Proteste in Serbien: „Es geht um Probleme des alltäg­li­chen Lebens“

Seit über 100 Tagen gehen in Serbien Hundert­tau­sende gegen das Vučić-Regime auf die Strasse. Laut Akti­vi­stin Tara Rukeci Mili­vo­jević verzerren Medien die Realität, wenn sie von reinen Studie­ren­den­pro­te­sten spre­chen. Sie fordert eine Zusam­men­ar­beit mit Gewerk­schaften, um eine echte soziale Bewe­gung aufzubauen. 
In Novi Sad blockieren Studierende und Bürger*innen für 72 Stunden die wichtige Most Slobode, die Freiheitsbrücke. (Bild: Tara Rukeci Milivojević)

Seit das Vordach des Haupt­bahn­hofs in der Stadt Novi Sad am 1. November 2024 einstürzte, erlebt Serbien anhal­tende Demon­stra­tionen mit hundert­tau­senden Teil­neh­menden. Bei der Kata­strophe von Novi Sad starben 15 Menschen, zahl­reiche wurden verletzt. Kurz darauf orga­ni­sierten Studie­rende eine spon­tane Mahn­wache, um der Opfer zu gedenken.

Schlä­ger­trupps der regie­renden Serbi­schen Fort­schritts­partei, der auch Staats­prä­si­dent Aleksandar Vučić ange­hört, attackierten die Zusam­men­kunft. Um sich zu soli­da­ri­sieren, besetzten Univer­si­täts­an­ge­hö­rige daraufhin über 60 Fakul­täten im ganzen Land und orga­ni­sierten Proteste. Seitdem gehen in fast allen Städten regel­mässig Tausende auf die Strasse.

Die Bahn­hofs­ka­ta­strophe konnte eine solche Massen­be­we­gung auslösen, weil sich an ihr die Probleme des auto­ri­tären Systems Aleksandar Vučićs und der unter ihm gras­sie­renden Korrup­tion mani­fe­stieren. Es geht um die undurch­sich­tige Vergabe von Bauge­neh­mi­gungen, um nicht kontrol­lierte Sicher­heits­vor­schriften, um die Art, wie Vučić mit Schlä­gern Demon­strie­rende einschüch­tern lässt, um Vettern­wirt­schaft und unde­mo­kra­ti­sche Regierungsmethoden.

Tara Rukeci Mili­vo­jević, Mitglied der Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tion Sozi­al­forum Zren­janin. (Bild: Tara Rukeci Milivojević)

Nach mitt­ler­weile 100 Tagen haben sich die Proteste aus den Zentren auch auf länd­liche Regionen ausge­weitet, wobei sich viele Bürger*innen mit ihren eigenen Anliegen und Problemen anschliessen. Trotzdem wird in Serbien und auch im Ausland mehr­heit­lich von Studie­ren­den­pro­te­sten gesprochen.

Tara Rukeci Mili­vo­jević empfindet das als ein Problem, das letzt­lich alle Protest­ziele gefährdet. Sie lebt in Zren­janin, einer Stadt mit 75.000 Einwohner*innen, früher ein indu­stri­elles Zentrum Jugo­sla­wiens, heute geprägt von Arbeits­lo­sig­keit und dem Anblick verfal­lender Fabriken.

Tara ist Mitglied der Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tion Sozi­al­forum Zren­janin, die aus einer Fabrik­be­set­zung in den Nuller­jahren hervor­ging. Damals führten Arbeiter*innen ihren Betrieb Jugore­me­dija erfolg­reich in Selbst­ver­wal­tung, bis sie nach einigen Jahren von privaten Sicher­heits­kräften und Polizei gewaltsam vertrieben wurden. Seitdem enga­gieren sich die verblie­benen Jugoremedija-Arbeiter*innen im Sozi­al­forum Zren­janin für Gewerk­schafts­ar­beit und die Rechte der oft prekär arbei­tenden Bevöl­ke­rung Serbiens.

Das Lamm: Seit 100 Tagen gehen in Serbien täglich Menschen auf die Strasse. Es sind die grössten Proteste seit den Neun­zi­ger­jahren, als hundert­tau­sende Demon­strie­rende Milošević zu Fall brachten. Bist du dabei?

Tara Rukeci Mili­vo­jević: Ja, natür­lich. Ich gehe regel­mässig demon­strieren. Manchmal in Belgrad oder Novi Sad, den beiden grossen Zentren. Oft aber auch hier in Zren­janin, meiner Heimat­stadt in der länd­lich geprägten Vojvodina-Region.

Wie laufen die Proteste?

Momentan besteht die Gefahr, dass wir zu viel Zeit und Energie mit, wie ich es nenne, perfor­ma­tiven Aktionen verlieren. Wir schaffen tolle Bilder mit Menschen­massen, Trans­pa­renten oder krea­tiven Blocka­de­ak­tionen, aber verlieren die Probleme der einfa­chen Leute aus dem Blick.

Was müsste man besser machen?

Wir sollten versu­chen, parallel zu den Demon­stra­tionen gewerk­schaft­liche Orga­ni­sa­tion zu fördern, um den Protest in eine echte soziale Bewe­gung zu über­führen. Sonst wird er sich früher oder später verlaufen.

Junge Menschen blockieren eine Auto­bahn­auf­fahrt. Einige zeigen ihre rot gefärbten Hände als Zeichen des Protests. (Bild: Tara Rukeci Milivojević)

Das klingt etwas ernüch­ternd. Dabei wurden doch schon einige Forde­rungen der Prote­stie­renden erfüllt.

Ganz offi­ziell gibt es vier zentrale Forde­rungen, die Studie­rende auf Plena an den besetzten Univer­si­täten beschlossen haben und die auf breiten Konsens stossen. Das sind: die Veröf­fent­li­chung von Doku­menten rund um die Bahn­hofs­re­no­vie­rung, die Straf­ver­fol­gung der verant­wort­li­chen Politiker*innen, der Rück­tritt des serbi­schen Mini­ster­prä­si­denten Miloš Vučević und des Bürger­mei­sters von Novi Sad und die Straf­ver­fol­gung aller Personen, die Demon­strie­rende ange­griffen haben. Zumin­dest ein paar Unter­lagen wurden mitt­ler­weile veröf­fent­licht, und der Mini­ster­prä­si­dent ist zurück­ge­treten. Das kann man als Teil­erfolg verbuchen.

Das sind recht mode­rate Forde­rungen. Zum Beispiel erwähnen sie nicht mal Präsi­dent Aleksandar Vučić, dem man als auto­ri­tärem Herr­scher die Haupt­ver­ant­wor­tung zuschreibt. Lassen sich dafür tatsäch­lich solche Menschen­massen mobilisieren?

Die sehr enga­gierten Studie­renden prägen das Bild der Demon­stra­tionen. Und das ist auch in Ordnung, denn sie haben mit dem Aufstand begonnen. Aber es verzerrt ein wenig die Realität. Es stimmt, dass es sich um Studie­ren­den­pro­teste handelt. Aber die Studie­renden bekommen Unter­stüt­zung aus weiten Teilen der Bevöl­ke­rung, die ihre ganz eigenen Anliegen mitbringen.

Wie ist dieses verzerrte Bild entstanden?

Es ist Ergebnis einer typisch libe­ralen Posi­tion der wenigen verblie­benen oppo­si­tio­nellen Medien in Serbien. Sie unter­stützen den Gedanken von reinen Studie­ren­den­pro­te­sten, weil sie tief­grei­fende soziale Verän­de­rungen gar nicht wollen. Sie wieder­holen endlos diese vier Forde­rungen der Studie­renden. Und das war’s.

Wenn man aber raus­geht, auf die Strasse, und die Leute fragt: Warum prote­stiert ihr? kriegt man ein ganz anderes Stim­mungs­bild. Es geht oft um Probleme des alltäg­li­chen Lebens.

Kannst du diese Probleme näher beschreiben? Wie ist die Situa­tion in deiner Heimat­stadt Zrenjanin?

Auch hier orga­ni­sieren Studie­rende die Proteste. In Zren­janin haben die Menschen aber noch ganz andere Sorgen, allen voran die Trink­was­ser­ver­sor­gung. Hinzu kommt, dass es kaum noch gute Jobs gibt. Viele müssen nach Belgrad oder Novi Sad zur Arbeit pendeln. Ich glaube, das sind die Haupt­gründe, warum Menschen hier auf die Strasse gehen.

Was ist mit dem Trinkwasser?

Das Leitungs­wasser ist so schlecht, dass schon 2004 offi­ziell verboten wurde, es zu trinken oder damit Lebens­mittel herzu­stellen. Dreht man den Hahn auf, kommt eine gelb­braune Brühe heraus. Alle Bürger*innen müssen ihr Trink­wasser in Plastik­ka­ni­stern kaufen.

Unter­nimmt das Regime etwas gegen die schlechte Versor­gung mit Wasser?

Vučić macht immer irgend­welche Verspre­chen – zuletzt, dass es ab Früh­ling sauberes Trink­wasser geben wird. Es soll eine Wasser­auf­be­rei­tungs­an­lage gebaut werden. Das ist natür­lich Bull­shit. Sie haben zwanzig Jahre lang nichts getan. Und das gilt nicht nur für Zren­janin. Es gibt hier in der Region Banat zwei­und­zwanzig Dörfer, und in jedem einzelnen ist das Leitungs­wasser unbrauchbar. Überall müssten Aufbe­rei­tungs­an­lagen entstehen. Das wird nicht geschehen.

Wird das auf den Prote­sten thematisiert?

Leider nicht direkt. Aber ich denke trotzdem, dass die meisten Menschen aus solchen oder ähnli­chen Gründen auf die Strasse gehen. Die Demon­stra­tionen werden nur Erfolg haben, wenn wir es schaffen, die vielen verschie­denen Probleme und Anliegen aus den Regionen in unsere Forde­rungen zu integrieren.

Das Sozi­al­forum Zren­janin (SFZ) ist eine serbi­sche Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tion, die sich für Demo­kra­ti­schen Sozia­lismus, für Menschen­rechte und Minder­hei­ten­schutz einsetzt. Es wurde 2014 von ehema­ligen Arbeiter*innen der Jugore­me­dija Fabrik gegründet, die das tradi­ti­ons­reiche jugo­sla­wi­sche Phar­ma­un­ter­nehmen 2003 besetzt und mehrere Jahre erfolg­reich in Selbst­ver­wal­tung geleitet hatten. Der Staat ging mit privaten Sicher­heits­leuten und Polizei gegen die Arbeiter*innen vor und führte einen juri­sti­schen Krieg gegen das Selbst­ver­wal­tungs­mo­dell, bis es trotz sehr guter Unter­neh­mens­daten unter den stän­digen Angriffen zusammenbrach.

Vor diesem Hinter­grund steht das SFZ für gewerk­schaft­liche Orga­ni­sa­tion und die Rechte der oft prekär beschäf­tigten Menschen in Serbien ein. Die Mitglieder orga­ni­sieren Podi­ums­dis­kus­sion, produ­zieren Pres­se­ma­te­rial und Doku­men­tar­filme zu poli­tisch linken Themen und enga­gieren sich bei Aufbau und Neugrün­dung von Gewerkschaftsgruppen.

Für inter­na­tio­nales Aufsehen sorgte der Fall der viet­na­me­si­schen soge­nannten Leih­ar­beiter auf der Baustelle der chine­si­schen Firma Linglong Tire, an dessen Aufklä­rung Tara Rukeci Mili­vo­jević und das SFZ mitwirkten. Linglong Tire baut in einer Sonder­wirt­schafts­zone vor den Toren Zren­janins eines der grössten Reifen­werke Europas, das heute kurz vor der Eröff­nung steht. Die beschäf­tigten Arbeiter*innen wurden gröss­ten­teils über Agen­turen aus Vietnam und Indien nach Serbien gebracht und dort in skla­ve­rei­ähn­li­chen Verhält­nissen fest­ge­halten. Man nahm ihnen die Pässe ab, brachte sie in ehema­ligen Schwei­ne­ställen unter und isolierte sie fast voll­ständig von der Gesell­schaft. Das SFZ konnte mit lokalen Journalist*innen Kontakt zu den Arbeiter*innen aufbauen und die Geschichte ihrer Ausbeu­tung inter­na­tional bekannt machen.

Am Gebäude der besetzten Kunst­fa­kultät in Belgrad prangt die rote Hand, Symbol der Proteste und Zeichen, dass die Regie­rung Blut an den Händen hat. (Bild: Tara Rukeci Milivojević)

Als vorläu­figer Höhe­punkt der aktu­ellen Protest­welle haben die Studie­renden vor zwei Wochen einen Gene­ral­streik ausge­rufen. Hat das funktioniert?

Nein, das war kein Gene­ral­streik. Das war eine normale Demon­stra­tion. Für einen echten Gene­ral­streik hätte man die Gewerk­schaften mitein­be­ziehen müssen, die orga­ni­sierte Arbei­ter­klasse. Das ist nicht geschehen. So wurde der Begriff Gene­ral­streik sinn­ent­leert, und das, wie ich finde, in einem proble­ma­ti­schen Moment.

Warum ist das ein Problem?

Wenn von Gene­ral­streik die Rede ist, erwarten die Menschen, dass die Gewerk­schaften vorne mit dabei sind. Aber die Gewerk­schaften waren in die Vorbe­rei­tungen gar nicht einge­bunden. Ihre Mitglieder konnten weder dafür noch dagegen stimmen.

Es gab einige Firmen, die sich dem Aufruf anschlossen. Aber von oben herab. Ihre Ange­stellten durften nicht mitreden. Am Ende mussten sie dann sogar arbeiten, weil es ohne Gewerk­schaften kein Streik­geld gab. Die Manager*innen aber konnten es sich leisten und gingen demonstrieren.

Du hast darum auch einmal vom Gene­ral­streik der Manager*innen gesprochen.

Ja. Und das ist eine gefähr­liche Entwick­lung. Denn wenn die Arbeiter*innen wirk­liche Gewerk­schafts­for­de­rungen stellen, wie zum Beispiel höhere Gehälter oder verkürzte Arbeits­zeiten, dann schwenken diese vermeint­lich strei­kenden Manager*innen ganz schnell auf die neoli­beral-auto­ri­täre Vučić-Linie ein und bringen die Arbeiter*innen mit den glei­chen Mitteln auf Linie.

Welche Mittel sind das?

Allen voran die Agen­tur­ar­beit. Das ist ein perfides System der Vučić-Regie­rung, um Gewerk­schaften klein zu halten. Wenn die Menschen in einem Betrieb aufmucken, kündigt man sie und besetzt ihre Stellen mit Arbeiter*innen von soge­nannten Arbeits­agen­turen. Diese Agenturarbeiter*innen haben keine Rechte und kaum Möglich­keiten, sich zu orga­ni­sieren. Sie können sich also gar nicht wehren.

Wie geht so etwas vonstatten?

Ein Beispiel unter vielen liefert die Priva­ti­sie­rung von NIS Naftagas, jetzt Gazprom Neft. Noch im laufenden Prozess hat die Firma viele Arbeitnehmer*innen mit normalen Verträgen entlassen. Sie erhielten Abfin­dungen, wurden aber sofort nach der Kündi­gung an denselben Arbeits­plätzen inner­halb desselben Unter­neh­mens wieder einge­stellt. Diesmal jedoch über Agen­turen ohne Verträge. Dadurch wurden ihre Rechte erheb­lich einge­schränkt und die Kosten ihrer Arbeit gesenkt. Eine Wahl­mög­lich­keit hatten sie nicht.

Was kann man dagegen tun?

Auch hier gilt: Vergesst neben all den medi­en­wirk­samen Prote­sten die Gewerk­schafts­ar­beit nicht. Ein Freund von mir hat zum Beispiel geholfen, die erste und einzige Gewerk­schaft von Agenturarbeiter*innen zu orga­ni­sieren. Das war in der Henkel-Fabrik. So müssen wir vorgehen. Dann finden wir zu einem soli­da­ri­schen Kampf.

„Ich verliere lieber ein Jahr als meine Zukunft.“ Die Prote­stie­renden sind bereit, lange durch­zu­halten. (Bild: Tara Rukeci Milivojević)

Und dennoch geniesst Vučić weiterhin breite Unter­stüt­zung beson­ders in der länd­li­chen Bevöl­ke­rung. Gelingt es ihm auch diesmal, seine Anhänger*innen zu mobilisieren?

Nein. In den vergan­genen Tagen hat die Regie­rung versucht, eine Art Gegen­pro­test-Rallye durch den Banat zu orga­ni­sieren. Das ist eine alte Masche: Wenn er in Bedrängnis gerät, veran­staltet Vučić Demon­stra­tionen für sich selbst und lässt die Teil­neh­menden mit Bussen aus dem ganzen Land, manchmal sogar aus Bosnien, ankarren.

Vor zwei Jahren, als es schon einmal grosse Proteste gegen das Regime gab, haben wir pro Gegen­ver­an­stal­tung etwa vier volle Busse gezählt. Aber als sie vor Kurzem in Kikinda, einer Stadt hier im Banat, waren, konnten sie nicht mal einen vollen Bus aufbringen.

Darum ist es eher so: Vučić hat nach wie vor die volle Unter­stüt­zung des Staats­ap­pa­rates, der Insti­tu­tionen und auch der meisten Medien, aber nicht mehr jene der soge­nannten kleinen Leute. Nur noch wenige kommen, um seinen Zirkus zu bejubeln.

Wie könnten Gewerk­schafts­ar­beit und Studie­ren­den­pro­teste besser verbunden werden?

Es ist eigent­lich recht einfach: Viele Studie­rende müssen ohnehin zusätz­lich arbeiten. Beson­ders in Belgrad und Novi Sad sind die Lebens­ko­sten und Mieten extrem hoch, die Gehälter jedoch sehr niedrig. Darum sind die orga­ni­sierten Plena auch nicht so demo­kra­tisch, wie behauptet wird. Zahl­reiche Studie­rende bleiben allein aufgrund ihrer ökono­mi­schen Situa­tion aussen vor. Sie haben neben der Arbeit gar nicht die Zeit, zu den Plena zu gehen oder auf den Univer­si­täts­ge­länden zu kampieren. Ich denke, es muss ein demo­kra­ti­scherer Ansatz gefunden werden. Und der Schlüssel dazu liegt bei den Gewerkschaften.

Das heisst?

Die arbei­tenden Studie­renden sollten sich in Gewerk­schaften orga­ni­sieren und erst danach für einen echten Gene­ral­streik votieren. Dann würden tatsäch­lich auch die Betriebe mitein­be­zogen, und rele­vante Teile der Bevöl­ke­rung aus der Arbeiter*innenklasse könnten inte­griert werden. Umge­kehrt sollte sich die Studie­ren­den­be­we­gung wie eine Gewerk­schaft orga­ni­sieren. Gewerk­schaften haben eine funk­tio­nie­rende demo­kra­ti­sche Struktur, alle können Mitglied sein, wählen, abstimmen, aber müssen nicht die ganze Zeit beim Plenum anwe­send sein.

Wird Aleksandar Vučić auch diese Proteste aussitzen können?

Vučić wird nur stürzen, wenn wir eine soli­da­ri­sche Stra­tegie finden, die alle einbindet. Studie­rende, Arbeiter*innen – orga­ni­sierte und nicht-orga­ni­sierte. Ich bin opti­mi­stisch, weil es sehr viel Wut gibt, und Wut befeuert die Bewe­gung, bringt die Leute dazu, sich zu enga­gieren. Aber ich bin auch besorgt, weil diese wirk­lich soli­da­ri­sche Bewe­gung noch nicht existiert. Im Moment handelt es sich um einen grossen spon­tanen Protest. Jetzt müssen wir nach einer lang­fri­stigen Stra­tegie suchen.


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