Wenn ein T‑Shirt nur 4.- CHF kostet, kriegt irgend­je­mand zu wenig. C&A bewirbt das trotzdem mit dem Hashtag #Best­Deal

Bis ein T‑Shirt bei einem Kunden im Schrank hängt, müssen ein Baum­woll­feld bestellt, eine Weberei betrieben, die Nähma­schine bedient, Trans­port­ko­sten bezahlt, ein Laden­lokal gemietet und das Verkaufs­per­sonal entschä­digt werden. Dass es sich bei einem Endpreis von 4 Franken pro T‑Shirt dabei für alle Betei­ligten um einen guten Deal handelt, ist schwer vorstellbar. 

Es war eine einfache Frage, die wir dem Mode­kon­zern C&A stellten. Sie bezog sich auf dessen neue Klei­der­linie, beworben mit dem Hashtag #Best­Deal.

Kann ein Shirt, das für 4.- CHF über den Ladentisch geht wirklich ein guter Deal für alle sein, wollten wir von C&A wissen ((C) A. Tiefenbacher)
Kann ein Shirt, das für 4 Franken über den Laden­tisch geht, wirk­lich ein guter Deal für alle sein? Das wollten wir von C&A wissen. (Foto: Alex Tiefenbacher)

Aber die Antwort auf unsere Frage entpuppte sich als nicht ganz so einfach:

Liebe Leute von C&A

Ich hätte eine Frage zur Werbe­kam­pagne #Best­Deal, mit der ihr unter anderem T‑Shirts für 4.- CHF bewirbt. Kriegt ihr da genug Geld rein, damit es wirk­lich für ALLE ein guter Deal ist? Wieviel verdienen die Nähe­rInnen dieser Shirts?
Ich würde mich sehr über eine kurze Antwort freuen.

Vielen Dank und liebe Grüsse,
das Lamm

Die Antwort erreichte die Lamm-Redak­tion bereits ein paar Tage später:

Sehr geehrtes Lamm

Besten Dank für Ihre Anfrage und Ihr Inter­esse an C&A.
C&A handelt verant­wor­tungs­be­wusst und hat auf Basis seiner Unter­neh­mens­werte hohe Stan­dards gesetzt. Sämt­liche Produk­ti­ons­stätten unserer Liefe­ranten müssen die vertrag­lich bindenden Regeln unseres Verhal­tens­kodex einhalten. Das gilt auch für unsere #Best­Deal-Produkte. So schreibt der Verhal­tens­kodex die Zahlung des Mindest­lohns verpflich­tend fest. Da die Zahlung des gesetz­li­chen Mindest­lohns in unserem Verhal­tens­kodex zu den Zero Tole­rance Regeln zählt, behalten wir uns vor die Zusam­men­ar­beit mit einem Liefe­ranten zu beenden, sollte der gesetz­liche Mindest­lohn und weitere Anfor­de­rungen des Verhal­tens­kodex nicht erfüllt werden. Gleich­zeitig arbeiten wir mit NGOs, Regie­rungs­or­ga­ni­sa­tionen, Gewerk­schaften und anderen Händ­lern zusammen, um den Dialog der Sozi­al­partner vor Ort zu fördern und dabei zu helfen, die Grund­lage für existenz­si­chernde Löhne zu schaffen.

Ich hoffe, Ihre Frage zu #Best­Deal damit beant­wortet zu haben.

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Freund­liche Grüsse
Die C&A Kommunikationsabteilung

C&A bezahlt also die gesetz­li­chen Mindest­löhne, arbeitet aber gleich­zeitig an den Grund­lagen für existenz­si­chernde Löhne. Heisst das, dass die jetzigen gesetz­li­chen Mindest­löhne nicht existenz­si­chernd sind? Laut der NGO Public Eye, die sich welt­weite für eine gerech­tere Welt und gegen Menschen­rechts­ver­let­zungen enga­giert, ist das leider so. In den meisten Produk­ti­ons­län­dern müsste der gesetz­lich fest­ge­legte Mindest­lohn drei bis fünf Mal höher sein, um sich damit eine stabile Existenz aufbauen zu können, erklärt uns David Hach­feld von Public Eye. Das klingt eher nach working poor als nach best deal.

Mit der Frage, weshalb C&A keine existenz­si­chernden Löhne zahlt, wandten wir uns aber­mals an die Kommu­ni­ka­ti­ons­ab­tei­lung des Konzerns:

Vielen Dank für diese Antwort. Eine Frage hätte ich noch: Wieso bezahlen Sie Ihren Arbei­tern und Arbei­te­rinnen keine existenz­si­chernden Löhne?

Vielen Dank für eine erneute, kurze Antwort.

Liebe Grüsse
das Lamm

Nach mehr­ma­ligem Nach­fragen und ein paar Wochen Warten erhielten wir folgende Antwort:

Sie finden alle Infor­ma­tionen betref­fend Nach­hal­tig­keit hier: http://sustainability.c‑and‑a.com/home/

Dort ist alles sehr ausführ­lich beschrieben.

Ausführ­lich ist die Seite. Doch eine Antwort auf die Frage, weshalb C&A keine existenz­si­chernden Löhne bezahlt, fanden wir nicht. Und auf die Bitte, uns doch die genaue Stelle auf der Website zu schicken, schrieb uns die C&A Koomu­ni­ka­ti­ons­ab­tei­lung: „Leider kann ich Ihnen so detail­liert nicht weiter­helfen. Ich bin über­zeugt, dass Sie alle Antworten auf der Webseite finden.“ Merk­würdig, dass man einer­seits nicht über das passende Detail­wissen verfügt, aber gleich­zeitig der vollen Über­zeu­gung ist, dass die Antwort auf der Seite zu finden sei.

Es kann sein, dass C&A selber drauf­legt. Aber das ist eher unwahrscheinlich.

In der Hoff­nung, doch noch an die nötigen Infos zu kommen, wandte sich das Lamm noch­mals an David Hach­feld von Public Eye. Viel­leicht machen mit einem Verkaufs­preis von 4 Franken pro Shirt ja tatsäch­lich alle einen guten Deal?:

Das ist sehr unwahr­schein­lich, doch um das genau sagen zu können, bräuchte es die Zahlen von C&A. Es kann durchaus sein, dass bei diesem Angebot C&A selbst drauf­zahlt aber hofft Kunden anzu­locken, die noch andere Artikel kaufen, mit denen sie dann auch etwas verdienen. Vermut­lich liegen bereits die Mate­ri­al­ko­sten bei 1 bis 2 CHF. Bei Biobaum­wolle oder gar fair gehan­delter Baum­wolle nochmal deut­lich höher. Die Löhne sind je nach Land unter­schied­lich, doch wenn sie auf Existenz­lohn-Niveau wären, würde ich dafür mind. 50 Rappen ansetzen, eher auch mehr. Die Gesamt-Herstel­lungs­ko­sten dürften bei minde­stens 2 CHF liegen, eher bei 3 CHF. Bei Bio und fair etwas höher. Dann kämen aber noch Trans­port, Marke­ting und die durchaus hohen Kosten der Filialen hinzu. Da wäre es schon ein Wunder, wenn für C&A noch etwas übrig bleibt und das Ganze auch noch fair ist. Also kurz: Sehr, sehr unwahrscheinlich.

Aber ein biss­chen verstehen wir das Ausweich­ma­növer von C&A schon. Denn die ehrliche Antwort hätte wahr­schein­lich gelautet: „Weil die stink­reiche Inha­ber­fa­milie Brenn­inkmeijer noch mehr Kohle machen will.“ Oder: „Weil den KundInnen das am Arsch vorbei geht.“ Damit hätte sie natür­lich weder sich selbst noch dem Konzern das Leben einfa­cher gemacht. Eines ist aber richtig einfach: Ist etwas zu billig, hat jemand zu wenig gekriegt.

 


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