Über Walikale steigt Rauch auf, einzelne Wellblechdächer der ansonsten grasstrohgedeckten Lehmhütten stechen aus dem Grün der waldigen Landschaft heraus. Von der Station des Radio Communautaire Walikale (RCWA) auf dem Hügel über der Stadt sind Aufschreie und Jubelrufe zu hören: Der FC Schalke 04 spielt im Achtelfinale der Champions League gegen Manchester City und jede*r drängt sich vor einen der wenigen Fernseher, die in Restaurants und kleinen Läden aufgestellt sind.
Walikale ist von Bäumen umgeben. Es wirkt, als befände sich die Stadt inmitten eines Nationalparks. Obwohl erst vor Kurzem über 400 bis anhin undokumentierte Flachlandgorillas in den Wäldern der Gegend identifiziert wurden, sind hier keine Touristen zu finden. Auch die lokale Bevölkerung scheut das Dickicht des Waldes. Die Menschen aus den umliegenden Dörfern fliehen vor Rebellengruppen wie der FDLR (Forces démocratique de liberation du Rwanda), Mayi-Mayi oder der NDC-Renové in Zentren wie Walikale. Auch Marcelin, eine der beiden unbezahlten Praktikantinnen, die an jenem Abend die Radiostation alleine unterhalten, ist mit ihren Eltern aus dem Nachbarterritorium Beni hierher geflohen.
Minen, die es zu verhindern galt
Walikale ist das grösste der sechs Gebiete der Provinz Nord-Kivu, doch nur ein winziger Teil davon wird landwirtschaftlich bewirtschaftet: mit Maniok, Palmöl und Kochbananen. Die Region ist auch für den Honig und die grossen grünen Zitronen bekannt, die direkt am Strassenrand verkauft werden. Bekannter ist Walikale jedoch für Zinn, Gold, Diamanten und Coltan. Es gilt als die Region mit den grössten unerschlossenen Reserven einiger dieser Bodenschätze weltweit.
Sechzig Kilometer nordwestlich von Walikale wird in Bisie zinnhaltiges Kassiterit abgebaut. Zwischen 2000 und 2015 dienten die Minen bei der Lancierung verschiedener Initiativen zur Vermeidung von Konfliktmineralien als Negativbeispiel: Die Bisie Tin Mines waren das, was es zu verhindern galt. Wie eine interaktive Karte der handwerklichen Bergbaugebiete im Osten der DR Kongo zeigt, wurden die Minen von wechselnden bewaffneten Gruppen, inklusive Teilen der kongolesischen Armee, kontrolliert.
Handwerkliche Mineure erhielten nur Zugang zur Mine gegen Bezahlung einer Gebühr und es wurden illegale Steuern auf die abgebauten Mineralien erhoben. Unter der Kontrolle dieser bewaffneten Gruppen fanden schwere Vergehen gegen die Bevölkerung statt: Überfälle, Mord, Vergewaltigung und Zwangsarbeit. Von dieser Situation haben nicht nur die bewaffneten Gruppen profitiert, sondern oftmals auch die Vorsteher der handwerklichen Bergbaukooperativen, die mit den bewaffneten Gruppen kooperierten.
Unter prekären Bedingungen wohnten und arbeiteten zwischen 15’000 und 18’000 Menschen in Bisie. Die Mineure bauten das Zinn, welches ungefähr fünf Prozent des weltweiten Zinnbedarfs deckte, mit Pickel und Schaufel im Tagebau und in unterirdischen Tunnels ab. Träger transportierten die fünfzig Kilogramm schweren Säcke über etliche Kilometer, bevor das Metall per Motorrad und Frachtflugzeuge in die Grenzstadt Goma transferiert wurde.
Heute aber fördert hier die Firma Alphamin Resources durch ihre Tochterfirma Alphamin Bisie Mining (ABM) in der ersten grossen kommerziellen Zinnmine im Osten der Demokratischen Republik Kongo „konfliktfreies“ Zinn. Doch wer profitiert wirklich von diesem Label, die Mineure, die Bevölkerung oder die Konzerne?
Vertreibung und Arbeitslosigkeit
Alphamin Resources hat ihren Sitz auf Mauritius und ist an der Börse in Toronto und Johannesburg kotiert. Bis 2015 hatte das Unternehmen seinen Hauptsitz an der Gotthardstrasse in Zug. Während dieser Zeit kaufte Alphamin schrittweise Schürfrechte an den Bisie Minen und begann mit den ersten Bohrungen. Begünstigt wurde der Prozess durch den amerikanischen Dodd-Frank Act, der den Handel mit sogenannten Konfliktmineralien aus dem Osten Kongos verhindern will. Was jedoch die Lage für die in den Minen arbeitenden Menschen hätte verbessern sollen, war der Anfang eines lange andauernden Konflikts.
„2011 musste ich meine Grube aufgeben.“ Stéphane Ikandi steht im Zeugenstand des Kongo Tribunals, einem Theater unter der Leitung des Schweizers Milo Rau – gespielt von echten Zeug*innen, Anwält*innen und Jurymitgliedern. Die Anhörungen finden im Frühjahr 2015 an einem fiktiven internationalen Strafgerichtshof in der ostkongolesischen Stadt Bukavu statt. Bisie ist einer der drei verhandelten Fälle.
Ikandi erzählt den Zuhörer*innen, wie handwerkliche Mineure wie er die Erze von Bisie schon 2002 entdeckt hatten. Verschiedene Kooperativen bauten das Zinn handwerklich ab, alle hatten die nötigen Genehmigungen. Auch damals hätten Militär und bewaffnete Gruppen ihre Hände schon im Spiel gehabt. Trotzdem: Die Mineure seien damals gut organisiert gewesen und hätten der lokalen Bevölkerung Walikales eine Abgabe pro Tonne des abgebauten Erzes gezahlt. „Wir arbeiteten und waren zufrieden“, sagt Ikandi im Zeugenstand.
Das änderte sich nach der Ankunft von Alphamin in Bisie. Schleichend kaufte die Firma die Handelsgesellschaft Mining Processing Congo (MPC) auf. Im Zuge dessen wurden die Mineure nach und nach gezwungen, die Bisie-Minen zu verlassen. Während die kongolesischen Behörden der Firma 400 Schächte zusprachen, blieben für die handwerklichen Bergleute gerade einmal neun übrig. Im März 2015 wurden die ersten Bergleute vertrieben, Menschen verletzt und Häuser zerstört.
Alphamin steht immer wieder in der Kritik lokaler NGOs: Weder habe sich die Firma an die Vereinbarungen mit den Kooperativen gehalten, noch habe sie die Bevölkerung konsultiert. Letzteres ist bei der Erteilung von Minenkonzessionen gesetzlich vorgeschrieben. Um ihr Image aufzupolieren, hat sich Alphamin neu positioniert. So hat sie beispielsweise die Lowa Alliance gegründet, eine lokale gemeinnützige Organisation, die Projekte im Bereich Bildung, Elektrizität oder Landwirtschaft unterstützt. Ausserdem verpflichtete sie sich laut eigenen Angaben zu hohen Nachhaltigkeitsstandards.
Kein Ende der Gewalt
Trotzdem kam es im Dezember 2017 zu weiteren illegalen Vertreibungen. Ein Untersuchungsbericht dokumentiert etliche Menschenrechtsverletzungen: Mehr als 16’000 Menschen wurden von Minenpolizei und Armee aus den Dörfern um das Minengelände vertrieben. In den Dörfern befanden sich auch Schulen, Krankenhäuser und Märkte. Ohne Alternative für ein Einkommen mussten nicht nur handwerkliche Mineure, sondern auch Landwirt*innen, Verkäufer*innen sowie Träger ihre Arbeit aufgeben. Viele verloren alles, ihre Kinder waren gezwungen, das Schuljahr zu unterbrechen.
Erst Anfang Januar 2020 kam es erneut zu gewaltsamen Inhaftierungen von Bergarbeiter*innen durch die Minenpolizei. Angehörige der Betroffenen bezeichnen diese als „das Militär von Alphamin“. Bergleute und lokale Aktivist*innen können sich kaum wehren, ohne sich in Gefahr zu bringen; die zwölf im Januar festgenommenen Mineure sind noch heute im Gefängnis und wegen krimineller Verschwörung, Rebellion und Anstiftung zu ordnungswidrigem Verhalten angeklagt. Derweil ignorieren Alphamin und die Behörden gegenüber der Gemeinde ihre Versprechungen in Bezug auf die zugeteilten Gebiete, Infrastruktur und Abgaben.
Alphamin versprach etwa, während der Bauphase rund 1’000 Arbeiter*innen zu beschäftigen. Danach sollten 600 dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen werden. Selbst bei Einhaltung würde das eine verschwindend tiefe Beschäftigungsrate ergeben, verglichen mit den über 10’000 Menschen, die zuvor durch die Mine zumindest ein kleines Einkommen erwerben konnten. Doch es kam gar nie soweit. Als im Oktober 2019 die Produktion schon in vollem Gang war, hatten gemäss lokalen Aktivist*innen nur 60 Personen aus den umliegenden Gemeinden bei Alphamin Arbeit gefunden – und dies unter prekären Bedingungen, in Tagesverträgen.
Alphamin selbst sieht dies natürlich anders. Ihr Bergbaubetrieb sei ein bedeutender Arbeitgeber in der Region Walikale. Alphamin räume der lokalen Beschäftigung Priorität ein und hätte in dieser Hinsicht 100 % erreicht. Der letzte technische Report der Firma vom Dezember 2019 kommuniziert nebst dieser Prozentzahl jedoch keine effektiven Zahlen.
Ein Bericht von 2019 hat den „Migrationsprozess“ der handwerklichen Mineure 2017 und 2018 im Lichte der Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen untersucht. Es wird konstatiert, dass es in der Arbeit der NGOs und der handwerklichen Bergbaukooperativen, welche diese Vorwürfe erhoben haben, viele Übertreibungen und Ungenauigkeiten gibt. Es ist natürlich möglich, dass Alphamin gegenüber zu wenig fundierte Vorwürfe erhoben wurden, da auch diese Gegenseite um lukrative Profite betrogen wurde. Es sollte aber nicht übersehen werden, dass die unabhängigen Berater, die diesen Bericht erstellten, von Alphamin angestellt wurden.
Konfliktmineralien oder Konfliktmineralien?
Obwohl Tausende von Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt wurden, sind handwerkliche Bergbauaktivitäten auch heute noch zentral in Walikale. Mit Roland und Damien sitze ich bei einem Primus-Bier in einem Plastikstuhl auf der Veranda des katholischen Parish. Die beiden Priester haben mich zuvor durch das Wohnzimmer geführt. Mit seinen braunen, schweren, mit weissen Häkeldeckchen dekorierten Sofas, den Kruzifixen und Bildern von ehemaligen Priestern an den Wänden und den klobigen Tischen und Wandschränken ist es für diese Gegend sehr üppig eingerichtet. Danke Vatikan.
Roland und Damien erzählen, dass Kinder oft auf eigene Faust in Flüssen und Stollen rund um die Stadt nach Gold suchen. Die beiden Priester überrascht das nicht. Auch wenn sie diese Arbeit nicht machen würden, könnten die Kinder nicht zur Schule gehen, da den Familien ohnehin das Geld fehle. Durch das Goldschürfen könnten sie wenigstens Essen und andere Notwendigkeiten kaufen. Ohne diese Verdienstmöglichkeit sei die Gefahr grösser, dass sie sich bewaffneten Gruppen anschliessen. Deren Auswirkungen auf die Kinder in der Region bekommen auch Damien und Roland immer wieder zu spüren: Zusammen mit Caritas betreibt der Parish ein Zentrum, in dem Kindersoldaten rehabilitiert werden.
Das Narrativ von der Problematik von Konfliktmineralien ist simpel: Der Rohstoffabbau, in welchem auch Kinder und Frauen in prekären Bedingungen und unter Zwang arbeiten, ermögliche es bewaffneten Gruppen, Waffen zu kaufen und Kämpfer*innen zu rekrutieren. Auch Alphamin stützt sich auf diese verkürzte Sicht. Die Firma schreibt auf ihrer Website: „Der handwerkliche Bergbau hat direkt zur Bildung von bewaffneten Milizen auf der Grundlage der erzielten und gehandelten Gewinne beigetragen.“
Dieser direkte Zusammenhang wird von lokalen Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen klar zurückgewiesen. 70 kongolesische und internationale Beobachter*innen haben mit einem offenen Brief auf den Dodd-Frank Act reagiert. Darin schreiben sie, die Massnahmen hätten es versäumt, die Ursachen der Gewalt zu bekämpfen.
Die Rohstoffe, die in der westlichen Welt gerade für Konsument*innen gerne in den Mittelpunkt gestellt werden, sind für bewaffnete Gruppen oftmals nur ein Mittel zur Finanzierung ihrer Konflikte. Viel eher würde durch die Industrialisierung im Namen dieser Initiative das ökonomische Fundament der lokalen Bevölkerung untergraben. Das Fazit des Konsortiums lautet: „Diese Initiativen laufen Gefahr, den Konflikten, die sie anpacken wollen, eher Vorschub zu leisten als sie zu entschärfen.“
Von der Wut zum Antiimperialismus
Zurück im inszenierten Gerichtssaal des Kongo Tribunals in Bukavu. Zeuge B tritt in den Zeugenstand. Sein Körper und das Gesicht sind verhüllt, seine Stimme unkenntlich verändert. Zeuge B war handwerklicher Mineur in Bisie, bis er sich der Rebellengruppe Cheka angeschlossen hatte. „Die Söhne und Töchter Walikales profitieren nicht vom Reichtum ihrer Erde“, meint er. Das Ziel von Cheka sei es deshalb, die Rechte der Bevölkerung Walikales zu beschützen, die von Alphamin enteignet wurde.
Es ist bekannt, dass der Anführer der bewaffneten Gruppe Cheka früher ein Mitglied einer der handwerklichen Bergbaukooperative (COMIMPA) in Bisie war. 2019 stand er vor einem kongolesischen Militärgericht in Goma, um sich für verschiedene Verbrechen zu verantworten, darunter Massentötungen, Vergewaltigungen und der Einsatz von Kindersoldaten.
Die Wut gegenüber Unternehmen wie Alphamin bietet neben der fehlenden Existenzgrundlage gemäss lokalen Aktivist*innen und internationalen Beobachter*innen ein Nährboden für die oft antiimperialistische Rhetorik von bewaffneten Gruppen. Eine kürzlich erschienene Studie bestätigt dies. Laut des zuvor erwähnten Untersuchungsberichts sei gerade für die vielen ehemaligen Träger die Gefahr sehr gross, sich bewaffneten Gruppen anzuschliessen. Sie sind jung und stark, verfügen aber oft nur über eine geringe Schulbildung.
Multinationale Unternehmen haben sehr wohl Einfluss auf die Dynamiken von Konflikten, auch wenn sie postulieren, „konfliktfrei“ zu agieren. Anstatt sich dieser Bedingungen wirklich bewusst zu sein und entsprechende vorbeugende Massnahmen zu ergreifen, verweigert sich Alphamin bis heute wirklicher Kooperation und Konfliktlösung mit der Bevölkerung und den lokalen Bergbaukooperativen.
Auch die Schweiz profitiert vom Label „konfliktfrei“
Alphamin ist sich sicher, dass die Tätigkeiten der Firma in Walikale zu wirtschaftlichem Aufschwung und längerfristig zu Frieden in der Region führen. Die Idee: Eine grosse industrielle Mine bringt Infrastruktur, von der dann auch die Gemeinden um die Mine profitieren. So ist Bisie Airport, der von Alphamin unterhaltene Flugplatz, der einzige in Walikale. Davor waren Flugzeuge einfach auf einer langen Strasse gelandet.
Weiter hat Alphamin auch eine 38 Kilometer lange Strasse mitten durch den Dschungel gebaut. Diese verbindet den Flughafen, die Mine und ein Logistik-Camp, welches mit einer Barriere abgesichert ist und nebst der Administration in hölzernen Bürogebäuden und der Unterbringung der Arbeiter*innen auch dazu dient, die Sicherheit der Mine zu überwachen.
Die neue Strasse nützt der Bevölkerung kaum etwas. Zur Mine hat diese ja ohnehin keinen Zugang. Bei den Flügen von Alphamin, auf denen mehrmals pro Woche bis zu zwölf Personen zwischen Goma und Walikale befördert werden, sieht es nicht anders aus. Auf meinem Weg nach Walikale sass ich neben Geologen, Kontrolleuren, Finanzleuten und Regierungsvertreter*innen – einfache Einwohner*innen der Region waren nicht darunter. Und während pro Tag 690 Kubikmeter Wasser bereitgestellt werden, um die Prozessanlage der Mine am Laufen zu halten, tragen die Dorfbewohner*innen – zumeist Mädchen und Frauen – ihr Wasser oft über mehrere Kilometer in Kanistern vom nächstgelegenen Fluss nach Hause.
Dass Alphamin zum Aufbau nützlicher Infrastruktur beiträgt, kann nicht gänzlich von der Hand gewiesen werden. Doch der Nutzen davon ist nicht nur selektiv, sondern dient in erster Linie der Profitmaximierung der Firma. Und damit auch der Wertschöpfung in der Schweiz.
Recherchen von das Lamm legen nahe, dass das in Bisie gewonnene Zinn ausschliesslich über die Schweiz gehandelt wird. Im Januar 2018 hat Alphamin einen fünfjährigen exklusiven Abnahmevertrag mit Gerald Metals in Kampala, der Hauptstadt des Nachbarlands Uganda, vereinbart. Mit Gerald Metals Sàrl unterhält die Gerald Group mit Sitz in London – nach Glencore und Trafigura der weltweit führende Rohstoffhändler im Bereich der Nichteisenmetalle – ein Tochterunternehmen in Morges am Genfersee. Diese Niederlassung ist der Handelsknotenpunkt der Gerald Group für die Regionen Europa und Afrika.
Sowohl Alphamin wie auch die Gerald Group geben keine Auskunft über die Spur des Zinnhandels an den Genfersee. Jedoch hat Gerald Metals am 14. November 2019 bekannt gegeben, dass ihre am Genfersee ansässige Tochterfirma Gerald Metals Sàrl die Lowa Alliance in Walikale mit einer Spende von 126’000 US Dollar unterstützt. Dass die Firma ein Trinkwasserprojekt für die Region ermöglicht, ist erfreulich. Dass die Schweiz mit grosser Wahrscheinlichkeit über Gerald Metals Sàrl und deren Steuern an Alphamins umstrittenen Machenschaften in Walikale kräftig mitprofitiert, weniger.
Damit ist klar: Von den Initiativen im Kampf gegen Konfliktmineralien profitieren auch grosse Konzerne. Alphamin besitzt nicht nur jetzt schon die Lizenz für die bedeutendsten Zinnvorkommen Nord-Kivus, sondern auch fünf weitere Explorationslizenzen in der Region. Der Zinngehalt des dort abgebauten Erzes ist unvergleichbar hoch: mit 4,5 % gar viermal höher als in anderen Zinnminen. Der hohe Zinngehalt und die kostengünstige Produktion versprechen sehr hohe Renditen.
Die Bevölkerung in Walikale ist Investitionen in ihre Region natürlich keineswegs abgeneigt, erhofft sie sich doch dadurch vor allem mehr Stabilität und Sicherheit. Vom wirtschaftlichen Aufschwung vor Ort profitieren im Moment jedoch nur wenige. Alphamin und ihre Aktionäre hingegen können sich auf eine strahlende Zukunft freuen. Und auch die Schweiz profitiert an Rohstoffen mit dem Label „konfliktfrei“ mit. Während der Vertreibungen im März 2015 hatte Alphamin ihren Firmensitz in der Schweiz. Heute profitiert sie durch den Handel mit dem Zinn aus Bisie.
Durch die Industrialisierung der Mine werden die Gewinne aus dem Bergbau in Bisie grösstenteils in Länder des globalen Nordens transferiert. Für Tausende Kongoles*innen bedeutet diese Entwicklung, dass sie aus der legalen Produktion ausgeschlossen werden. Anstatt dass die Bevölkerung Walikales einen fairen Gewinn aus dem Abbau ihrer Bodenschätze gewinnt, müssen sie sich mit den Almosen aus den gemeinnützigen Projekten der Lowa Alliance zufriedengeben.
Die Autorin dieses Artikels war im Februar 2019 mit der lokalen Organisation CIYOTA auf Einladung des Distrikt-Administrators in Walikale. CIYOTA bildet Jugendliche im Osten der DR Kongo in verantwortungsbewusster Leadership aus. In diesem Artikel werden Eindrücke dieses Besuches aufgearbeitet.
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