Sexua­li­sierte Gewalt an Frauen ist ein Männerproblem

Die kürz­lich entfachte Diskus­sion über sexua­li­sierte Gewalt an Frauen hat vor allem eines gezeigt: Männer sind Teil des Problems, doch sie fehlen im Diskurs. Der Fokus liegt auf den Opfern, statt auf den Tätern; die eigent­lich oft „normale, nette Männer“ sind. Wir haben mit vier solchen Männern über ihre Grenz­über­schrei­tungen gesprochen. 
Frauen setzen sich schon seit geraumer Zeit gegen sexualisierte Gewalt ein – so auch am diesjährigen 8. März. Doch wo sind die Männer? (Foto: Frauenstreik Kollektiv Zürich)

Trig­ger­war­nung: Sexua­li­sierte Gewalt, Rassismus 

Zwei sehr privi­le­gierte Männer produ­zieren ein 15-minü­tiges Video über sexua­li­sierte Gewalt. Sie selbst treten darin nicht auf; dafür umso mehr Frauen, die sie erzählen und erklären lassen. Das Video wird zur Prime­time auf ProSieben gezeigt. So weit, so gut?

Nicht ganz: Am Tag nach der Ausstrah­lung liefen die sozialen Medien heiss. Feminist*innen kriti­sierten etliche Aspekte des Videos. Insbe­son­dere, dass weder BIWoC (Black, Indi­ge­nous and Women of Color), LGBTIQ-Personen oder Frauen mit Behin­de­rung darin vorkamen. Auch die Zusam­men­ar­beit mit der Orga­ni­sa­tion Terre des Femmes Deutsch­land wurde kriti­siert.

Während einige es begrüssten, dass die beiden Enter­tainer sich aus dem Video raus­hielten, hätten andere ein ehrli­ches State­ment von den beiden vorge­zogen; denn auch sie sind Teil des Problems, das sie anzu­pran­gern versuchten. Hier liegt denn auch ein weiterer wich­tiger Diskus­si­ons­punkt: Sollen sich Männer zugun­sten von Frauen im Hinter­grund halten? Oder hätten Joko & Klaas als selbst­re­fle­xive Vorbilder hinstehen und Reue zeigen sollen?

Sie wählten Vari­ante eins und verpassten somit eine einzig­ar­tige Chance, Männer als (poten­zi­elle) Täter anzu­spre­chen. Männer sind bis anhin kaum in den Diskurs um sexua­li­sierte Gewalt invol­viert. Obwohl es sie direkt betrifft, oftmals in der Rolle des Täters.

Das beob­achtet auch Agota Lavoyer, stell­ver­tre­tende Leiterin der Opfer­hil­fe­fach­stelle Lantana: „Es ist Zeit, dass wir den Fokus von den Opfern auf die Täter verlegen.“ Solange das Thema Aufmerk­sam­keit erhalte, sei das grund­sätz­lich gut. „Aber die Frage ist doch: Wie viele Geschichten braucht es noch? Wie viele Opfer müssen noch vor die Kamera stehen und sich bloss­stellen? Nur damit wir zuhause vor dem Laptop sitzen und darüber urteilen können, ob das denn wirk­lich so schlimm war oder nicht.“

Lavoyer ist sich sicher: „Wenn wir etwas verän­dern möchten, müssen wir bei den Männern ansetzen. Denn momentan wird sexua­li­sierte Gewalt an Frauen als Frau­en­pro­blem abgetan.“ Es gebe natür­lich schon Männer, die ihre Unter­stüt­zung dafür ausspre­chen würden. „Wir brau­chen aber Männer, die sagen: ‚Wir nehmen das Thema zu uns.‘ Es ist eben kein Frauen‑, sondern ein Männerproblem.“

Sexua­li­sierte Gewalt hat viele Ebenen, die von uner­wünschten Kommen­taren bis zur Verge­wal­ti­gung reichen. Diese verschie­denen Grenz­über­schrei­tungen sollen keines­wegs in denselben Topf geworfen werden; doch sie sind mitein­ander verbunden und bauen aufein­ander auf. Sich also nur auf Extrem­bei­spiele zu konzen­trieren, ist nicht sinn­voll, denn das schliesst eine grosse Anzahl von Fällen aus.

Um diesen Diskurs zu fördern, hat das Lamm mit vier Männern über ihre Grenz­über­schrei­tungen gespro­chen. Die Männer kommen bewusst anonym zu Wort. Das Ziel ist, die Syste­matik hinter dem Problem und nicht die Männer selbst in den Fokus zu stellen. Es soll ein Versuch sein, die Selbst­re­fle­xion in die Öffent­lich­keit zu tragen, ohne dass die Männer sich damit von ihrer Schuld befreien können.

Philip: „Das Problem­be­wusst­sein fehlt“

Einer dieser Männer ist Philip*. Er erzählt von seiner, wie er sie nennt, toxi­schen Zeit: „Ich hatte so eine Phase, als ich studierte, in der ich sehr oft viel Alkohol an Partys trank. Da wurde ich teil­weise sehr aufdring­lich und habe Leute abge­knutscht; aller­dings sowohl Männer wie auch Frauen – ich habe so dem Ganzen quasi etwas Progres­sives gegeben. Aber eigent­lich war das ein sehr über­grif­figes Verhalten.“

Es sei damals für ihn wichtig gewesen, zu ‚performen‘. Er meint, dass unter vielen Hetero-Männern immer noch die Erwar­tungs­hal­tung herr­sche, dass Frauen gene­rell keine Lust auf Sex hätten und Männer sie über­zeugen müssten. „Das ist Teil der Rape Culture, in der wir leben.“ Philip studierte damals Gender Studies und hatte somit Zugang zur Theorie. Doch es fiel ihm schwer, das im Alltag umzu­setzen. „Man wird nicht so leicht los, was man als Kind mit auf den Weg bekommen hat.“

Auf die Frage, ob er ein konkretes Beispiel einer Grenz­über­schrei­tung habe, das ihm geblieben sei, reagiert Philip zuerst mit Schweigen. „Es ist nicht ganz einfach, das zu erzählen. Einmal bin ich bei einer Frau in den Mund gekommen, ohne dass sie das wollte.“ Das sei ihm aller­dings erst später bewusst geworden. „Als sie mir das Jahre später sagte, war ich völlig über­rascht. Erstens, weil mir nicht klar war, dass sie das scheisse fand. Und zwei­tens, weil es sie immer noch beschäf­tigte. Das war ihr Bild von mir, und ich hatte keine Ahnung.“

Das Gespräch habe viel ausge­löst. „Sie war wütend auf mich und fand, ich hätte es besser wissen müssen. Sie hatte völlig recht.“ Das Gespräch sei Teil einer Reihe solcher Begeg­nungen gewesen. „Nach vielen Jahren schaffte ich es endlich, mein Verhalten zu reflek­tieren.“ Ihm wurde klar, dass vielen Männern das Problem­be­wusst­sein für alltäg­liche sexu­elle Grenz­über­schrei­tungen fehle. Zudem gäbe es unter Männern gar keinen Platz, um über Fehler zu reden – obwohl es nötig wäre.

Tobi: „Ich hätte viel früher reagieren sollen“

Tobi* ist Musiker und setzt sich laut eigener Aussage schon länger mit seinen eigenen Grenz­über­schrei­tungen ausein­ander: „Ich habe meines Wissens noch nie direkt sexua­li­sierte Gewalt ange­wendet gegen eine Frau. Aber das ist meine selek­tive Wahr­neh­mung. Wenn man all diese Frauen fragen würde, wäre die Antwort viel­leicht eine andere.“ Er wisse jedoch, dass er schon seinen Sozi­al­status genutzt habe, um an Sex zu kommen: „Ich habe ausge­nutzt, dass die Frauen wussten, wer ich bin.“

An einen spezi­fi­schen Fall kann er sich gut erin­nern: „Nach einem Auftritt sass ich mit ein paar Leuten zusammen und habe etwas getrunken. Ich hatte es auf eine Frau abge­sehen und sie auch auf mich.“ Sie seien irgend­wann zusammen ins Hotel­zimmer gegangen. „Wir haben zuerst relativ lange im Bade­zimmer rumge­macht, bevor wir ins Bett sind. Wir haben uns geküsst und ein wenig rumge­fum­melt. Ich wollte eigent­lich, dass es zu Sex kommt; sie ist aber zurück­ge­wi­chen. Und in dem Moment hätte ich nach­fragen sollen. Statt­dessen probierte ich es immer wieder. Nach etwa einer halben Stunde fragte ich sie endlich: ‚Du willst nicht, gell?‘ “

Sie wollte nicht. „Wir hörten dann mit dem Petting auf. Wir hielten uns noch ein biss­chen in den Armen und haben uns geküsst, aber sonst ist nichts Weiteres passiert.“ Dass er sich über­griffig verhalten hatte, wurde Tobi erst Jahre später klar. „Je älter ich wurde, desto bewusster wurde mir, dass sexua­li­sierte Gewalt in vielen Fällen nicht von den ‚Arsch­lö­chern‘ ausgeht, sondern von Leuten wie dir und mir. Und da bin ich mit der Taschen­lampe im eigenen Keller nach­schauen gegangen.“ Auch das toxi­sche Männ­lich­keits­bild habe bei diesem Vorfall eine Rolle gespielt: „Ich spürte ja, dass sie nicht wollte. Aber ich fragte mich, wie ich sie über­zeugen könnte.“

Jetzt findet er dazu klare Worte: „Ich hätte viel früher reagieren sollen. Ich war in einer Macht­po­si­tion, die ich miss­braucht habe.“

Nicht nur hübsche, weisse Frauen erleben sexua­li­sierte Gewalt

Sabrina Bur ist Mitgrün­derin des Vereins Diversum: ein Verein für Menschen aller Geschlechter und aller sexu­ellen Orien­tie­rungen, die sich als Person of Color (PoC) iden­ti­fi­zieren. Auch sie findet, es sei wichtig, dass sich Männer unter­ein­ander austau­schen: „Es sollte kein Tabu sein, als Mann mit seinen Freunden über sexua­li­sierte Gewalt zu reden.“

Neben dem Enga­ge­ment von Männern fehle im Diskurs um sexua­li­sierte Gewalt aber auch stark die Berück­sich­ti­gung anderer Diskri­mi­nie­rungs­formen: „Es ist eben nicht nur eine homo­gene Gruppe von jungen, weissen, den Schön­heits­idealen entspre­chenden Frauen, die sexua­li­sierte Gewalt erlebt. Auch People of Color, dicke Frauen, trans Frauen oder Frauen mit Behin­de­rungen werden sexualisiert.“

Oft komme Rassismus mit Sexua­li­sie­rung zusammen: „People of Color werden sehr oft auf eine vermeint­liche Herkunft, die ihnen zuge­schrieben wird, redu­ziert. Der Täter sieht eine ‚konstru­ierte Rassen­zu­ge­hö­rig­keit‘, sexua­li­siert diese und verba­li­siert das vermeint­lich als etwas Posi­tives. Das nennt sich Exoti­sie­rung.“ Das äussere sich in Sätzen wie: ‚Ich wollte schon immer etwas mit einer asia­ti­schen Frau haben.‘ Oder: ‚Du kannst sicher super bauch­t­anzen.‘ „Das ist rassi­stisch. Nur weil der Mann denkt, dass ich eine spezi­elle Herkunft habe, heisst das nicht, dass ich Bauch­tanz kann oder ein starkes Tempe­ra­ment habe.“

Ein weiteres Problem sei, dass vielen Menschen, die diese Erfah­rungen machen, gar nicht genau bewusst sei, was passiere. „Sie merken einfach, dass der Kommentar unan­ge­nehm ist, obwohl er als Kompli­ment daher­kommt“, sagt Sabrina Bur. Und wenn dann kommu­ni­ziert werde, dass die Aussage unan­ge­nehm ist, falle als Antwort oft, es sei ja ein Kompli­ment gewesen. „Das ist unheim­lich frustrie­rend, weil es von totaler Verständ­nis­lo­sig­keit zeugt.“ Hinzu komme die fehlende Unter­stüt­zung aus dem Umfeld: „Wenn man so etwas den weissen Freund*innen erzählt, verstehen sie teil­weise nicht, wieso das verlet­zend war. Das macht das Ganze noch einmal schwieriger.“

Im Diskurs um Grenz­über­schrei­tungen heisst es oft, das Opfer hätte deut­li­cher kommu­ni­zieren müssen. Das sei jedoch schwierig, sagt Bur: „Viele Frauen haben gelernt, dass Männer aggressiv darauf reagieren können, wenn wir deut­lich Nein sagen – und das wollen wir natür­lich nicht. Also versu­chen wir eher sanft, nonverbal, zu kommunizieren.“

Und das sei auch kein Problem, findet Agota Lavoyer. „Ich bin über­zeugt, dass man spürt, wie lange etwas einver­nehm­lich ist. Wenn ich meine Freun­dinnen frage, können sie mir alle wie aus der Pistole geschossen sagen, ob sie sich schon grenz­ver­let­zend verhalten haben oder nicht. Wieso traut man das den Männern nicht zu? Wieso kommen Männer seit Jahren damit davon, zu sagen: ‚Sie hätte halt klarer kommu­ni­zieren müssen‘?“

Lukas: „Ich dachte, das sei nett von mir“

Auch Lukas* hat schon eine Grenze über­schritten. Er erzählt von einem Vorfall, der etwa drei Jahre zurück­liege. „Ich studierte damals Kunst­ge­schichte und war an einer Mitstu­dentin inter­es­siert.“ In der Pause einer Vorle­sung kamen die beiden ins Gespräch. Er erfuhr, dass sie nebenbei in einer Bar in der Stadt arbei­tete. „Relativ kurz danach bin ich mit meinen Freunden in den Ausgang und habe diese Bar ange­steuert, mit der Hoff­nung, sie dort anzu­treffen.“ Sie habe an dem Abend tatsäch­lich gear­beitet. „Und sie war defi­nitiv über­rascht, mich zu sehen. Sie sagte so etwas wie: ‚Oh, du.‘ Und irgendwie hatte sich auch ihre Körper­sprache verän­dert. Ich hatte meinen Besuch nicht ange­kün­digt und dachte zu dem Zeit­punkt einfach, das sei nett und aufmerksam von mir.“

Ein paar Tage später, nach dem Ende einer Vorle­sung, sei sie mit dem Fahrrad nach Hause gefahren. „Ich versuchte, sie einzu­holen und in ein Gespräch zu verwickeln. Wir kamen zu einer Kreu­zung und sie meinte: ‚Fährst du norma­ler­weise nicht dort lang?‘ Ich sagte, ich könnte auch ihren Weg fahren.“ Er sei dann aber doch nicht mit ihr mitge­fahren. „Ich hatte wohl unter­be­wusst gemerkt, dass ich uner­wünscht war.“

Im Nach­hinein habe er reali­siert, dass er sich aufdring­lich verhalten hatte. „Ich habe mich extrem unwohl gefühlt, weil mir dann so wellen­weise bewusst geworden ist, wie sie sich gefühlt haben muss.“ Er habe es bereut; auch, dass er sich nicht entschul­digt habe. „Wir haben danach nicht mehr mitein­ander geredet. Ich war zwar empa­thisch genug, um zu verstehen, was ich falsch gemacht hatte. Aber ich war nicht erwachsen genug, um das ihr gegen­über zuzugeben.“

Lukas sieht sexua­li­sierte Gewalt ausge­hend von Männern sowohl als persön­li­ches als auch syste­ma­ti­sches Problem. „Männer werden immer noch in einem patri­ar­chalen System erzogen, das ihnen toxi­sche Verhal­tens­weisen als selbst­ver­ständ­lich vorgau­kelt.“ Das bedeute aber nicht, dass Täter von ihrer Verant­wor­tung befreit sind, sagt Lukas. „Jeder Akt sexua­li­sierter Gewalt ist auch ein indi­vi­du­elles Versagen.“

Markus: „Ich verhielt mich feige und verdrängte es“

Markus‘* Geschichte beginnt an einer Party: „Die meisten Gäste waren befreundet und die Stim­mung war gemüt­lich und vertraut.“ Als die Party sich zu Ende neigte, sei er mit seiner Ex-Freundin im Bett gelandet. Zu dem Zeit­punkt wohnten die beiden in verschie­denen Städten, und die Bezie­hung sei eher freund­schaft­lich gewesen, erzählt Markus. „Ich begann, sie im Intim­be­reich zu strei­cheln. Sie nahm meine Hand weg und sagte, sie wolle das nicht. Nach einiger Zeit strei­chelte ich sie erneut, und sie wies mich wieder zurück.“ Er habe aufge­hört und sie seien irgend­wann einge­schlafen. Am näch­sten Morgen gingen sie sprachlos auseinander.

„In den Tagen danach wurde mir klar, dass ich mich falsch verhalten hatte. Wie ich damit umgehen sollte, wusste ich aber nicht.“ Er sei damals in radikal-linken Kreisen unter­wegs gewesen und hatte Angst, dass er als sexu­eller Gewalt­täter gelten würde. Gleich­zeitig habe er seine neue Bezie­hung nicht aufs Spiel setzen wollen. „Ich verhielt mich also feige und verdrängte es.“

Trotz des Vorfalls habe er immer noch Kontakt mit der Frau gehabt – doch über den Über­griff hätten sie nie gespro­chen. Einige Monate später habe die Frau gemein­same Freun­dinnen infor­miert, da der Über­griff ihr weiterhin zu schaffen gemacht hatte. „Letzt­lich kam es zu einer Konfron­ta­tion im Freun­des­kreis, die von mir eine Ausein­an­der­set­zung erzwang. In der Zeit kam es dann auch zu einem Gespräch zwischen mir und der Frau. Sie ärgerte sich vor allem über den Vertrau­ens­bruch und mein Verhalten danach.“ Er konnte sich dafür entschuldigen.

„Wir müssen bei den Männern ansetzen“

Auch Agota Lavoyer findet es grund­sätz­lich ange­bracht, sich als Täter bei der Frau zu melden und sich zu entschul­digen. „Das ist ein wich­tiger Schritt. Aber man kann nicht die über­heb­liche Erwar­tung haben, dann sei alles gut.“ Die Frau müsse dem Täter nicht verzeihen, sagt Lavoyer. „Er muss selbst einen Weg finden, damit umzu­gehen.“ Natür­lich sei das schmerz­voll: sich einzu­ge­stehen, dass man jemanden verletzt hat, eine Grenze über­schritten hat, viel­leicht sogar jemanden verge­wal­tigt hat. „Aber als Täter muss man da durch. Denn sonst kommen wir wirk­lich nicht vom Fleck.“

Momentan dreht sich der Diskurs nämlich im Kreis. „Alle kennen Frauen, die schon sexua­li­sierte Gewalt erlebt haben.“ Aus Studien und Fach­li­te­ratur wisse man, dass minde­stens 80 Prozent der Opfer den Täter kennen. „Und trotzdem haben wir alle das Gefühl, dass wir keine Täter in unserem Umfeld haben. Das geht doch nicht auf!“ Für Agota Lavoyer ist klar: „Wenn wir sexua­li­sierte Gewalt vermin­dern möchten, müssen wir als Gesell­schaft bei den Männern ansetzen.“

Die vier Männer in diesem Text haben einen ersten Schritt gemacht – den sie nicht bereuen. Sie alle würden auch anderen Männern empfehlen, diese Selbst­re­fle­xion zu machen und Verant­wor­tung für ihr Verhalten zu übernehmen.

Was aber fehlt, sind Plätze, wo sich Männer unter­ein­ander über ihre Grenz­über­schrei­tungen austau­schen können. Bei drei von den vier obigen Beispielen waren Frauen der Auslöser für die darauf­fol­gende Refle­xion. Das ist Arbeit, die wieder von Frauen ausgeht. Damit Männer das Problem wirk­lich zu sich nehmen, braucht es ehrliche, offene Gespräche mit Freunden und Arbeits­kol­legen. Die Refle­xi­ons­ar­beit eines Mannes könnte fünf weiteren auf die Sprünge helfen. Und auch wenn es ein schmerz­voller Weg ist: Sich etwas einzu­ge­stehen, ist nicht gefähr­lich. Es nicht zu tun, ist gefährlich.

*Namen von der Redak­tion geändert.


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