Gottlieb Duttweiler am Arbeitsplatz

Der Kunde ist bei der Migros immer König – auch auf Kosten des Klimas

In den Regalen der Migros findet man immer mehr biolo­gisch produ­zierte, klima­kom­pen­sierte und bald auch erneu­erbar beheizte Produkte. Trotzdem sind sie oft schlecht fürs Klima. Gewisse Dinge würde man aus der Klima­schutz­per­spek­tive besser gar nicht anbieten. Doch die Befrie­di­gung der Kunden­be­dürf­nisse scheint der modernen Migros wich­tiger zu sein als wirk­liche Nachhaltigkeit. 

Ende Januar hat die Migros alle ein wenig über­rascht. Sie hat ange­kün­digt, dass sie ab 2025 nur noch Schweizer Gemüse und Früchte in den Regalen haben will, die aus erneu­erbar beheizten Gewächs­häu­sern stammen. Mit dieser Umstel­lung von Erdöl und Erdgas auf Wärme­pumpen, Holz­hei­zungen, Bio-Gas, Geothermie sowie Solar­energie will die Migros ihren CO2-Ausstoss um 75’000 Tonnen pro Jahr senken. Auch sehr cool: Die Migros unter­stützt die Bauern und Bäue­rinnen bei dieser Umrü­stung mit einer Million Franken pro Jahr.

Screenshot von der Facebookseite «Generation M», die zur Kommunikation der gleichnamigen, migroseigenen Nachhaltigkeitsstrategie genutzt wird
Screen­shot von der Face­book­seite „Gene­ra­tion M“, die zur Kommu­ni­ka­tion der gleich­na­migen, migros­ei­genen Nach­hal­tig­keits­stra­tegie genutzt wird.

Doch die Aussage „…nur noch Schweizer Gemüse und Früchte, die aus erneu­erbar beheizten Gewächs­häu­sern stammen…“ kann falsch verstanden werden, wie diese Reak­tion einer Face­book­nut­zerin zeigt:

Die Ankündigung der Migros wurde zum Teil falsch verstanden (Screenshot Facebookseite «Generation M»)
Die Ankün­di­gung der Migros wurde zum Teil falsch verstanden. (Screen­shot Face­book­seite „Gene­ra­tion M“)

Auch wenn die Ankün­di­gung durchaus so verstanden werden kann, wird die Migros keines­wegs auf Erdbeeren aus Spanien verzichten und komplett auf Schweizer Gemüse und Früchte umstellen. Die Migros will ledig­lich denje­nigen Teil des Gemüses und der Früchte, den sie aus der Schweiz bezieht, mit erneu­er­baren Ener­gien beheizt haben. Die nieder­län­di­sche Erdöl­ge­wächs­haus­gurke wird weiterhin erhält­lich sein, genauso wie die aus Ecuador einge­flo­gene Mango.

CO2 einsparen ist gut, aber…

Trotzdem: CO2 einsparen kann nie falsch sein. Und das Poten­zial ist gross. Denn das Beheizen von Gewächs­häu­sern verbraucht viel Energie. Laut einer Studie der ETH Zürich im Auftrag des WWF Schweiz von 2016 ist eine im Mai produ­zierte Winter­to­mate aus einem fossil beheizten Schweizer Gewächs­haus für zehnmal mehr CO2 verant­wort­lich als eine in der selben Zeit aus Südspa­nien impor­tierte Tomate, die mit dem Last­wagen zu uns kam. Dieselbe Studie sagt aber auch: „Gemüse sollte möglichst in der Saison konsu­miert werden, in der es im Frei­land oder in unge­heizten Gewächs­häu­sern produ­ziert werden kann.“

Richtig nach­haltig wäre es also, wenn im Winter keine Tomaten und Zucchetti, sondern Kohl, Schwarz­wur­zeln und Sellerie in der Gemü­se­ab­tei­lung der Migros liegen würden. Momentan trifft man dort aber sowohl als auch an. Und gerade dieses Sowohl-als-auch ist bezeich­nend für die Migros, die versucht, zwei unver­ein­bare Para­digmen unter einen Hut zu kriegen: einer­seits die Nach­hal­tig­keit, ander­seits die totale Befrie­di­gung der KundInnenbedürfnisse.

Zwar hat sich die Migros mit ihrem Nach­hal­tig­keits­pro­gramm „Gene­ra­tion M“ dazu verpflichtet, die Umwelt zu schützen, den nach­hal­tigen Konsum zu fördern, gegen­über Gesell­schaft und Mitar­bei­tenden sozial und vorbild­lich zu handeln und sich für einen gesunden Lebens­stil einzu­setzen. Aber auf der anderen Seite soll kein Kunde und keine Kundin auf etwas verzichten müssen, wenn er oder sie durch die Migros streift.

Rosen zum Valen­tinstag und Klima­schutz kriegt man einfach nicht zusammen

Doch gewisse Produkte lassen sich kaum mit den Nach­hal­tig­keits­zielen der Migros vereinen. Und das ist auch schon unseren Lese­rInnen aufge­fallen. Beispiels­weise hat sich Dominic H. aus Bern gewun­dert, wie Rosen, welche per Flug­zeug aus Ecuador zu uns kommen und dabei richtig viel CO2 in die Atmo­sphäre ballern, zur „Gene­ra­tion M“ passen. Deshalb hat er der Migros eine Mail geschrieben:

Liebe Migros

In Ihrer Filiale im Zentrum Freu­den­berg in Bern habe ich kürz­lich Rosen­sträusse aus Ecuador, by air, gefunden. Wie verein­baren Sie das mit Ihrer Unternehmensphilosophie?

Sicher­lich könnte man argu­men­tieren, damit Kunden­be­dürf­nisse zu befrie­digen. Man müsse sie ja nicht kaufen und es gäbe auch noch Alter­na­tiven. Auch handelt es sich um Fair­trade-Rosen, sozial also vertretbar. Aber ich bin der Meinung, dass eine Migros, welche ihre Unter­neh­mens­phi­lo­so­phie mit „[…] Das Prinzip der Nach­hal­tig­keit ist in der Kultur und Stra­tegie der Migros veran­kert“ einleitet, selbst Verant­wor­tung über­nehmen sollte. Und dazu gehört halt auch, dass es bei uns im Winter keine Rosen gibt. Vielen Dank für Ihre Stellungnahme.

Freund­liche Grüsse

Die Migros beant­wor­tete Domi­nics Frage wie folgt:

Sehr geehrter Herr H.

Wir verstehen Ihr Anliegen und können Ihre Bedenken nachvollziehen.

Es ist uns ein Anliegen, die jeweils ökono­mischste, sozi­alste und ökolo­gischste Vari­ante zu wählen, um die Nach­frage unserer Kunden befrie­digen zu können. Wo immer möglich, bieten wir unsere Produkte aus der Schweiz an. Die Produkte, die in der Schweiz in geringen Mengen oder gar nicht produ­ziert werden können, werden mit Mengen aus dem Import, vorzugs­weise aus Europa, ergänzt. Produkte, welche in Europa nicht oder eben­falls nur in sehr geringen Mengen produ­ziert werden, werden von ausser­halb Europas importiert.

Bei den Rosen gilt es speziell zu erwähnen, dass es in Europa fast keine produ­zie­renden Betriebe gibt. Holland und Italien, die beiden mit Abstand grössten Import­länder, haben sich vor allem auf die saiso­nalen Schnitt­blumen spezialisiert.

Wir nehmen unsere Verant­wor­tung wahr, indem wir sämt­liche Flug­trans­porte über die CO2-Abgabe kompen­sieren und die Rosen aus Fair­trade-zerti­fi­zierten Max Havelaar-Farmen anbieten.

Wir hoffen, Ihre Anfrage mit den obigen Ausfüh­rungen beant­wortet zu haben […].

Freund­liche Grüsse
Kunden­be­ra­terin M‑Infoline

Der Kunden­be­ra­terin wird hier ein kommu­ni­ka­tiver Spagat abver­langt. Auf der einen Seite soll das Angebot so nach­haltig wie möglich sein. Auf der anderen Seite soll die Migros­kund­schaft auf nichts verzichten müssen. Zwar gibt sich die Migros Mühe, immer die zu einem bestimmten Zeit­punkt nach­hal­tigste Vari­ante mit im Regal zu haben. Aber eine Vari­ante nicht zu haben, ist keine Option. Auch wenn im Winter die Rosen klima­kom­pen­siert aus Ecuador einge­flogen werden müssen – zum Valen­tinstag braucht es Rosen in den Regalen. Das Kunden­be­dürfnis scheint mehr zu wiegen als die Nachhaltigkeit.

Wie gehen „Poulet-Lieb­haber“ und Umwelt­schutz zusammen?

Und auch die Lamm-Leserin Pia S. aus Zürich hat sich mit einer ähnli­chen Frage an den grössten Detail­händler der Schweiz gewandt. Sie wollte wissen, wie das vor einigen Jahren von der Migros lancierte Fleisch­re­stau­rant Chickeria zu den Nach­hal­tig­keits­zielen des Konzerns passe. Die Frage ist berech­tigt. Denn die von einem Durch­schnitts­schweizer oder einer Durch­schnitts­schwei­zerin konsu­mierten 50 kg Fleisch verur­sa­chen 500 kg CO2 pro Jahr. Damit sind bereits ein Drittel der maximal 1.5 Tonnen Klima­gase verbraucht, die laut dem Bundesamt für Umwelt jeder und jedem von uns pro Jahr maximal zustehen, wenn wir die Folgen des Klima­wan­dels erfolg­reich eindämmen wollen. Deshalb ist es wirk­lich schwer nach­zu­voll­ziehen, wie eine Fast-Food-Kette mit der Haupt­zutat Huhn die Umwelt schützen oder den nach­hal­tigen Konsum fördern soll. Hier die Erklä­rung der Migros:

Sehr geehrte Frau S.

Auch wir erkennen, dass Vege­ta­rismus und Vega­nismus Bedürf­nisse sind, […]. Die Chickeria bietet für diese Art der Ernäh­rung Alter­na­tiven wie zum Beispiel vege­ta­ri­sche Salate oder Falafel an, welche vegan sind.

Offen­sicht­lich liegt der Fokus der Chickeria nicht auf vege­ta­ri­scher bzw. veganer Ernäh­rung. Dieses Format richtet sich insbe­son­dere an Poulet-Lieb­haber. Denn die Nach­frage nach Hühner­fleisch ist eben­falls stei­gend. Die Migros wertet keine der genannten Ernäh­rungs- und Lebens­weisen. Unser Anspruch an uns ist es, dass die Produkte, die wir anbieten – egal ob vegane, vege­ta­ri­sche oder tieri­sche — von bester Qualität sind.

Auf die Chickeria bezogen heisst Qualität, dass wir unsere heimi­schen Produ­zenten kennen und wissen, dass sie unsere Ansicht der artge­rechten Tier­hal­tung teilen. Daher bietet die Chickeria ausschliess­lich Poulet aus der Schweiz an, wo die Haltung den strengen Tier­schutz­ge­setzen entspre­chen muss. Selbst­ver­ständ­lich ist die Frage, was Fair­ness in diesem Zusam­men­hang heisst, eine schwie­rige und wahr­schein­lich auch eine subjek­tive, die von indi­vi­du­ellen mora­li­schen und ethi­schen Vorstel­lungen geprägt ist.

[…]

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausfüh­rungen Ihre Fragen und Anre­gungen hilf­reich erwi­dern und wünsche einen schönen Tag!

Freund­liche Grüsse
Kunden­ma­na­gerin

Auch hier voll­bringt die Kunden­ma­na­gerin verbale Akro­batik. Einer­seits will die Migros die verschie­denen Ernäh­rungs­weisen nicht werten. Ander­seits will sie die Umwelt schützen. Leider geht das nur schwer zusammen, denn 500 kg CO2 sind nicht „subjektiv“ und die Folgen des Klima­wan­dels haben nichts mit „indi­vi­du­ellen“ Moral­vor­stel­lungen zu tun.

Mit der Aussage „Dieses Format richtet sich insbe­son­dere an Poulet-Lieb­haber“ bringt es die Migros selbst auf den Punkt. Man hätte auch eine Vegi-Fast­food-Kette lancieren können; leider hat sie sich aber dazu entschieden, ein Fleisch­re­stau­rant zu eröffnen. Denn die Nach­frage, hier nach Poulet­fleisch, hat – allen Beteue­rungen zur Nach­hal­tig­keit zum Trotz – auch in diesem Beispiel offen­sicht­lich Prio­rität. Dabei ist das Unter­nehmen bei weitem mehr als der passive Anbieter von Produkten, als den es sich gerne hinstellt. Die Migros ist die grösste Detail­händ­lerin der Schweiz und kann mit dem, was sie anbietet, Stan­dards setzen.

Die drei Beispiele zeigen: Die Kombi­na­tion von unum­stöss­li­chem Kunden­be­dürfnis und Nach­hal­tig­keits­an­sprü­chen zaubert merk­wür­dige Wider­sprüche in die Regale, nämlich nicht­sai­so­nales Gemüse aus Solar­ge­wächs­häu­sern, CO2-kompen­sierte Fair­trade-Rosen by air und vegane Alter­na­tiven im Fleisch­re­stau­rant. Auflösen könnte die Genos­sen­schaft diese Wider­sprüche nur, indem sie gewisse Produkte aus dem Sorti­ment streicht, anstatt wie bis anhin auf eine Stra­tegie von Sowohl-als-auch zu setzen.

Wir haben die Migros gefragt, ob sie auch schon Produkte verbannt hat

Doch viel­leicht tun wir der Migros unrecht und sie hat schon viel­mehr schäd­liche Produkte aus dem Sorti­ment geworfen, als wir denken. Immerhin hätte ein solch konse­quentes Handeln für das Wohl der Allge­mein­heit bei der Migros ja Tradi­tion. Es war nämlich der Wunsch, die Gesund­heit der Kund­schaft zu fördern, die Gott­lieb Dutt­weiler damals dazu bewogen hat, in den Statuten zu veran­kern, dass in der von ihm gegrün­deten Migros-Genos­sen­schaft weder Tabak noch Alkohol verkauft werden soll. Auf der Webseite der Migros hört sich das so an:

Der Migros-Gründer Gott­lieb Dutt­weiler wollte mit seinem Unter­nehmen nicht nur Geld verdienen, sondern auch dem Gemein­wohl dienen. Für ihn stand das Wohl der Kunden, der Mitar­bei­tenden und der Gesell­schaft im Vordergrund.

Wäre es nicht an der Zeit, einen weiteren Schritt in Dutt­wei­lers Tradi­tion zu machen und die globale Gesund­heit und Unver­sehrt­heit der Mensch­heit, die durch Klima­wandel und Co. bedroht ist, höher zu bewerten als die maxi­male Gewinn­stei­ge­rung durch die totale Befrie­di­gung der Kunden­be­dürf­nisse? Das wollten wir von der Migros wissen und haben sie gefragt, ob es oft vorkommt, dass aufgrund der Nach­hal­tig­keits­stra­tegie „Gene­ra­tion M“ Produkte aus dem Sorti­ment genommen werden. Hier die etwas auswei­chende Antwort der Migros:

[mailquote]Das Gedan­kengut der Migros gründet auf den 15 Thesen von Adele und Gott­lieb Dutt­weiler. Diese Thesen sind recht­lich für die Migros-Genos­sen­schaften nicht verpflich­tend, stellen aber Richt­li­nien dar.

Verpflich­tend sind hingegen die Migros-Statuten, in denen wich­tige Werte von Gott­lieb Dutt­weiler veran­kert wurden (Als Beispiel:  „(…) in ihren Verkaufs­stellen, die die Bezeich­nung Migros tragen, ist auf den Verkauf von alko­ho­li­schen Getränken und Tabak­waren zu verzichten“). Nur die Dele­gier­ten­ver­samm­lung kann die Statuten ändern.

Im Rahmen unseres Nach­hal­tig­keits­pro­gramms Gene­ra­tion M verpflichtet sich die Migros mit verbind­li­chen Verspre­chen und konkreten Projekten die Umwelt zu schützen, den nach­hal­tigen Konsum zu fördern, gegen­über Gesell­schaft und Mitar­bei­tenden sozial und vorbild­lich zu handeln und uns für einen gesunden Lebens­stil einzu­setzen („These 10: Das Allge­mein­in­ter­esse muss höher gestellt werden als das Migros-Genos­sen­schafts-Inter­esse“). Inso­fern kommt es immer wieder vor, dass Produkte aus Gründen der Nach­hal­tig­keit nicht ins Sorti­ment aufge­nommen oder wieder aus den Regalen genommen werden.[/mailquote]

Konkrete Beispiele von Produkten, die aus Gründen der Nach­hal­tig­keit aus den Regalen wanderten, erhielten wir jedoch erst auf mehr­ma­lige Nach­frage. Folgende Aufli­stung konnte uns die Medi­en­spre­cherin der Migros schicken:

[mail­quote]
  • Die Migros führt keine Daunen­jacken, die von lebendig gerupften Tieren stammen.
  • Frosch­schenkel wurden aus Gründen des Tier­wohls aus dem Sorti­ment genommen.
  • Einweg­grills wurden vorüber­ge­hend aus Gründen des Umwelt­schutzes aus dem Sorti­ment genommen.

Weiter gibt es – wie bereits erwähnt – diverse Über­le­gungen, die auf unseren Rohstoff-Stra­te­gien gründen. So führen wir zum Beispiel nur Produkte, die zerti­fi­ziertes Palmöl oder Soja beinhalten. Alle Produkte, die diesen Anfor­de­rungen nicht gerecht werden, würden damit eben­falls nicht ins Sorti­ment aufgenommen.[/mailquote]

Doch auch hier muss der Kunde oder die Kundin – ausser bei den Frosch­schen­keln – auf kein Produkt verzichten. Einweg­grills sind nur vorüber­ge­hend verschwunden, Daunen­jacken werden nur mit Federn gefüllt von bereits toten Vögeln und all die Produkte mit Palmöl oder Soja werden mit zerti­fi­zierten Rohstoffen hergestellt.

Die Migros will nicht allein vorpre­schen, macht aber auch nichts für ein gemein­sames Vorankommen

Die Antwort passt gut in die bereits beschrie­bene Stra­tegie der Migros: Nach­hal­tig­keit ist wichtig. Die totale Befrie­di­gung aller Kunden­be­dürf­nisse aber noch wich­tiger. Die Angst der Migros als erste vorzu­pre­schen und auf umwelt­schäd­liche Dinge wie einge­flo­gene Blumen, Sommer­ge­müse im Winter oder Restau­rants, die sich auf den Fleisch­ver­zehr spezia­li­siert haben, zu verzichten, ist verständ­lich. Denn es gibt durchaus KundInnen, die es gar nicht mögen, wenn ihre Wahl­frei­heit einge­schränkt wird. Dies zeigt auch der Kommentar eines Migros-Kunden auf der Face­book­seite von „Gene­ra­tion M“ auf den Vorschlag von einer anderen Userin, dass die Migros doch besser nur noch Toilet­ten­pa­pier aus Recy­cling­fa­sern anbieten soll. Denn für Toilet­ten­pa­pier aus Frisch­fa­sern müssten Wälder abge­holzt werden, die dem Klima eigent­lich CO2 entziehen könnten.

Diesem Migroskunden ist die Wahlfreiheit wichtiger als der Klimaschutz. Eine andere Userin antwortete jedoch auf diesen Poste folgendes: «Zum Glück ist mir mein Arsch nicht wichtiger als die Umwelt, die ich hinterlasse». (Screenshot Facebookseite «Generation M»)
Diesem Migros-Kunden ist die Wahl­frei­heit offen­sicht­lich wich­tiger als der Klima­schutz. Eine andere Userin antwor­tete jedoch auf diesen Post: „Zum Glück ist mir mein Arsch nicht wich­tiger als die Umwelt, die ich hinter­lasse“. (Screen­shot Face­book­seite „Gene­ra­tion M“)

Wie auch immer: Die Wahr­schein­lich­keit, dass die KundInnen für ihr kuschel­wei­ches Toilet­ten­pa­pier aus Frisch­fa­sern dann einfach zu Coop, Denner, Aldi oder Lidl rennen würden, ist durchaus vorhanden. Deshalb braucht es bran­chen­über­grei­fende Regeln. Solche wollte zum Beispiel die Fair-Food-Initia­tive einführen, welche im September 2018 von der Schweizer Stimm­be­völ­ke­rung verworfen wurde.

Dass die Migros diese Initia­tive aber viel­mehr torpe­diert als unter­stützt hat, lässt die Vermu­tung aufkommen, dass es der Migros doch nicht so ernst ist mit ihren Nach­hal­tig­keits­be­stre­bungen. Denn anson­sten hätte das Migros-Manage­ment nicht nur für die Solar­dä­cher der Gewächs­häuser, sondern auch für die Werbung des Pro-Komi­tees der Fair-Food-Initia­tive ein Milli­ön­chen auf der Seite gehabt. Hätte nämlich die Migros die Initia­tive mit allen ihr zur Verfü­gung stehenden Mitteln unter­stützt, wäre das Abstim­mungs­re­sultat ziem­lich sicher anders ausge­fallen – und Duttis Erbe gestärkt worden.


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