der Kreml mehrere Hundert Mitarbeiter:innen, die auch als „Troll-Armee“ bezeichnet werden. Unter erfun­denen Iden­ti­täten verbreiten zahl­reiche gefälschte Profile prorus­si­sche Kommen­tare und Posts in verschie­denen Spra­chen in den Sozialen Medien. So war eine Mehr­heit der Kommen­tare im deutsch­spra­chigen Netz mit dem 2014 einset­zenden Krieg in der Ostukraine russ­land­freund­lich, obschon die Umfra­ge­werte dem wider­spra­chen, wie die Süddeut­sche Zeitung SZ 2014 recher­chierte.  

Zu Beginn der Inva­sion im Februar 2022 nahmen russi­sche Trolle die Kommen­tar­spalten von Medi­en­por­talen im Ausland ins Visier – so wie in den Jahren seit 2014 üblich. So wurde beispiels­weise der Face­book-Account der Frank­furter Rund­schau im Februar von über 10’000 prorus­si­schen Kommen­taren über­flutet. Face­book hat ein Limit bestimmt für die Anzahl Kommen­tare, die pro Tag gelöscht werden können. Dies verun­mög­lichte es der FR, alle Beiträge von der Seite zu entfernen.

Desin­for­ma­ti­ons­for­scher vermuten, dass nun viele der russi­schen Trolle nach Russ­land und in die Ukraine zurück­ge­leitet wurden, um einer­seits den innen­po­li­ti­schen Druck durch die anhal­tenden Demon­stra­tionen in verschie­denen Städten Russ­lands zu brechen, ande­rer­seits, um die Ukraine im Netz mit Falsch­in­for­ma­tionen zu überfluten.

Anschei­nend hat auch das noch nicht gereicht, um die öffent­liche Wahr­neh­mung der „Spezi­al­ope­ra­tion in der Ukraine“ hoch­zu­halten: Am 4. März 2022 blockierte die russi­sche Medi­en­auf­sicht Roskom­n­adsor Face­book und Twitter.

Tele­fo­nieren gegen Desinformation 

Nun weichen regie­rungs­kri­ti­sche Personen in Russ­land vor allem auf den Nach­rich­ten­dienst Tele­gram aus, um sich zu infor­mieren und zu vernetzen. Für ältere Menschen, denen das Wissen über digi­tale Kanäle fehlt, wird es umso schwie­riger, sich der Desin­for­ma­tion der staat­li­chen Nach­rich­ten­agen­turen zu entziehen.

Es stellt sich die Frage: Werden die russi­schen Desin­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen weiterhin über Russ­land hinaus Einfluss haben?

Die Ukraine sagte ihnen schon 2021 den Kampf an, als Präsi­dent Wolo­dymyr Selen­skyj prorus­si­sche Sender verbat, die Propa­ganda verbreiten. Anfang März 2022 zog die EU nach und verhängte ein Verbot gegen die Kreml­sender RT, Sputnik und Co. Auch private Unter­nehmen ziehen Konse­quenzen: Youtube etwa sperrte im März die Kanäle der russi­schen staat­li­chen Nachrichtenagenturen.

Dass solche Mass­nahmen ein effek­tives Mittel sind, um Falsch­in­for­ma­tionen zu unter­binden und die kreml­sche Propa­ganda zu brechen, ist unbe­stritten. Doch die russi­sche Regie­rung wird darauf antworten, etwa indem sie unab­hän­gigen Medien in Russ­land verbietet.

Klar ist auch: Das Ausmass der russi­schen Desin­for­ma­ti­ons­kam­pagne gründet mitunter darin, dass west­eu­ro­päi­sche Staaten wie Frank­reich und Deutsch­land seit 2014 zuliessen, dass der Kreml seine falschen Behaup­tungen in völker­recht­li­chen Verträgen wie dem Minsker Abkommen offi­zia­li­sieren konnte und Russ­lands Posi­tion als nicht am Krieg betei­ligte Partei in die Verträge aufge­nommen wurde.

Ob und wie stark der Kreml Zensur und Desin­for­ma­tion wirkungs­voll aufrecht­erhalten kann, hängt mitunter davon ab, wie sehr es den Menschen in Russ­land gelingen wird, sich zu orga­ni­sieren und sich gegen­seitig über das Geschehen in der Ukraine zu infor­mieren. Und: wie gut russisch­spra­chige Menschen von ausser­halb Infos über den Krieg an die Menschen in Russ­land über­mit­teln können. Eine Kampagne dazu mit dem Namen Call Russia wurde nach dem Zensur­ge­setz am 4. März bereits lanciert.


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