Ugandas Präsi­dent­schafts­wahl: Um den Gene­ra­tio­nen­wechsel betrogen

Die Wahl in Uganda ist entschieden. Präsi­dent Yoweri Kaguta Muse­veni wird das Land für insge­samt minde­stens 40 Jahre regieren. Seine Wieder­wahl ist keine Über­ra­schung. Dennoch ist das Resultat eine Enttäu­schung. Eine Chronik der Repression. 
Junge Wähler:innen in Kampala (Foto: Nicholas Balumanzeki)

Als der mitt­ler­weile 76 Jahre alte Präsi­dent 1986 durch einen Mili­tär­putsch an die Macht kam, war sein heute wich­tig­ster Heraus­for­derer gerade mal knapp vier Jahre alt. Ein Gross­teil der Bevöl­ke­rung Ugandas kannte nie einen anderen Präsi­denten als Museveni.

Die Wahl symbo­li­siert einen Gene­ra­tio­nen­wechsel: „Es geht im Grunde darum, dass eine junge Gene­ra­tion sich die Geschichte zu eigen machen will“, sagt Yusuf Serunkuma, Sozi­al­wis­sen­schaftler an der Makere Univer­sity und Kolum­nist für die Lokal­zei­tung The Observer, per Telefon. Das Gesicht dieser jungen Gene­ra­tion ist der charis­ma­ti­sche Präsi­dent­schafts­kan­didat Robert Kyagu­lani Ssen­tamu, besser bekannt unter seinem Musi­ker­namen Bobi Wine.

Fire Studioz, Bobi Wines Aufnah­me­studio mit seinen bunt versprayten Wänden mitten in Kamwokya, einem Slum in der Haupt­stadt Kampala, scheint die Hoff­nung dieser Gene­ra­tion zu verkör­pern: Hier aufge­wachsen, hat es Bobi Wine zu Ruhm und Reichtum gebracht. Viele in armen Verhält­nissen lebende Ugander:innen wünschen sich von jemandem vertreten zu werden, der ihre Reali­täten kennt.

Über die Jahre gelang es dem selbst ernannten Ghetto Presi­dent, die arbeits­lose Jugend in seinem Stadt­teil für künst­le­ri­sche Projekte zu begei­stern und junge Leute im ganzen Land durch seine akti­vi­sti­sche Reggae- und Popmusik zu poli­ti­sieren. Er vertritt die Inter­essen der „Face­book-Gene­ra­tion“ gegen­über denje­nigen der „Face­lift-Gene­ra­tion“ des Präsi­denten und seiner Entou­rage, wie Bobi Wine es selbst ausdrückte.

Mit Gewalt gegen den Wandel

Der Kraft dieser jungen Hoff­nung scheint das aktu­elle Regime nur mit Gewalt begegnen zu können. Seit Bobi Wine 2017 einen Parla­ments­sitz erlangte, wurden er und seine Mitstreiter:innen mehr­fach Opfer von Poli­zei­ge­walt und Fest­nahmen. Bei einer poli­ti­schen Kund­ge­bung im August 2018 wurde sein Leib­wächter bei einem Angriff auf sein Auto erschossen. Präsi­dent Muse­veni versuchte, seine Konzerte sowie das Tragen der roten Mützen – dem Symbol der Bewe­gung People Power – zu verbieten.

Auf eine erneute Fest­nahme des 38-Jährigen im November letzten Jahres reagierte die junge Bevöl­ke­rung mit Wut. Aufstände und Massen­pro­teste von noch nie da gewe­senem Ausmass waren die Folge. Sechs Tage hielten sie an, in verschie­denen Städten Ugandas, bis Bobi Wine frei­ge­lassen wurde. Die Polizei reagierte mit einem bislang unbe­kannten Mass an Gewalt. Mehr als 50 Personen wurden getötet.

An den Aufständen betei­ligt waren vor allem ärmere Leute, welche durch einen der härte­sten Corona-Lock­downs ein Stück weiter an den Rand ihrer Existenz getrieben worden sind. Beispiele wie etwa die Schlies­sung aller kleinen Quar­tier­läden zugun­sten von grossen, teuren Super­märkten oder das Video, in welchem Muse­vini durch seine Villa joggend aufzu­zeigen versuchte, dass sich gut zuhause Sport machen lässt, veran­schau­lichten einmal mehr, wie sehr ihr Präsi­dent von ihrer Lebens­rea­lität entfernt war.

Soldaten auf einer Strasse
Die Wahlen in Uganda waren schon immer mili­ta­ri­siert. Aber die Mili­ta­ri­sie­rung sei dieses Mal expo­nen­tiell höher, sagt der poli­ti­sche Kommen­tator Serunkuma. (Foto: Nicholas Balumanzeki)

Dem Regime hingegen kam die Pandemie gelegen: Muse­veni verbot im Vorfeld der Wahlen poli­ti­sche Kund­ge­bungen, welche er aufgrund seines Alters ohnehin kaum mehr selbst hätte bewäl­tigen können. Die wich­tig­sten Präsidentschaftskandidat:innen wurden etliche Male wegen Verstosses gegen Covid-Vorschriften verhaftet, während Kandidat:innen der Regie­rungs­partei NRM (National Resi­stance Move­ment) bei öffent­li­chen Rallies unge­stört ihre Geld­noten an die Bevöl­ke­rung austeilen konnten.

In den sozialen Medien wurde die Poli­zei­ge­walt sichtbar, die das Regime veran­lasste – sowohl gegen Unterstützer:innen von Bobi Wine als auch gegen Personen, die zum eigenen Über­leben die Lock­down-Regeln brachen. Um die Verbrei­tung solcher Nach­richten zu unter­binden, kündigte die Regie­rung wie schon bei den letzten Wahlen eine Inter­net­sperre an.

„Gestern haben wir alle noch über die Regie­rung gelacht, denn wir dachten, wir würden die sozialen Medien wieder über VPN nutzen können“, erzählt uns eine Freundin per Telefon am Wahltag und meint: „Ich glaube, als wir über sie lachten, lachten sie auch über uns.“ Das Internet ist dieses Mal komplett ausgeschaltet.

Junge Hoff­nung, alte Leier

Am Wahltag selbst kommt trotz aller Repres­sion Hoff­nung zum Ausdruck. Die eher kürz­lich poli­ti­sierte Jugend ist über­zeugt vom Wandel. Viele haben auf Social Media zum Wählen aufge­rufen, ihre Freund:innen mobi­li­siert. Aufge­regt und glück­lich berichtet der 31-jährige Rapper und Tänzer Jason am Abend des Wahl­tags über die langen Schlangen vor den Wahl­lo­kalen in Kampala, über die grosse Anzahl Jugendlicher.

Trotz der Auffor­de­rung der Regie­rung, nach dem Wählen nach Hause zu gehen, wartete Jason nach dem Schliessen der Urnen auf das direkte Auszählen der Stimmen. Der Sieg an seiner Wahl­sta­tion fiel klar auf Bobi Wine. „Die Leute schrien, jauchzten und sprangen in die Luft, aber es ging sehr geordnet zu. Es gab nicht die übliche Gewalt wie bei anderen Wahlen“, sagt er zufrieden.

Jason glaubt an seine Stimme und dass es dieses Mal anders sein könnte. Dass nicht wieder die in den Wahl­lo­kalen ausge­zählten Stimmen im Nirgendwo verschwinden werden.

Für Rashida, die eigent­lich anders heisst, ist das Resultat der Wahlen hingegen vorher­sehbar. Sie bleibt mit ihren drei Kindern und einer Kollegin aus ihrem Bera­tungs­büro für Forschungs­auf­träge zu Hause bei der Arbeit. Die zwei­stün­dige Fahrt zu ihrem Wahl­kreis und die Kosten für das Benzin schienen es ihr nicht wert zu sein, ihr Wahl­recht auszu­üben. „Ich glaube nicht, dass meine Stimme zählt“, meint sie bestimmt.

Die Familie lebt im Distrikt Wakiso, der wie Kampala typi­scher­weise eine Oppo­si­ti­ons­hoch­burg ist. Bei den Wahlen 2018 wurden in vielen dieser Orte die Stimmen nicht gezählt oder gar nicht erst abge­geben – weil die Wahl­un­ter­lagen zu spät ankamen, weil Wähler:innen sich dagegen auflehnten, weil daraufhin Tränengas einge­setzt wurde. Auch dieses Jahr ist die Stim­mung ange­spannt. Unser Gespräch wird von Heli­ko­pter­lärm unter­bro­chen. „Ständig fliegen diese Heli­ko­pter vorbei, das ist so nervig“, sagt Rashida und berichtet von den Panzern und Armee­wagen in den Strassen, von den Soldat:innen, die an jeder Ecke stehen.

Wunsch nach Kontinuität

Auch in der länd­li­chen Region Kara­moja ist der mili­tä­ri­sche Einsatz am Wahltag enorm. „Ich wünschte, ich könnte dir ein Bild schicken“, sagt Nathan. Auch er meint, es sei nicht sicher, seinen rich­tigen Namen zu publizieren.

Eigent­lich inter­es­siert sich Nathan nicht beson­ders für die Präsi­dent­schafts­wahl mit ihren insge­samt elf Kandidat:innen. Viel wich­tiger sei, von wem er direkt vertreten werde. Daher verbrachte er den Gross­teil der Nacht nach der Wahl im Prüf­zen­trum des Distrikts, um als akkre­di­tierter Beob­achter die Stimm­ergeb­nisse für einen NRM-Abge­ord­neten, einen Vertreter der Regie­rungs­partei, zu überprüfen.

Er hätte aber Muse­veni gewählt, so wie viele Leute in dieser Region. „Weil nun endlich Strassen gebaut wurden, weil die Verbes­se­rung der Infra­struktur stetig zunimmt“, erklärt er und weist darauf hin, dass seine Heimat­stadt seit Neue­stem mit Strom versorgt wird und jetzt alle ihr Bier kühl trinken können.

Die Region Kara­moja ist haupt­säch­lich von Kuhhirt:innen besie­delt, die ihre tradi­tio­nelle Lebens­weise schätzen. Erst seit der indu­stri­ellen Rohstoff­aus­beu­tung hat der Staat – mit der First Lady Janet Muse­veni als Mini­ster for Kara­moja Affairs – die infra­struk­tu­relle Entwick­lung in der sehr armen Region voran­ge­trieben. Laut Nathan wollen die Leute keinen Bruch in dieser Konti­nuität: „Sollen wir noch­mals 30 Jahre warten, bis sich die Entou­rage eines neuen Präsi­denten berei­chert hat, bis wieder in die Entwick­lung inve­stiert wird?”

Auch viele Vertreter:innen der Spitze der Gesell­schaft wünschen sich Konti­nuität: Amts­in­haber Muse­veni hat sich während seiner 36-jährigen Präsi­dent­schaft ein grosses Netz­werk an loyalen Unterstützer:innen kulti­viert, die von seiner Präsi­dent­schaft profi­tieren. Auch von Spen­den­gel­dern, wie ein nicht-veröf­fent­lichter durch­ge­sickerter Bericht für die Welt­bank aufzeigte. Wie sonst hätte unter Muse­venis Präsi­dent­schaft gar die Verfas­sung – erst die Beschrän­kung der Amts­zeit, dann die Alters­be­schrän­kung – für seine Wieder­wahl geän­dert werden können?

Für die ältere Gene­ra­tion hielt wiederum lange das Argu­ment hin, dass Muse­veni Stabi­lität ins Land brachte. Im Namen dieser Stabi­lität vertritt Ugandas Präsi­dent jedoch vor allem die regio­nalen sicher­heits- und konzern­po­li­ti­schen Inter­essen der west­li­chen Mächte: mit Kriegen in der Zentral­afri­ka­ni­schen Repu­blik, im Südsudan und in Somalia oder mit seiner offenen Flüchtlingspolitik.

Wenn der Staat zur Vertei­di­gung dieser hoch­ge­prie­senen Stabi­lität die Waffen gegen die eigene Bevöl­ke­rung richtet, drückt man eher mal ein Auge zu – eine Konti­nuität kolo­nialer Macht­stra­te­gien, findet der Autor Kalungi Serumanga.

Das repres­sive poli­ti­sche Klima liess Bobi Wine und seiner Partei, der National Unity Plat­form (NUP), nicht viel Raum für ein ausführ­li­ches poli­ti­sches Programm. Viel eher verfe­stigte es eine teils popu­li­sti­sche Rhetorik, welche in erster Linie #WeAre­Re­mo­vin­gA­Dic­tator zum Ziel hat. Wie Bobi Wine seine Verspre­chen, gegen Arbeits­lo­sig­keit oder Korrup­tion anzu­kämpfen und das Bildungs- und Gesund­heits­sy­stem zu fördern, prak­tisch umsetzen wollte, blieb weit­ge­hend offen.

Mit der Forde­rung „People Power, Our Power“ hat Robert Kyagu­lani Ssen­tamu neuen Wind in Ugandas poli­ti­sche Land­schaft gebracht. Hier mit seiner Frau Barbie Itungo Kyangu­lanyi an einer Pres­se­kon­fe­renz vor deren Stimm­ab­gabe am Wahltag. (Foto: Nicholas Balumanzeki)

Wächter:innen der Demokratie

Schon im Vorfeld der Wahlen versuchte der Staat, etliche demo­kra­tie­för­dernde Initia­tiven zum Still­stand zu bringen. Anfang Dezember 2020 sperrte die natio­nale Finanz­auf­sichts­be­hörde beispiels­weise die Bank­konten des Uganda Women’s Network, das mehr Frauen ins Parla­ment bringen wollte. Mit dem Vorwurf, sie würden Terro­rismus finan­zieren.

Gleich­zeitig nahm die Repres­sion gegen­über Journalist:innen zu. Während der Proteste im November kursierten Videos mit Aufnahmen, die zeigten, wie Polizei und Militär auf Medienvertreter:innen einschlagen. Die inter­na­tio­nale Besorgnis über diese Entwick­lung scheint jedoch wenig bewirkt zu haben. Drei Tage vor den Wahlen kündigte  der Poli­zei­chef an, dass Gewalt gegen Journalist:innen ihrem eigenen Schutz diene, wenn sie sich in gefähr­li­chen Umge­bungen aufhalten würden.

NGO-Vertreter:innen wurde die Einreise ins Land verwei­gert, auslän­di­sche Journalist:innen wurden depor­tiert, und im Gegen­satz zu den letzten Wahlen hatten weder die EU noch die USA Wahlbeobachter:innen im Einsatz – laut der US-Botschaf­terin in Uganda wurden 75 Prozent ihrer Beobachter:innen die Akkre­di­tie­rung verweigert.

Um die öffent­lich ausge­zählten Stimmen unab­hängig von der Wahl­kom­mis­sion aufzu­zeichnen, hatte die NUP in jedem Wahl­lokal ihre eigenen Agent:innen statio­niert. Zusätz­lich hatte die Partei die UVote-App lanciert, mit welcher Bürger:innen bei der Über­wa­chung der Abstim­mungen mithelfen konnten, indem sie Fotos der Ergeb­nis­li­sten einschickten – ohne Internet natür­lich schwierig.

Trotzdem gelangten Infor­ma­tionen an die Öffent­lich­keit. Jour­na­list Daniel Lutaaya twit­terte fort­lau­fend während der Wahlen – indem er die Nach­richten per Telefon und SMS an einen Freund in Zambia durchgab. Dieser publi­zierte die Infor­ma­tionen auf Lutaayas Twitter-Account. Lutaaya veröf­fent­lichte nicht nur etliche Zwischen­re­sul­tate verschie­dener Wahl­lo­kale, sondern berich­tete auch, dass an Wahl­sta­tionen Agent:innen der NUP verhaftet wurden.

Journalist:innen durften zu Beginn des Wahl­tags die Inter­net­ver­bin­dung des staat­li­chen Rund­funk­dien­stes mitbe­nutzen, welche während der Wahlen über Idi Amins altes Satel­li­ten­sy­stem funk­tio­nierte. Im Verlauf des Tages wurde auch ihnen der Zugang zum Internet verwehrt. Pati­ence Akumu schreibt ihre lesens­werte Kolumne für The Guar­dian via SMS.

Die Tweets des Jour­na­li­sten Daniel Lutaaya sind am Tag nach den Wahlen verschwunden. Wie andere Reporter:innen und Medien war auch er dazu gezwungen worden, die Nach­richten zu löschen.

Zählen über Wählen

Das Staats­fern­sehen verkün­dete am Tag nach den Wahlen fort­lau­fend die vorläu­figen Resul­tate der Wahl­kom­mis­sion. Amts­in­haber Muse­veni führte von Beginn an. Ein Tag später, am 16. Januar, wurde das Endre­sultat verkündet. Muse­veni hat offi­ziell mit 58.6 Prozent der Stimmen gewonnen. Zweiter wurde Robert Kyagu­lani Ssen­tamu mit 34.8 Prozent.

Tage später enthüllt The Daily Monitor, dass zu diesem Zeit­punkt die Stimmen von über 1200 Wahl­lo­kalen landes­weit noch gar nicht einge­reicht worden waren. Im Distrikt Wakiso waren 271 Wahl­lo­kale, in Kampala 50 Wahl­lo­kale betroffen. Nach offi­zi­ellen Angaben haben diese landes­weit wähler­reich­sten Gegenden mit über 70 Prozent für Bobi Wine gestimmt.

„Die Wahl wird nicht dadurch bestimmt, wer wählt, sondern wer zählt”, ist der Kolum­nist Serunkuma über­zeugt. Die ugan­di­sche Wahl­kom­mis­sion sei in keiner Weise unab­hängig. (Foto: Nicholas Balumanzeki)

Am Morgen des 17. Januars fand die Pres­se­kon­fe­renz der NUP statt – jedoch ohne die wich­tig­sten Köpfe der Partei. Bobi Wines Haus ist seit zwei Tagen von Soldaten umstellt. Auch den Journalist:innen blieb der Zugang verwehrt. Die Abge­ord­nete Betty Nambooze steht glei­cher­massen unter Haus­ar­rest. Und als NUP-Mann Francis Zaake Bobi Wine zu Hause besu­chen wollte, wurde er von den Sicher­heits­kräften so stark verprü­gelt, dass er bei Ankunft im Rubaga Hospital das Bewusst­sein verloren hatte.

Die NUP verkün­dete, dass sie die Resul­tate der Wahl­kom­mis­sion nicht aner­kenne und diese mit allen legalen Mitteln anfechten werde. Ein verzwei­felter Versuch, denn wieder­holt erfolglos hat dies auch der lang­jäh­rige voran­ge­hende Oppo­si­ti­ons­führer Kizza Besigye versucht. Nicht nur Wahl­kom­mis­sion und Militär, sondern auch die Justiz stehen unter derselben Kontrolle. Die NUP zieht daher auch fried­liche Proteste in Erwägung.

Bittere Nach­wehen

Die zirku­lie­rende falsche Nach­richt, dass der Abge­ord­nete Francis Zaake erschossen worden sei, trieb in Masaka und Luwero die Leute auf die Strasse. Schnell wurden die Proteste aber von Sicher­heits­kräften mit Hilfe von Tränengas aufge­löst – in Masaka starben zwei Menschen, 28 wurden festgenommen.

Die Hoff­nung, dass sich die Oppo­si­tion gegen die Wahl­ma­ni­pu­la­tion wehren könnte, hatte bereits vor den Wahlen drastisch abge­nommen. Nicht nur wegen der Repres­sion gegen Oppo­si­ti­ons­mit­glieder. Die Regie­rung hatte gar öffent­lich ange­kün­digt, dass sie mit Eigentümer:innen von hohen Gebäuden in Kampala Verein­ba­rungen getroffen hätte, Scharf­schützen auf den Dächern plat­zieren zu dürfen.

„Ich habe daher fast das Gefühl, dass nicht mehr viel passieren wird. Viel­leicht ein paar Demon­stra­tionen in Kampala, und dann wird es wahr­schein­lich wieder zur Norma­lität über­gehen”, sagt die Rashida aus Wakiso. Sie werde am Montag jeden­falls wieder in ihr Büro in der Haupt­stadt fahren. Dann fügt sie an: „Du kannst eigent­lich nichts tun, wenn du keine Waffe hast. Das Einzige, was du tun kannst, ist, eine Waffe zu haben und zu schießen.” Und sie lacht.

Natür­lich ist die Zeit der Guerilla-Kriege vorbei. Die junge Gene­ra­tion löst Muse­veni auch in den Mitteln des Macht­wech­sels ab. Heute sind die Strassen ihr Schlacht­feld, die Menschen­rechte ihre Waffe.

Doch erst wenn sich Ugander:innen verwundbar machen würden, erst wenn noch mehr Menschen­rechts­ver­let­zungen am hellichten Tag geschehen würden, werde sich die inter­na­tio­nale Gemein­schaft dazu gezwungen sehen, Muse­veni zu isolieren, sagt Serunkuma. Präsi­dent Muse­veni habe dies vermeiden wollen: mit der Repres­sion gegen die Presse, mit der Inter­net­sperre. „So dass niemand die Verbre­chen sehen kann – oder zumin­dest nicht so deut­lich”, fügt der poli­ti­sche Kommen­tator an.

Hie und da sieht man wenige NRM-Unterstützer:innen in den Strassen Kampalas feiern. (Foto: Nicholas Balumanzeki)

Der Tänzer Jason berichtet am Tag nach der Verkün­di­gung des wieder glei­chen Wahl­sie­gers, dass er sehr nieder­ge­schlagen sei. Nach seiner Bedenk­zeit richtet er aus, dass auch er seinen rich­tigen Namen doch lieber nicht in diesem Artikel erwähnt haben möchte, jetzt, wo Muse­veni gewonnen habe.

Am 18. Januar, nach vier Tagen geschäft­li­chen Still­stands und ohne Geld­trans­fers, wird die Inter­net­sperre aufge­hoben. Die Fest­nahme von 26 einhei­mi­schen Wahlbeobachter:innen und die Schlies­sung einer Stimm­emp­fangs­zen­trale durch die Polizei kommt ans Licht, ein vermisster NUP-Unter­stützer wird tot aufge­funden – es sollte erst der Anfang sein. Bobi Wine steht noch immer unter Hausarrest.


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