Restlos Glücklich (Berlin): Kochen mit geretteten Lebensmitteln
Das Restaurant Restlos Glücklich bekocht in Berlin Neukölln seine Gäste seit knapp einem Jahr mit all dem, was andere nicht mehr wollen, aber noch vollkommen geniessbar ist. Den Grossteil der Lebensmittel, also etwa Obst, Gemüse, Salat oder Brot, bekommen die Köchinnen und Köche des Restlos Glücklich von denn’s Biomarkt. Von anderen Kooperationen erhalten sie Bio-Gewürze oder Schokolade, deren Verpackung beschädigt ist und die sich deshalb nicht mehr verkaufen lassen. Manchmal sind auch Weine dabei, die vielleicht zu lange im Schaufenster standen oder bei denen das Etikett verrutscht ist.
Viele der Esswaren, die das Restlos Glücklich verarbeitet, haben Bioqualität. Aber das ist kein Muss. Wichtig ist vor allem, dass es Lebensmittel sind, die so vor dem Wegwerfen gerettet werden. Kurz: Das Restlos Glücklich will sichergehen, dass mehr verwertet wird, was noch aufgetischt werden kann.
Ein Grossteil der Arbeit wird von Ehrenamtlichen geleistet, die sich je nach Zeit und Lust unterschiedlich stark engagieren. Mit dem Gewinn aus dem Restaurant werden eigene Projekte zur Sensibilisierung gegen Foodwaste finanziert. Zum Beispiel Workshops, bei denen man lernt, wie man Lebensmittel richtig lagert oder haltbar machen kann. Wer einen Platz für ein Dinner im Restlos Glücklich auf sicher will, sollte vorher reservieren. Vor allem am Wochenende ist das Lokal ausgebucht. Leider sind die Portionen nicht sonderlich gross. Aber dafür sitzt man am Ende ohne Reste vor seinem Teller. Denn wenn die Gäste nicht aufessen, muss leider auch das Restlos Glücklich einmal etwas in die Tonne schmeissen.
- Website: www.restlos-gluecklich.berlin
- Adresse: Kienitzer Str. 22, 12053 Berlin, Deutschland
- Öffnungszeiten: Mi — Sa, 18 — 22 Uhr
Robin Hood (Madrid): Hier gibt es Kristallgläser für Obdachlose
Starköche, die für Obdachlose kochen? Wein aus Kristallgläsern für Leute, die sonst Dosenbier auf der Strasse trinken? Für den Priester Ángel Garcia Rodriguez ist das selbstverständlich. „Ich möchte, dass diese Leute ebenso in Würde essen können wie andere Gäste“, sagte der 80-jährige Priester in einer Reportage des amerikanischen Radiosenders NPR. Und gute Essensqualität, Kristallgläser, kein Plastik und freundliche Unterhaltung gehörten da laut Ángel einfach mit dazu. Damit alle einen Restaurantbesuch geniessen können, hat er in Madrid im Dezember 2016 das Restaurant Robin Hood eröffnet.
Das Konzept ist einfach: Zum Frühstück und Mittagessen bezahlt man die normalen Preise. Mit dem Überschuss werden die Abendessen für diejenigen bezahlt, die sich einen solchen Restaurantbesuch sonst niemals leisten könnten. Und weil doch alle etwas Gutes tun wollen, wenn es so einfach ist, stehen nicht nur die zahlenden Gäste, sondern auch die Starköche Schlange, um bei Pater Ángel hinter den Herd stehen zu dürfen. Ob dabei auch auf bio, fair und saisonal geachtet wird, ist leider nicht klar. Aber auch so finden wir die Idee einfach toll.
- Webseite: haben wir leider keine gefunden
- Adresse: Av. Castilla la Mancha 33, 45003 Toledo, Spanien
Provisorium 46 (Bern): Hier gehört selbstverständlich jeder dazu
„Sie können nicht alles. Aber wir ja auch nicht“, stellt Jonas Staub, der Geschäftsführer des Provisoriums 46, in einem Interview mit Telebärn kurz vor der Eröffnung des Restaurants im Sommer 2016 fest. Aber etwas sei doch eigentlich bei allen Menschen gleich, egal ob mit oder ohne Behinderung: Wir alle wollen dazu gehören. Und zwar auf eine ganz normale und selbstverständliche Art und Weise — und nicht in einem speziellen, kleinen Umfeld, wie das bei Leuten mit einer Beeinträchtigung oft geschehe.
Genau das möchte Jonas Staub mit dem Projekt Provisorium 46 erreichen. In Restaurant Provisorium 46 arbeiten nämlich Menschen mit und ohne geistige Beeinträchtigung zusammen. Gestartet während der Fussball-Europameisterschaft läuft der Betrieb zunächst bis ins Jahr 2018 weiter. Ende 2018 ist ein behindertengerechter Umbau des Gebäudes geplant, sodass auch Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung mitarbeiten oder als Gäste im Restaurant vorbeischauen können. Was am Provisorium 46 auch noch begeistert: Hier kommen regionale, saisonale und biologische Lebensmittel auf den Tisch.
- Website: www.provisorium46.ch
- Adresse: Muesmattstr. 46, 3012 Bern, Schweiz
- Öffnungszeiten: Di – Fr, 11.30 – 23.30 Uhr und Sa, 18 – 23.30 Uhr
Syr (Utrecht): Die Kasse muss stimmen — aber nicht um jeden Preis
Im Juni 2016 öffnete im niederländischen Utrecht das Restaurant Syr seine Tore. Es will geflüchteten Menschen einen Ort bieten, wo sie ihre Talente einbringen und weiterentwickeln können. Ermöglicht wurde es durch ein Crowdfunding. Über 500 InvestorInnen haben das Startkapital für das Restaurant zur Verfügung gestellt. Innerhalb von drei Jahren soll dieses Geld zurückbezahlt sein. Auch im Syr muss deshalb Geld erwirtschaftet werden.
Aber die MacherInnen vom Syr sehen sich nicht als normale UnternehmerInnen, sondern als Social Enterpreneurs. Ihr oberstes Ziel ist nicht, den Gewinn zu maximieren, sondern den sozialen Impact. Beim Syr heisst das „… to increase refugee participation in the Netherlands by offering them education and career opportunities”. Und nebenbei ist das Syr auch noch Begegnungsort für alteingesessene und neue EinwohnerInnen von Utrecht. Es gibt Ausstellungen, Workshops und Diskussionsabende rund um das Thema Migration.
- Website: www.restaurantsyr.nl
- Adresse: Lange Nieuwstraat 71, 3512 PE Utrecht, Niederlande
- Öffnungszeiten: Do — So, 11.30 – 16 Uhr und Mo — So, 17 – 22 Uhr
Conflict Kitchen (Pittsburgh): Essen aus allen Ländern, mit welchen die USA in einem Konflikt steht
Küche? Explosiv! Das wäre wohl die richtige Beschreibung für die kulinarische Ausrichtung der Conflict Kitchen in Pittsburgh. Das Restaurant serviert nämlich ausschliesslich Gerichte aus Ländern, mit welchen die USA in einem Konflikt steht. Die Speisekarte wandelte sich bereits von der iranischen über die afghanische zur kubanischen und nordkoreanischen Küche. Aber nicht nur das Menu passt sich dem Land an, das temporär im Fokus steht, sondern das ganze Interieur des Lokals.
Begleitet wird das kulinarische Konzept von Events, Aufführungen und Diskussionen. Die Conflict Kitchen will über den Magen die Diskussionen zu Länder anregen, über welche viele Leute in Pittsburgh ansonsten nur über die Schlagzeilen in grossen Zeitungen Dinge erfahren – meist unschöne. Ergänzend trägt die Conflict Kitchen viel zur ethnischen Diversität von Pittsburgh bei: In welcher anderen Stadt gab es in den letzten Jahren schon im Wechsel ein afghanisches, iranisches, venezolanisches und kubanisches Restaurant?
- Website: www.conflictkitchen.org
- Adresse: 221 Schenley Drive, Pittsburgh PA, USA 15213
- Öffnungszeiten: Mo — So, 11 — 18 Uhr
Refugio (Berlin): Hier kann jeder einem Menschen beim Deutsch lernen helfen
In einem hundertjährigen Haus gleich neben dem Hermannplatz in Berlin Neukölln befindet sich das Refugio. Das Café bietet leckere Kaffeespezialitäten wie Cappuccino, Latte oder Flat White. Dazu gibt es selbstgebackene Kuchen. Und am Wochenende geniesst man im Refugio einen syrischen Brunch. So weit, so unspektakulär. Aber das Refugio ist viel mehr als nur ein Café.
In den oberen Stockwerken leben und arbeiten über 40 Menschen, die auf der Suche nach einem neuen Zuhause sind. Die meisten stammen aus dem arabischen oder deutschen Kulturkreis und wollen sich in Berlin ein neues Leben aufbauen. Das Refugio hilft ihnen dabei, indem sie hier die ersten 1.5 Jahre wohnen können.
Aber auch als Café-BesucherIn kann man helfen. Jeden Mittwochabend findet im Café Refugio nämlich das Sprachcafé statt. Dort werden deutschsprachige KaffeebesucherInnen mit solchen, die es werden wollen, an einen Tisch gesetzt. „Berlin ist ein wahrer Melting Pot für Expats“, meint Andreas Romeike, der Leiter des Cafés. „Die Tatsache, dass auch Leute aus Australien, Irland, Kanada, Frankreich und vielen anderen Ländern dieses Angebot wahrnehmen, macht einen Einstieg sehr einfach.“ Hier sei man nicht ein Geflüchteter, eine Geflüchtete, sondern einfach jemand, der Deutsch lerne. An- oder abmelden muss man sich nicht. Mitmachen können alle, Vorkenntnisse braucht es keine. Zwar hätten die NeuberlinerInnen vielleicht von TandempartnerInnen, die sich verpflichten, jeden Mittwoch anzutanzen, mehr. Anderseits macht gerade die Niederschwelligkeit des Engagements das Mitwirken beim Sprachcafé so attraktiv. Zu viel Commitment kann halt auch abschreckend wirken — auf die Locals wie auch auf die Non-Locals.
- Website: www.refugio.berlin
- Adresse: Lenaustraße 3–4, 12047 Berlin, Deutschland
- Öffnungszeiten: Di — So, 10 — 18 Uhr, Sprachcafé: Mi, 17.30 — 19.30 Uhr
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Und falls du nun wegen diesem Artikel über einen Städtetrip nach Berlin, Utrecht oder Madrid nachdenkst, dann probiere es doch mal mit Autostopp anstatt mit einem Billigflug von Ryan Air. Da pustest du wenigstens kein zusätzliches CO2 in die Luft. Ich habs schon öfters ausprobiert. Klappt hervorragend.
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