Nazis hassen diese Tricks

Es gibt viele Möglich­keiten, sich gegen rechte und faschi­stoide Machen­schaften zu enga­gieren. Hier präsen­tieren wir den ulti­ma­tiven Guide: How to Antifa – in drei­zehn Schritten gegen den Rechtsextremismus. 
Strategien gegen Rechts gibt es viele – Zusammenhalt und Ausdauer sind aber immer gefragt. (Bild: Luca Mondgenast)

Haben Sie Angst vor der Zukunft, dem Rechts­ruck, der Rück­kehr des Faschismus? Wird Ihnen bang ums Herz, wenn Sie beim unschul­digen Scrollen durchs Internet die Entwick­lungen in den USA, Europa und Deutsch­land sehen? Sind Sie verzwei­felt, erzürnt – gar hoff­nungslos ange­sichts der Weltlage?

Dann haben wir etwas für Sie: den ulti­ma­tiven Guide HOW TO ANTIFA – in 13 Schritten gegen den Rechts­extre­mismus und die Faschi­sie­rung der Gesamt­lage. Er liess sich von der Broschüre des Deut­schen Gewerk­schafts­bundes mit Über­le­gungen zum Vorgehen gegen Rechts­extre­mismus inspirieren.

Eine einheit­liche Orga­ni­sa­tion namens „die Antifa“ existiert nicht. Viel­mehr zeichnet sich die anti­fa­schi­sti­sche Bewe­gung durch eine grosse poli­ti­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Viel­falt aus. Die Kurz­be­zeich­nung „Antifa“ wird vor allem von linken, häufig jüngeren Antifaschist*innen als Selbst­be­zeich­nung verwendet. Ihr Wider­stand richtet sich nicht nur gegen orga­ni­sierten Rechts­extre­mismus, sondern gene­rell gegen Ideo­lo­gien und Prak­tiken, die auf Ungleich­wer­tig­keit basieren: Rassismus, Anti­se­mi­tismus oder Anti­fe­mi­nismus betrachten sie beispiels­weise als tief verwur­zelte gesell­schaft­liche Probleme. Dabei sehen sie die Ursa­chen dieser Phäno­mene oft in der kapi­ta­li­sti­schen Wirt­schafts- und Gesellschaftsordnung.

Diese grund­le­gende Gesell­schafts­kritik bringt der Antifa nicht nur Zustim­mung ein. Die häufig radi­kale Ästhetik verstärkt dies noch – sei es durch zuge­spitzte Slogans auf Stickern, Flyern und Trans­pa­renten, das Tragen schwarzer Klei­dung oder mili­tanten Demon­stra­tionen. Das verbrei­tete Klischee von gewalt­be­reiten Chaot*innen, die vor allem Autos anzünden, hat mit der Realität wenig zu tun. Tatsäch­lich spielt Gewalt für die meisten Antifa-Gruppen keine zentrale Rolle in der tägli­chen Praxis, abge­sehen von Selbst­ver­tei­di­gung oder dem Schutz von Menschen, die von rechten Angriffen bedroht sind.

Viel mehr konzen­trieren sich anti­fa­schi­sti­sche Gruppen darauf, rechte Akti­vi­täten zu doku­men­tieren, Bildungs­ar­beit zu leisten, kultu­relle Events zu veran­stalten und öffent­liche Proteste zu orga­ni­sieren. Die meisten Antifa-Gruppen sind sich einig, dass sie sich im Kampf gegen den Rechts­extre­mismus nicht auf den Staat und die Polizei verlassen können. Neben struk­tu­rellen und histo­ri­schen Gründen nennen sie dafür oft Erfah­rungen, in denen staat­liche Stellen rechts­extreme Akti­vi­täten nicht ernst genug genommen, verharm­lost oder sogar ermög­licht haben. Skan­dale wie die Verstrickung des deut­schen Verfas­sungs­schutzes im NSU-Komplex oder rechte Netz­werke in der Polizei bestärken dieses Misstrauen.

Die typi­schen jungen, linken Antifa-Gruppen machen jedoch nur einen Teil der anti­fa­schi­sti­schen Bewe­gung aus. Auch Gewerk­schaften, auto­nome linke Orga­ni­sa­tionen, Erin­ne­rungs- und Geden­kinitia­tiven, Jugend­ver­bände, Bildungs- und Kultur­ver­eine, Archive, Zeit­schriften, Selbst­or­ga­ni­sa­tionen von Betrof­fenen, Bera­tungs­stellen sowie bestimmte Parteien, queere oder migran­ti­sche Gruppen und viele weitere Akteur*innen gehören dazu. Trotz aller Unter­schiede eint sie das Ziel, den Einfluss des Rechts­extre­mismus zurück­zu­drängen und demo­kra­ti­sche sowie soziale Errun­gen­schaften zu schützen. Diese breit aufge­stellte Struktur ist eine Konse­quenz aus dem histo­ri­schen Schei­tern des Anti­fa­schismus während der Zeit des Nationalsozialismus.

Konser­va­tismus und extreme Rechte gehen oft Hand in Hand. Wer sich anti­fa­schi­stisch enga­gieren will, richtet seine Kämpfe also nicht nur gegen orga­ni­sierte Neonazis, sondern auch gegen rechts­kon­ser­va­tive und bürger­lich-auto­ri­täre Ideo­lo­gien und Akteur*innen.

Der Ober­be­griff Rechts­extre­mismus umfasst verschie­dene Strö­mungen, die unter­schied­liche soziale Milieus anspre­chen und verschie­dene Stra­te­gien verfolgen. Allen gemein ist ihre Ideo­logie der Ungleich­wer­tig­keit verschie­dener Menschen, wobei sie soziale Ungleich­heiten als legitim darstellen und zum Nach­teil von Frauen, Migrant*innen, People of Color und anderen margi­na­li­sierten Gruppen fördern. Diese Ungleich­heiten sollen nicht besei­tigt, sondern als natür­lich und erstre­bens­wert betrachtet werden. Diese Strö­mungen lehnen das Zusam­men­leben und die Gleich­wer­tig­keit unter­schied­li­cher Menschen ab, während sie eine auto­ri­täre Vorherr­schaft weisser Männer idea­li­sieren – im Extrem­fall bis hin zu einem faschi­sti­schen, ethnisch homo­genen Führer­staat nach dem Vorbild des Nationalsozialismus.

In Deutsch­land domi­nierte bis in die 2000er-Jahre der subkul­tu­rell geprägte, gewalt­a­ffine Neona­zismus das öffent­liche Bild. Heute versucht die Neue Rechte, ihre Ideo­lo­gien verschleiert darzu­stellen, indem sie sich von Natio­nal­so­zia­lismus und rassi­sti­scher Apart­heid abgrenzt. Sie ist welt­weit vernetzt, etwa mit der Alt-Right-Bewe­gung in den USA oder Russ­land, und beein­flusst zuneh­mend popu­li­sti­sche, radi­kale Rechte, die mit rassi­sti­schen und anti­se­mi­ti­schen Ideo­lo­gien arbeiten. Sie zielt darauf ab, Brücken zwischen Rechts­extre­mismus und konser­va­tivem Rechts zu bauen, entwickelt neue Konzepte und bildet Nach­wuchs, um ihre Ideo­lo­gien lang­fri­stig zu verbreiten.

Popu­lismus dient der Neuen Rechten als Stra­tegie, um den Volks­willen gegen „korrupte Eliten“ zu posi­tio­nieren, wobei sie oft rassi­sti­sche und natio­na­li­sti­sche Werte vertreten. Popu­li­sti­sche Bewe­gungen wie die AfD nutzen diese Taktik, radi­ka­li­sieren sich zuneh­mend und greifen auf anti­de­mo­kra­ti­sche, anti­se­mi­ti­sche und völki­sche Ideo­lo­gien zurück.

Die Grenzen zwischen verschie­denen rechts­extremen Strö­mungen sind flies­send, wie etwa die Anti-Corona-Proteste sichtbar machten: Gewalt­tä­tige, ideo­lo­gi­sierte Akteur*innen mischen sich mit bürger­li­chen Teilen der Bewe­gung, die Serio­sität vermit­teln. Die Neue Rechte prägt die stra­te­gi­sche Ausrich­tung dieser bürger­li­chen Bewe­gungen, indem sie moderne Analysen und Narra­tive liefert. 

Poli­tisch spielen extrem rechte Parteien wie die deut­sche NPD oder „Der Dritte Weg“ zwar eine gerin­gere Rolle, bleiben aber aktiv. Sie bereiten sich auf mili­tante Konflikte vor.

Los geht’s mit: Grund­lagen festlegen!

1. Teil einer Gruppe werden 

Am Wich­tig­sten ist: Nicht allein bleiben. Schliessen Sie sich einer Antifa-Gruppe in Ihrer Nähe an. Falls sich dort für Ihren Geschmack zu viele auto­ri­täre Männer­fi­guren tummeln, versu­chen Sie es bei einer lokalen femi­ni­sti­schen oder queeren Orga­ni­sa­tion. Auch explizit anti­ras­si­sti­sche, sozia­li­sti­sche, kommu­ni­sti­sche oder anar­chi­sti­sche Gruppen, gewisse Gewerk­schaften sowie Arbeiter*innenverbände können Abhilfe schaffen. Probieren Sie sich durch!

Einen Über­blick für nieder­schwel­lige Orga­ni­sa­tionen kann auch die neu lancierte Platt­form engagiere-dich.ch leisten. Verlieren Sie nicht die Hoff­nung, wenn’s nicht sofort passt. Es ist ein biss­chen wie bei der Suche nach einer guten Thera­peutin oder einem guten Arzt: Nicht immer direkt erfolg­reich, aber essen­tiell für Ihr Leben (und das von anderen) und den Aufwand allemal Wert!

2. Eine eigene Gruppe gründen

Falls Ihnen eine bestehende Gruppe sozial zu anstren­gend oder poli­tisch zu untaug­lich erscheint oder es in Ihrer Nähe keine passende gibt, gründen Sie selbst eine. Sie können sich beispiels­weise unkom­pli­ziert mit Freund*innen, Arbeitskolleg*innen oder Fami­li­en­mit­glie­dern zusam­men­schliessen, die ihre poli­ti­schen Posi­tionen teilen. Gemeinsam können Sie sich über Probleme und Stra­te­gien austau­schen. 



Denken Sie daran: Bündnisarbeit ist kein Selbst­zweck. Klären Sie gemeinsam, was Ihre Ziele sind und welche Praxis Sie verfolgen wollen – und welche nicht (siehe Punkt 4). Nehmen Sie sich lieber wenige konkrete Dinge vor und setzten Sie auf Bestän­dig­keit. Halten Sie regel­mäs­sige Präsenz­treffen ab und über­prüfen Sie die Leit­planken ihrer Gruppe hin und wieder.

3. Sich selbst (weiter)bilden

Um zu wissen, was Sie gegen die extreme Rechte tun können, müssen Sie die Ideo­lo­gien dahinter verstehen.

Aktu­elle Themen rechts­extremer Kreise sind Verschwö­rungs­er­zäh­lungen wie der „Grosse Austausch“ oder der „Volkstod“. Demnach sei das eigene „Volk“ – also der weisse, meist christ­liche und nicht-migran­ti­sche Teil der Gesell­schaft – existen­ziell bedroht. Schuld daran seien sinkende Gebur­ten­raten, angeb­lich verur­sacht durch femi­ni­sti­sche Errun­gen­schaften und die „Gender-Ideo­logie“, die die tradi­tio­nelle Kern­fa­milie zerstören wolle, sowie die gezielte Einwan­de­rung „kultur­fremder“, oft musli­mi­scher Menschen. Häufig wird dahinter eine vermeint­liche jüdi­sche Welt­ver­schwö­rung vermutet, die „die Nation“ schwä­chen wolle. Diese Erzäh­lung verbindet Anti­fe­mi­nismus und Trans­feind­lich­keit sowie Rassismus und Anti­se­mi­tismus als zentrale ideo­lo­gi­sche Elemente.

Ein weiteres rechtes Narrativ behauptet, „links­grüne Kreise“ würden den Klima­wandel insze­nieren, um eine „ökoso­zia­li­sti­sche Diktatur“ herbei­zu­führen. Dahinter steckt die Ableh­nung ökolo­gi­scher Verant­wor­tung, die Vertei­di­gung sozialer Ungleich­heit und oft auch anti­se­mi­ti­sche Unter­töne. Rechte Kreise leugnen, verharm­losen oder rela­ti­vieren die Klima­krise und weisen notwen­dige gesell­schaft­liche Verän­de­rungen zurück, um eigene Privi­le­gien zu schützen. Für anti­fa­schi­sti­sche Bünd­nisse ist es deshalb wichtig, diese rechten Ideo­lo­gien zu verstehen und sich in einem gemein­samen Verständnis und einer kollek­tiven Praxis gegen sie zu richten.

Als Einstiegs­lek­türe eignen sich beispiels­weise die Bücher „Radi­ka­li­sierter Konser­va­tismus“ von Nata­scha Strobl, „Die Rhetorik der Rechten“ von Fran­ziska Schutz­bach (das PDF finden Sie gratis hier als Down­load) oder „Deutsch­land rechts aussen“ von Matthias Quent (eben­falls gratis als Down­load verfügbar), aber auch Podcasts wie Rechts­extreme Rück­zugs­orte von der deut­schen Bundes­zen­trale für poli­ti­sche Bildung.

4. Ziele abstecken

Bevor Sie anfangen, etliche Sitzungen zu halten und bis zur Erschöp­fung zu disku­tieren: Stecken Sie Ihre Ziele ab! In welchem Bereich wollen Sie tätig sein? Laut dem Deut­schen Gewerk­schafts­bund gibt es drei Teil­be­reiche anti­fa­schi­sti­scher Praxis bezie­hungs­weise Vorar­beit:

a) Rechts­extremen Struk­turen direkt schaden

Einen direkten Schaden erleiden Rechts­extreme, wenn beispiels­weise ihre Profile gesperrt werden, ihre Verlage eingehen, Räume unzu­gäng­lich werden oder zentrale Persön­lich­keiten aus der Öffent­lich­keit verschwinden müssen oder ihre Ideo­logie ander­weitig nicht verbreitet wird. Ein Beispiel dafür ist die Sper­rung vom YouTube-Kanal des rechts­extremen Wieners und ehema­liger Kopf der Iden­ti­tären Öster­reich, Martin Sellner. Ein anderes Beispiel ist die Flyer-Aktion der Satire-Aktivist*innen des Zentrums für poli­ti­sche Schön­heit, die 2021 tonnen­weise AfD-Flyer vernich­teten, indem sie sich als fiktives Unter­nehmen tarnten, das statt die Flyer wie ange­geben zu verteilen, alle Werbe­ma­te­ria­lien schred­derte (siehe auch Punkt 11 und 12).

b) Anti­fa­schi­sti­sche Bewe­gung stärken

Darunter fallen alle Hand­lungen, die verschie­dene Aspekte anti­fa­schi­sti­scher Arbeit erhält, fördert und neue Mitstreiter*innen mobi­li­siert (siehe Punkt 5, 6, 9, 10 und 12).

c) Soziale, gleich­be­rech­tigte Gesell­schaft stärken

Viele der Möglich­keiten sind nicht direkt Teil von anti­fa­schi­sti­scher Orga­ni­sie­rung, aber notwendig, um dem Rechts­extre­mismus den Boden zu entziehen. Dazu gehören die Unter­stüt­zung von verschie­denen sozialen Kämpfen. Setzen Sie auch hier bewusst Schwer­punkte, eignen Sie sich spezi­fi­sches Wissen und Fähig­keiten an und beziehen Sie sich soli­da­risch auf andere (für mehr Beispiele siehe Punkt 5, 7 und 8).

Ziele umsetzen (von einfa­cher bis schwieriger)!

5. Geld spenden

Die vermut­lich unauf­wän­digste Lösung ist – abge­sehen davon, dass Sie dafür acht Stunden pro Tag einer vermut­lich unge­liebten und schlecht bezahlten Tätig­keit nach­gehen mussten – sehr wichtig und effektiv. Anti­fa­schi­sti­sche Kämpfe brau­chen auch finan­zi­elle Mittel. Basel Nazifrei sammelte beispiels­weise eine halbe Million Franken, um die Verfah­rens­ko­sten der Demonstrant*innen zu decken, die sich 2018 dem rechts­extremen Pnos-Aufmarsch entgegenstellten.

Sie müssen sich klar­ma­chen: Rechts­kon­ser­va­tive und rechts­extreme Kreise verfügen über viel Kapital, das sich die Akteur*innen gegen­seitig zuschieben. Das bereitet ihnen viel Macht und Möglich­keiten, ihre Ideo­logie zu verbreiten und ihre menschen­ver­ach­tenden Ziele zu verfolgen. Auch Antifaschist*innen haben zahl­reiche Optionen, gleich­ge­sinnte Projekte zu unter­stützen: zum Beispiel durch Spenden an die Antonio Amadeu Stif­tung, die Rosa Luxem­burg Stif­tung, Recher­che­pro­jekte wie Correctiv oder Orga­ni­sa­tionen, Bünd­nisse und Initia­tiven, die spezi­fi­sche Rechte margi­na­li­sierter Gruppen stärken oder sich gegen Rassismus und Rechts­extre­mismus einsetzen.

6. Kunst, Kultur – und sogar Konsum

Eine nieder­schwel­lige Option, sich gegen rechts zu enga­gieren, besteht beispiels­weise darin, Antifa-Kultur­anlässe zu orga­ni­sieren oder zu besu­chen, sich an migran­ti­schem, femi­ni­sti­schem oder queerem Theater zu betei­ligen, einen Film zum Thema zu drehen, anti­fa­schi­sti­sche Lieder zu kompo­nieren und öffent­lich zu spielen oder auch thema­ti­sche Bücher, Publi­ka­tionen oder Merch in einem lokalen Antifa-Store zu kaufen.

Aber Vorsicht! Bilden Sie sich nicht ein, dass Sie rechts­extreme Politik alleine durch das Malen von Bildern oder das Singen anti­fa­schi­sti­scher Lieder aufhalten könnten. Trotzdem ist Kultur eine wich­tige und legi­time Form von Praxis – und Spass muss sein, sonst verlieren bald alle den Verstand.

7. Umfeld und Umsicht

Viele Ideen des rechten Welt­bildes finden Anschluss in der gesell­schaft­li­chen Mitte, weshalb eine kriti­sche Selbst­re­fle­xion in den eigenen Kreisen, der Familie und am Arbeitsort wichtig ist. Ihr Onkel hält trans Personen für krank und gefähr­lich? Ihre Mutter behauptet, Migrant*innen nähmen ihr die Jobs weg und seien gewalt­tätig? Ihr Mitar­beiter spricht herab­las­send über Frauen und queere Personen? Im Internet hetzen rechte Trolls in der Kommen­tar­spalte?

Halten Sie dagegen: Wider­spre­chen Sie ihnen, teilen sie Infor­ma­ti­ons­ma­te­rial – und bleiben Sie sach­lich. Denn das Gute ist: Die Argu­mente sind auf Ihrer Seite. Gewisse Personen sind womög­lich nicht mehr zu retten, aber ein anderer Teil der Gesell­schaft wird durch neue Perspek­tiven, Erfah­rungen und Infor­ma­tionen viel­leicht zu einer neuen Betrach­tungs­weise kommen. In diesem Sinne: Mit stein­harten Nazis muss man nicht reden – es ist aber klug, die eigenen Wirkungs­kreise zu erweitern.

8. Betrof­fene Unterstützen 

Der Kampf gegen Rassismus, Anti­se­mi­tismus, Anti­fe­mi­nismus, Trans­feind­lich­keit und soziale Ungleich­heit muss vernetzt und unter­stützt werden. Damit Bünd­nisse funk­tio­nieren, braucht es Offen­heit, Kritik­fä­hig­keit und Geduld. Gemein­same Kämpfe können gesell­schaft­liche Verän­de­rung voran­treiben – denn während die extreme Rechte all diese Bewe­gungen als „Gleich­ma­cherei“ ablehnt, liegt in der Über­zeu­gung der Gleich­wer­tig­keit aller Menschen ihre eigent­liche Stärke. 


Trans Personen, Frauen, Migrant*innen, Muslim*innen und People of Color sind derzeit beson­ders von der extremen Rechten und ihrer Politik betroffen. Einzelne Personen oder ganze Orga­ni­sa­tionen zu unter­stützen, die sich für Betrof­fene stark machen, bedeutet Wider­stand zu leisten. Unter­stützen Sie Einzel­per­sonen oder Orga­ni­sa­tionen mit Ihrer Zeit, Ihrem Enga­ge­ment, Ihrem Geld, indem Sie ihre Anliegen in der Öffent­lich­keit sichtbar machen, Personen in Notlagen helfen und den Mund in Diskus­sionen aufma­chen, in denen Betrof­fene und ihre Rechte ange­griffen werden.

9. Öffent­lich­keits- und Bildungs­ar­beit leisten

Eine weitere Möglich­keit, wie Sie sich gegen Rechts­extre­mismus einsetzen können, ist durch Vorträge, Publi­ka­tionen oder infor­ma­tive Social Media-Inhalte. Beson­ders an Schulen, in Kultur­zen­tren oder öffent­li­chen Einrich­tungen, aber auch in der Nach­bar­schaft, dem Freun­des­kreis oder am Arbeitsort lassen sich Work­shops und Diskus­si­ons­runden orga­ni­sieren, um Wissen zu vermit­teln. Wichtig ist dabei, konse­quent fakten­ba­siert zu argu­men­tieren, die Ideo­logie der Rechten und diskri­mi­nie­rende Narra­tive zu entlarven sowie Stra­te­gien gegen Rechts zu vermit­teln. So kann der rechten Meta­po­litik entge­gen­ge­wirkt werden, die reak­tio­näre gesell­schaft­liche Werte, geschichts­ver­leug­nende Narra­tive und diskri­mi­nie­rende Denk­weisen etablieren und norma­li­sieren möchte, um ihre poli­ti­sche Macht vorzubereiten.

10. Anti­fa­schi­sti­sche Medien lesen, verbreiten und abonnieren

Eine wich­tige Rolle gegen Rechts­extre­mismus und faschi­sti­sche Herr­schaft spielen linke, unab­hän­gige, anti­fa­schi­sti­sche Medien. Sie tragen zur Meinungs­bil­dung bei, entlarven rechte Stra­te­gien, analy­sieren das poli­ti­sche Geschehen, zeigen Zusam­men­hänge auf und stärken soziale Kämpfe.

Die Rechte betreibt selbst eine Viel­zahl an eignen Medien, Zeitungen und Info­ka­nälen. Sie agieren dyna­misch und haben das Internet längst mit ihren Inhalten erobert. Um dagegen zu halten, ist es zentral, dass Sie anti­fa­schi­sti­sche Medien konsu­mieren, teilen und unter­stützen. Einige Beispiele aus dem deutsch­spra­chigen Raum sind etwa Analyse & Kritik, Anschläge-Magazin, das bereits genannte Recher­che­me­dium Correctiv, der Volks­ver­petzer, das Magazin Jacobin – oder unsere Wenig­keit, das Lamm!

11. Rechts­extreme entlarven

Ein zentrales Element, um rechts­extreme Struk­turen zu schwä­chen, ist, diese aufzu­decken – um ihre Machen­schaften zu stören, Personen zu outen, Treffen zu verhin­dern und Wider­stand zu leisten. In der Schweiz können Hinweise zu Personen, mögli­chen Anlässen oder andere Auffäl­lig­keiten auf der anti­fa­schi­sti­schen Melde­platt­form ange­geben werden. „Noch so kleine Infor­ma­tionen zu Neonazis und deren Akti­vi­täten können hilf­reich sein, um gewisse Zusam­men­hänge oder Struk­turen in der Neona­zi­szene aufzu­decken“, schreiben die Betreiber*innen der Seite.

Denken Sie daran, sich und andere zu schützen: Agieren Sie nur in vertrau­ens­vollen Gruppen und achten Sie darauf, was Sie am Telefon, per SMS oder in Messenger-Apps schreiben – Behörden können vieles nach­ver­folgen. Mehr zum Selbst­schutz finden Sie im Hand­buch In Bewe­gung von AntiRep Bern.

12. Auf die Strasse gehen

Eine Gegen­de­mon­stra­tion bei einem rechts­extremen Aufmarsch ist ein wirk­sames Mittel, um den Neonazis eindeutig zu signa­li­sieren, dass sie nicht geduldet werden. Zudem bewirkt eine solche Gegen­de­mon­stra­tion, dass die Neonazis ihre Versamm­lungen nicht wie beab­sich­tigt abseits der Öffent­lich­keit durch­führen können. Eigen­stän­dige anti­fa­schi­sti­sche Demos können den internen Zusam­men­hang stärken und der Gesell­schaft zeigen, dass Menschen nicht wegsehen, wenn Nazis versu­chen, ihre menschen­feind­liche Politik zu norma­li­sieren. Auch Kund­ge­bungen und Flyer­ak­tionen schaffen Öffent­lich­keit, sind infor­mativ und können unter­stüt­zend wirken.

13. Langen Atem und Verstand bewahren

Der Rechts­extre­mismus wird seine Machen­schaften nicht bald einstellen. Also ist es wichtig, dass Sie sich auf eine Weise orga­ni­sieren, wie Sie möglichst lange durch­halten können. Es bringt nichts, das Leid der ganzen Welt auf Ihre Schul­tern zu laden. Lieber suchen Sie sich eine kleine poli­ti­sche Nische aus und verfolgen diese Arbeit über einen langen Zeit­raum.

Konkret gesagt: Lieber schreiben Sie über Jahre hinweg einmal im Monat einen News­letter zu den aktu­ellen Antifa-Veran­stal­tungen, als dass Sie sich mit der Orga­ni­sa­tion wöchent­li­cher Treffen, dreier Demos und fünf Recher­che­pro­jekten über­for­dern – und schluss­end­lich ausbrennen. Defi­nieren Sie Ihre Aufga­ben­be­reiche und setzten Sie Qualität und Ausdauer über Quan­tität.

Und denken Sie daran: Anti­fa­schismus braucht mehr als symbo­li­sche Gesten – es braucht kollek­tive, entschlos­sene Hand­lungen und gegen­sei­tige Unter­stüt­zung, um den Rechten das Hand­werk zu legen.


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