- Was ist Palmöl?
- Wer produziert Palmöl?
- Wo steckt Palmöl drin?
- Was ist so toll an Palmöl?
- Wieso ist Palmöl so schlimm?
- Gibt es nachhaltiges Palmöl?
- Was tun?
Was ist Palmöl?
Palmöl ist so etwas wie das Olivenöl der tropischen Küche. Wo wir Raps‑, Sonnenblumen, Erdnuss- oder Olivenöl nehmen, greifen afrikanische, asiatische oder südamerikanische Köche meist zum Palmöl. Dieses teilt eine weitere Gemeinsamkeit mit unserem mediterranen Lieblingsfett: Industriell produziert schmeckt es deutlich schlechter als frisch gepresst. Frisches Palmöl ist klar, leicht süsslich, ja, es hat gar einen leichten Veilchengeruch. Industrielles Palmöl erkennt man an der trüben Färbung und dem strengeren Geschmack.
Das Öl gewinnt man aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme, einem ungemein ertragreichen Baum. 30 Meter hoch trägt sie bis zu 6000 Früchte, die zusammen fast 50 Kilogramm wiegen.
Manchmal spricht man auch von Palmkernöl, das aus den Kernen der Früchte, die an der Ölpalme baumeln, gewonnen wird.
Wer produziert Palmöl?
Indonesien und Malaysia, wobei das natürlich nur die Länder sind, in denen die wichtigsten Palmölproduzenten ihre Plantagen haben: 85 Prozent des Palmöls stammt aus einem der beiden Länder.
Von den Firmen, die dort Palmöl anbauen, wirst du aber noch nie gehört haben. Dabei hat Wilmar International, der Weltmarktführer, 2014 einen Umsatz von 43 Milliarden US-Dollar erzielt und 94‘000 Personen beschäftigt. Auch die anderen grossen Palmölproduzenten sind Milliardenkonzerne. Sime Darby Berhad machte 2013 13 Milliarden, IOI 12 Milliarden Dollar Umsatz.
Wo steckt Palmöl drin?
Überall. In allen möglichen Lebensmitteln, etwa in Ovomaltineguetzli, in Buitonis Fertigpizzen oder in Züri Tirggeln – ja, sogar in diesem lokal produzierten Traditionsgebäck findet sich heute das tropische Fett. Palmöl steckt aber auch in Kerzen oder in Shampoos. Greenpeace geht davon aus, dass Palmöl in 50 Prozent aller im Supermarkt erhältlichen Produkte zu finden ist.
Auf dem Weltmarkt hat Palmöl 30 Prozent Marktanteile. Damit ist es das meistgenutzte pflanzliche Öl weltweit. Und es erfreut sich nach wie vor steigender Beliebtheit. 2015 erreichte die Palmölproduktion 60 Millionen Tonnen; 2001 waren bloss 25.6 Millionen Tonnen produziert worden.
Wieso ist Palmöl so beliebt?
Die Sache ist ganz einfach: Palmöl ist günstig, weil es effizient zu produzieren ist. Eine Ölpalme ist etwa deutlich effizienter als das ebenfalls sehr günstige Raps. Das gab kürzlich auch die Zürcher Stadträtin Claudia Nielsen zu bedenken, als im Zürcher Stadtparlament debattiert wurde, ob in den Küchen städtischer Betriebe künftig auf Palmöl verzichtet werden sollte.
Aber Palmöl ist nicht nur günstig, es ist auch gesund. Ein Esslöffel rotes Palmöl enthält bereits mehr als die täglich benötigte Dosis an Vitamin A, Betakarotin und Vitamin E. Das ist aber nicht der Grund, weshalb Nahrungsmittelproduzenten auf Palmöl setzen. Diese schätzen am Palmöl seine herausragende Hitze- und Oxidationsstabilität — und dass es kaum ungesättigte Fettsäuren enthält, die sich beim Braten in gefährlich Transfette umwandeln.
Palmkernöl hat zudem die schmackhafte Eigenschaft, bei Raumtemperatur fest zu sein, bei Körpertemperatur allerdings schnell zu schmelzen. Das macht Palmkernöl für Schokoladeproduzenten unverzichtbar.
Ok, bis jetzt klingt Palmöl nach einem Wundermittel. Wieso reagieren denn alle so hysterisch, wenn ein Produkt Palmöl enthält?
Weil Palmöl auf Plantagen in den Tropen gewonnen wird. Und für diese Plantagen sind in den letzten 15 Jahren Millionen von Hektaren Regenwald abgeholzt worden. Pro Jahr rodet Indonesien etwa 800’000 Hektar Regenwald. Zum Vergleich: Die ganze Schweiz verfügt über Ackerland von 400’000 Hektar.
WissenschafterInnen haben mithilfe von Satellitenbildern berechnet, dass Indonesien zwischen 2000 und 2012 sechs Millionen Hektar Regenwald abgeholzt hat; ein grosser Teil der so gewonnen Fläche wird heute von Ölpalmen bedeckt. Zum
Vergleich: Die gesamte Waldfläche der Schweiz macht 1.3 Millionen Hektar aus.
Im Regenwald und vor allem im Boden, auf dem dieser seit Millionen Jahren wächst, sind gigantische Mengen CO2 gespeichert. In einem Hektar Regenwald sind 6’000 Tonnen Kohlenstoff gespeichert; ein mitteleuropäischer Wald speichert auf der gleichen Fläche bloss 120 Tonnen. Rodet man den Regenwald, entweicht dieses CO2 in die Atmosphäre. Indonesien wurde dadurch zu einem der grössten CO2-Emittenten weltweit.
In Indonesien wurden in den letzten Jahren zudem Torfgebiete trockengelegt und anschliessend abgebrannt, um weiteren Platz für Palmölplantagen zu gewinnen. Satellitenaufnahmen belegen, dass die riesigen Brände auf Sumatra und Borneo im Jahr 2013 auf Brandrodung von Torfgebieten zurückzuführen sind, auf denen später Palmöplantagen angelegt werden sollten. Auch in den Torfgebieten lagert so viel Kohlenstoff, dass Indonesien seine CO2-Reduktionsziele eigentlich gleich vergessen kann, wenn es die Trockenlegungen nicht stoppt.
Die Zerstörung der Regenwälder ist natürlich nicht nur für das Weltklima verheerend. Ganz nebenbei verlieren Tausende Tierarten, von denen der Orang-Utan der bekannteste ist, ihren Lebensraum.
Ach ja, da wären natürlich noch die Vielzahl an Menschenrechtsverletzungen zu nennen, mit denen die Palmölkonzerne von sich reden machen. Die alle aufzulisten, würde zu weit führen.
Und das ganze scheint kein Ende nehmen zu wollen. Bis 2025 will Indonesien seine Anbaufläche für Palmöl fast verdoppeln.
Also sollten wir auf Palmöl ganz verzichten?
Das ist auch nicht wirklich klug. Denn wollte man Palmöl durch andere Öle ersetzen, etwa durch Sonnenblumen- oder Rapsöl, bräuchte man viel grössere Anbauflächen für diese Pflanzen.
Wie wär es denn mit nachhaltigem Palmöl?
Das wäre, rein theoretisch, eine Möglichkeit. Es ist keine Hexerei, die Ölpalme nachhaltig anzubauen. In Westafrika, von wo die Palme ursprünglich stammt, kochte man mit Palmöl, lange bevor Wander für seine Ovomaltineguetzli die hervorragenden Schmelzeigenschaften nutzen wollte. Aber das war zu vorindustriellen Zeiten. Und wie wir wissen, hat die Industrialisierung der Umwelt nur wenig Freude bereitet.
Heute gibt es zwar Biopalmöl. Auf Bioprodukten ist jeweils angegeben, ob das Palmöl aus biologischem Anbau stammt. Sonst bleibt KonsumentInnen nur eins: Nachzufragen, woher das Palmöl in den Produkten stammt. Fragt man Unternehmen an, ob sie sich bewusst sind, dass für ihre Guetzli oder für ihr Shampoo Regenwald gerodet wird, verweisen sie auf eine Art Label, das bescheinigen soll, wie nachhaltig ihr Palmöl ist: Den Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO, Roundtable for Sustainable Palm Oil). Der WWF hat diesen 2004 ins Leben gerufen, um zusammen mit der Industrie Kriterien für nachhaltig produziertes Palmöl festzulegen.
Greenpeace, Rettet den Regenwald und weitere Umweltschutzorganisationen kritisieren den RSPO allerdings massiv. Der Runde Tisch werde von Palmölproduzenten dominiert, der RSPO widerspiegle bloss einen ungenügenden Minimalkonsens. Das zeige sich beispielsweise darin, wie der RSPO sein Abholzungsverbot umsetze. Der RSPO verbiete die Abholzung nämlich nur dann, wenn die Unternehmen die durch die Abholzung entstehenden Emissionen nicht in irgendeiner Form kompensieren würden. Diese Regelung öffne weiteren Rodungen Tür und Tor, so Greenpeace. Auch sei es nach RSPO erlaubt, in Indonesien Torfgebiete abzubrennen, um Land für Palmölplantagen zu gewinnen. Es sei daher nicht auszuschliessen, dass die Brände von 2013 für neue RSPO-Plantagen gelegt wurden.
Das klingt alles so deprimierend, was kann ich nun tun?
Den Kopf nicht hängen lassen. Wenn immer möglich, keine Produkte kaufen, die Palmöl enthalten. Dank der neuen Verordnung, die Anfang Jahr in Kraft getreten ist, muss auch in der Schweiz deklariert werden, wenn Lebensmittel Palmöl enthalten. In der EU ist eine entsprechende Regelung seit 2014 in Kraft.
Allerdings ist auch solch ein Boykottversuch voller Fallstricke. In Kosmetika versteckt sich Palmöl in verschiedenen Stoffen, die Konsumenten kaum verständlich sind. Eine Liste findet ihr hier.
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