Wie wird man selbst OrganspenderIn?
OrganspenderIn ist man, wenn man seinen Entscheid den Angehörigen mitgeteilt oder auf einer Organspende-Karte festgehalten hat. Die Organspende-Karte kann man selbst auf swisstransplant.org ausdrucken. Alternativ gibt es die Möglichkeit, eine Organspende-Karte per Post zu bestellen oder als App auf dem Handy zu speichern. Der Entscheid für die Organspende bedeutet jedoch noch lange nicht, dass man seine Organe überhaupt einmal spenden wird. Wie Kai Tisljar vom Universitätsspital erklärt, kommen die allerwenigsten Menschen tatsächlich in die Situation, dass sie ihre Organe spenden können. Am Universitätsspital Basel gibt es ungefähr 12 postmortale SpenderInnen pro Jahr.
Darf jeder und jede seine Organe spenden?
Anders als bei der Blutspende kommen grundsätzlich alle Personen als SpenderIn in Frage. Die Organspende ist zudem in jedem Alter möglich. Jemand muss allerdings seit mindestens fünf Jahren frei von einem Tumor sein, um als SpenderIn in Frage zu kommen, damit keine Tumorzellen transplantiert werden. Organe von HIV-positiven Personen werden nur OrganempfängerInnen transplantiert, die ebenfalls HIV-positiv sind.
Wann spendet man seine Organe?
Es gibt drei Formen der Organspende: hirntote, herztote oder lebende SpenderInnen. Das Eintreten eines Hirntodes ist in der Schweiz Voraussetzung für eine postmortale Organspende. Dieser tritt am häufigsten nach Unfällen mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma, einem ausgeprägten Schlaganfall oder Hirnblutung sowie bei Patienten nach Herzkreislaufstillstand mit unzureichender Reanimation ein. Von herztoten SpenderInnen können ausser dem Herzen alle Organe entnommen werden. Als LebendspenderIn kann man Nieren und einen Teil der Leber spenden. Lebendspenden kommen meist innerhalb der Familie vor.
Hirntod? Was heisst das überhaupt? Und wieso ist das bei der Organspende wichtig?
Laut medizinischer Definition ist der Mensch tot, wenn die Leichenstarre eintritt. Doch das reicht für die Organspende nicht aus. Denn zu diesem Zeitpunkt ist es bereits zu spät für die Organentnahme. Deshalb ist der Hirntod entscheidend dafür, ob bei einem/einer potenziellen OrganspenderIn die Organe entnommen werden. Hirntod bedeutet, dass das Gehirn gänzlich und irreversibel geschädigt ist und nicht mehr funktioniert.
Ein hirntoter Mensch wirkt auf uns oftmals noch nicht tot, da wir andere Vorstellungen von verstorbenen Person haben. „Beim primär hirntoten Patienten, dessen Herz noch schlägt, ist es für die Angehörigen häufig schwer, den Tod zu realisieren, da der Verstorbene noch Atembewegungen – wenn auch nur mit Hilfe der Maschine – macht und der Körper noch warm ist“, erzählt Intensivmediziner Kai Tisljar. Deswegen ist es für die Angehörigen oft schwierig zu entscheiden, ob bei einem hirntoten Menschen nun die Organe gespendet werden sollen. In der Gesellschaft wird eine Organspende nach Eintreten eines Herzkreislaufstillstandes eher akzeptiert. Doch auch bei einer Organspende nach Herzkreislaufstillstand wird zunächst der Hirntod diagnostiziert, bevor die Organe entnommen werden.
In der Schweiz werden Organe auch schon dann entnommen, wenn der Hirntod nicht von selbst eingetreten ist, sondern als Folge des Entscheides, lebenserhaltende Massnahmen abzustellen.
Wer entscheidet, welche Person ein Organ erhält?
Die Organzuteilung ist schweizweit von Swisstransplant, der Stiftung für Organspende und Transplantation, organisiert. Es gibt eine zentrale Warteliste. Neben der Zeit auf der Warteliste spielen bei der Zuteilung aber auch die Dringlichkeit und der medizinische Nutzen eine Rolle. SpenderIn und EmpfängerIn bleiben immer anonym.
Ok, jetzt noch ein paar Zahlen: Wie viele Organe braucht es in der Schweiz jedes Jahr? Und haben wir denn genug Organspenden?
Es braucht mehr, deutlich mehr. Swisstransplant sagte in einem neuen Bericht, dass pro Woche durchschnittlich zwei Menschen sterben, während sie auf ein Organ warten. Ende 2016 befanden sich 1480 Menschen auf der Warteliste für Organe. Das sind 38 Prozent mehr als 2010. 2016 konnten zudem nur 503 Organtransplantationen durchgeführt werden. Oder mit einem konkreten Beispiel: 1492 Menschen warten in der Schweiz auf eine Niere (Stand 2016), im vergangenen Jahr wurden aber nur 305 Nieren transplantiert.
4 von 5 SchweizerInnen wären laut Swisstransplant grundsätzlich dazu bereit ihre Organe zu spenden. Aber nur ganz wenige haben dies auch auf einer Spendenkarte festgehalten (siehe Frage 1). Das heisst: Am Ende entscheiden die Angehörigen.
Wieso die Schweiz so wenige OrganspenderInnen hat und was man dagegen tun könnte, erklärt Intensivmediziner Kai Tisljar in unserem Interview.
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