Im vergangenen November lehnte das Schweizer Volk die Atomausstiegsinitiative ab. Die Energiestrategie 2050 ist nun in einem gewissen Sinne auch der indirekte Gegenvorschlag zur damaligen Initiative, die vielen im Parlament zu weit ging. Vor der Abstimmung dieses Wochenende lohnt sich deshalb nochmals kurz ein Blick zurück — und in die Zukunft.
Wie die kleine Schweiz zur Atomnation wurde
Wer heute für Atomstrom schwärmt, gerät in Erklärungsnot. Denn allzu klar ist mittlerweile die Sicht auf das rissig gewordene Industriefossil. Das war nicht immer so: In den fünfziger und sechziger Jahren war die Hoffnung auf eine energetische Befreiung durch das Atom grenzenlos. Ein Blick zurück in verschollene Zukunftsfantasien, die bis heute weiterstrahlen.
Tschernobyl, Fukushima: Warum gibt es überhaupt noch AKWs?
Tschernobyl, Fukushima, ständig steigende Verluste bei den AKW-Betreibern, die wirtschaftliche Attraktivität erneuerbarer Energien, der Ausstiegsentscheid des Bundesrats vom Mai 2011: Die Atomenergie war am Ende. Dennoch stimmen wir wieder über den geordneten Atomausstieg ab. Woher die plötzlichen Zweifel?
Ambivalenz in der Forschung
Wenig überraschend ist Nuklearingenieur Christian Bolesch kein grosser Anhänger der Energiestrategie 2050. Er findet sie zu wenig differenziert. Zu einseitig, zu schwarz-weiss. Allerdings: Die Gegenkampagne, die findet er auch „irgendwie“ – Christian hält kurz inne – „scheisse“. Wir sprachen mit ihm über das Gute, Zukunftsängste und die Energiestrategie 2050.
Was sagen die GegnerInnen zur #ES2050?
Die Energiestrategie 2050 ist viel zu teuer. Wir werden abhängig von Stromimporten aus dem Ausland. Wenn wir die Energiestrategie annehmen, werden wir Kohlestrom aus dem Ausland importieren. Die Energiestrategie wird unsere Landschaft verschandeln. Stimmt das überhaupt?
Wer sind die GegnerInnen? Zum Beispiel die Stiftung Energy for Humanity
Die Stiftung Energy for Humanity kämpfte dafür, dass wir NEIN sagten zum Atomausstieg und investierte Millionen in den Abstimmungskampf. Schuld daran: Die Mutter des Unternehmers Daniel Aegerter – und ein paar ignorante Altherren. Es gibt gute Gründe, weshalb wir uns vor ihnen fürchten sollten.
Gibt es Alternativen?
Unseren serbelnden AKWs werden noch immer nicht die Stecker gezogen, die Energiestrategie 2050 soll weiter ausgedünnt werden und Erdöl war selten so billig wie heute. Kurzum: Die Energiewende liegt im Sterben. Wer diesem Trauerspiel nicht länger beiwohnen mag, dem empfehlen wir fünf auserlesene Ideen, wie der Atom- und Ölirrsinn einfach zu umschiffen ist. Lesen, Ärmel hochkrempeln und los! Gegen den Atomkater: Fünf Energiealternativen zum Selbermachen
Welche Fragen bleiben offen?
- Ist eine völlig energieautonome Schweiz mit den erneuerbaren Energien möglich?
- Ist es möglich, auch im Winter den Strombedarf mit den Erneuerbaren zu decken? Wenn ja, was müsste man dazu ausbauen/entwickeln? Welche der vielen erneuerbaren Technologien haben den geringsten Effekt auf die Umwelt (auch in Bezug auf Lebensräume/Tiere)?
- Weil ja die erneuerbaren Energien ausgebaut werden sollen, braucht es doch mehr Photovoltaikzellen. Und in diesen stecken doch Seltene Erden. Und dann hört man doch immer wieder, dass es von diesen Seltenen Erden nicht so viel gibt – und wenn, dann nur in China.
- Wie lange reichen die Seltenen Erden noch?
- Wieviel CO2 braucht Atomenergie?
- Wieviel Prozent unseres Energiebedarfs können wir mit Solarenergie decken, wenn wir diese auf den Dächern gewinnen?
- Wieviel Energie können wir mit einem Ausbau der Windkraftwerke an den bestehenden Standorten ausbauen?
- Wie stark ist die Wasserkraft noch ausbaubar?
- Wie stark wird unser Stromverbrauch steigen, wenn vermehrt Elektroautos gekauft werden?
- Wie sollen die Mehrkosten (Windkraftwerke, Solarpanelplantagen und die für die Einspeisung notwendigen Leitungen) mit so wenig Geld finanziert werden?
- Was ist mit den Stromeinsparungsvorgaben, welche Hausbesitzer zwingen werden, ihre Häuser energieeffizienter neu oder umzubauen?
- Womit werden all die Geräte finanziert, welche den neuen Standards nicht entsprechen, um die vorgeschriebenen Ziele bezüglich Energiereduktion zu erreichen?
- Fazit?!
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