Nicht alle Firmen zahlen die CO2-Abgabe. Hintertür II: Die Zielvereinbarung

Wer CO2 verur­sacht, soll dafür bezahlen. So einfach ist das Prinzip der CO2-Abgabe. Nur: Das CO2-Gesetz gibt einigen Firmen die Möglich­keit, sich vor der CO2-Abgabe zu drücken. 
Das CO2-Gesetz in acht Folgen - Teil 4. (Illustration: Luca Mondgenast)

Das CO2-Gesetz in acht Folgen: Dieser Artikel ist der vierte Teil einer Serie. Alle Artikel findest du hier.


Eigent­lich zahlen wir alle auf fossile Brenn­stoffe wie Erdöl oder Erdgas die CO2-Abgabe. Privat­haus­halte vor allem, um zu heizen. Firmen, weil die Herstel­lung ihrer Produkte solche Brenn­stoffe verbraucht. Fossile Treib­stoffe wie Benzin oder Diesel fallen hingegen nicht unter die CO2-Abgabe.

96 CHF kostet die CO2-Abgabe momentan pro Tonne verur­sachtes CO2. Das revi­dierte CO2-Gesetz, über das wir bald abstimmen, würde diese CO2-Abgabe beibe­halten. Und je nachdem, ob wir die gesetzten Reduk­ti­ons­ziele errei­chen oder nicht, würde sie sich über die Jahre erhöhen.

Natür­lich tut dies dem einen oder anderen Porte­mon­naie weh. Trotzdem ist die CO2-Abgabe ein faires, da verur­sa­cher­ge­rechtes Mittel, dem Klima­wandel Einhalt zu gebieten. Denn wer CO2 macht, sollte auch dafür bezahlen. Verfehlen wir das nächste Reduk­ti­ons­ziel erneut, wird die CO2-Abgabe auf 120 CHF pro Tonne ansteigen.

Für alle? Nicht ganz. Denn nicht alle Verursacher:innen werden gleich zur Kasse gebeten. Für einige hält sowohl das aktu­elle wie auch das revi­dierte CO2-Gesetz ein paar Hinter­tür­chen offen. Eine davon ist die Ziel­ver­ein­ba­rung. Und mit der Annahme des über­ar­bei­teten CO2-Gesetzes würde diese Türe weiter aufgehen.

Wer kann eine Ziel­ver­ein­ba­rung mit Vermin­de­rungs­pflicht eingehen?

Dieje­nigen Firmen, deren Wirt­schafts­sektor sich in der aktuell geltenden CO2-Verord­nung auf der Liste im Anhang 7 befinden, haben die Möglich­keit, sich von der CO2-Abgabe befreien zu lassen. Wieso? Weil der Bundesrat der Meinung ist, dass die CO2-Abgabe die inter­na­tio­nale Wett­be­werbs­fä­hig­keit dieser Wirt­schafts­zweige zu stark beein­träch­tigen würde. 

Typi­scher­weise seien das CO2-inten­sive Wirt­schafts­zweige, schreibt uns das Bundesamt für Umwelt. Die Uhren­branche ist in dieser Liste genauso zu finden wie der Anbau von Pflanzen in Gewächs­häu­sern, die Geträn­ke­her­stel­lung, die Papier­pro­duk­tion oder die Tabak­ver­ar­bei­tung. Die gesetz­liche Grund­lage für diese Liste befindet sich im aktu­ellen CO2-Gesetz im Art. 31.

Als Gegen­lei­stung für die Befreiung von der CO2-Abgabe müssen die Firmen entweder beim Emis­si­ons­han­dels­sy­stem mitma­chen oder sie gehen mit dem Bund eine soge­nannte Ziel­ver­ein­ba­rung (ZV) mit Vermin­de­rungs­pflicht ein. In diesen ZVs wird fest­ge­halten, welche Reduk­ti­ons­mass­nahmen die Firmen in den näch­sten Jahren umsetzen müssen. Im Gegenzug können die Firmen die CO2-Abgaben, die sie auf fossile Brenn­stoffe bezahlt haben, zurückfordern.

In einer Analyse der Eidge­nös­si­schen Finanz­kon­trolle von 2017 hatten rund 1000 Firmen eine CO2-Abga­be­be­freiung aufgrund einer solchen Ziel­ver­ein­ba­rung. Die Anzahl der CO2-abga­be­pflich­tigen Firmen wird mit über 490000 Firmen ange­geben (Seite 16).

Laut einem Bericht der Sonn­tags­zei­tung von Mitte 2019 befinden sich unter den Firmen mit einer ZV zwei bekannte Namen: Die EMS Chemie und der Holz­ver­ar­beiter Swiss Krono. Die von ihnen einge­gan­genen ZVs entpuppten sich für beide Firmen als Segen, wie die Recherche aufzeigte. Laut dem Bericht der Sonn­tags­zei­tung spülten sie Swiss Krono 30 Millionen und der EMS Chemie sieben Millionen CHF auf die Konti. Dies hat mehrere Gründe. Der Ursprung liegt aber in der momentan geltenden CO2-Gesetzgebung.

Die verein­barten Reduk­ti­ons­ziele sind zu tief

Zuständig für die Umset­zung des CO2-Gesetzes im Bereich der ZVs sind gleich zwei Bundes­ämter: das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und das Bundesamt für Energie (BFE). In ihrem Auftrag unter­suchte das unab­hän­gige Bera­tungs­büro Ecoplan 2016 das Instru­ment der Ziel­ver­ein­ba­rungen. Das Bera­tungs­büro kommt zum Schluss, dass die Ziel­set­zungen in den ZVs grund­sätz­lich nur etwa dem lang­fri­stigen Trend der gesamten Indu­strie entsprä­chen. „Wir schätzen die Ziel­set­zungen im Durch­schnitt als wenig ambi­tio­niert ein“, schreiben die Autor:innen.

Wirk­lich erstaun­lich ist das jedoch nicht, denn die Mass­nahmen in solchen ZVs müssen sich „an der Wirt­schaft­lich­keit der mögli­chen treib­haus­gas­wirk­samen Mass­nahmen“ orien­tieren. Das steht so im Art. 67 der geltenden CO2-Verord­nung. Die Mass­nahmen müssen für Firmen also per Gesetz wirt­schaft­lich tragbar sein. Doch was heisst wirt­schaft­lich tragbar? Dies wird anhand der soge­nannten Payback­dauer bestimmt. Das ist die Zeit, nach welcher die Firma das Geld, das sie in die Mass­nahme stecken musste, wieder raus­ge­spielt hat. Als verkraftbar und deshalb wirt­schaft­lich tragbar gelten bei den ZVs Payback­dauern von vier bis acht Jahren.

Was ist die Payback­dauer?
Viele Mass­nahmen zur Reduk­tion von Klima­gasen kosten am Anfang ziem­lich Geld. Aber über die Jahre kann man damit auch sparen. Zum Beispiel, weil man sich eine effi­zi­en­tere Maschine ange­schafft hat, die weniger Strom braucht. Nach einer gewissen Zeit hat man das Geld für die Neuan­schaf­fung wegen den tieferen Ener­gie­ko­sten wieder drin. Diese Zeit­dauer ist die Payback­dauer. Als verkraftbar und deshalb wirt­schaft­lich tragbar gelten bei den ZVs folgende Payback­dauern: Für Mass­nahmen, die den Produk­ti­ons­pro­zess betreffen, maximal vier Jahre. Für solche an der Infra­struktur maximal acht Jahre. Wenn sich also die EMS Chemie oder Swiss Krono wegen einer ZV eine neue, klima­freund­li­chere Maschine kaufen müssen, haben sie das Geld nach späte­stens acht Jahren wieder zurück.

Das, was den Firmen in einer ZV also aufge­brummt wird, hält sich in Grenzen, denn nach vier bis acht Jahren haben sie das Geld wieder drin. Zudem gaben die grossen Unter­nehmen in Inter­views mit den Ecoplan-Autor:innen zu, dass sie alle Mass­nahmen in den ZVs sowieso, also auch ohne eine solche Verein­ba­rung, umge­setzt hätten (Seite 82). Ob unter den inter­viewten Firmen auch die EMS Chemie oder Swiss Krono war, ist aus dem Bericht nicht ersicht­lich. Die Autor:innen schätzen aber, dass bei den grossen Unter­nehmen im Durch­schnitt grund­sätz­lich nur 5 bis 10 % der Reduk­ti­ons­mass­nahmen auf die ZVs zurück­zu­führen seien.

Was hätten die Firmen auch ohne Befreiung von der CO2-Abgabe umge­setzt?
Der Ecoplan-Bericht hält nach der Befra­gung grosser Firmen mit einer ZV Folgendes fest: „Wir schätzen den Anteil der Brut­to­wir­kung, der ursäch­lich auf die Ziel­ver­ein­ba­rungen zurück­zu­führen ist, auf 5 bis 10 %“ (Seite 102). Bei klei­neren bis mitt­leren Unter­nehmen scheint die Wirkung der ZVs jedoch höher zu sein, weil die in den ZVs fest­ge­legten Mass­nahmen den Firmen vorher zum Teil noch gar nicht bekannt waren. Über alle ZV-Firmen hinweg schätzt der Ecoplan-Bericht, dass es zwischen 20 und 40 % der Mass­nahmen sind, die tatsäch­lich nur wegen einer ZV umge­setzt wurden (Seite 103).

Zudem werden die Ziel­ver­ein­ba­rungen zwar vom Bund über­prüft, für die Ausar­bei­tung ist aber zum grössten Teil die Energie-Agentur der Wirt­schaft (EnAW) zuständig. Die EnAW ist keine Bundes­be­hörde, sondern – wie der Name schon sagt – eine Orga­ni­sa­tion der Wirt­schaft. Der Vorstand der EnAW setzt sich aus all denen zusammen, die wahr­schein­lich lieber gar keine CO2-Abgabe hätten. Die Brennstoffimporteur:innen und der Wirt­schafts­dach­ver­band Econo­mie­su­isse sitzen dort genauso in den Vorstands­ses­seln wie die ener­gie­fres­sende Zementbranche.

Im bereits erwähnten Artikel der Sonn­tags­zei­tung von Mitte 2019, schreibt die EnAW, es entbehre „jeder Grund­lage“, dass sie zusammen mit den Firmen wenig ambi­tio­nierte Ziele erar­beite. Die Autor:innen der Ecoplan-Studie sahen das anders.

Von den laschen Reduk­ti­on­zielen zu den Millionen 

Aber wie kam es nun von den laschen Emis­si­ons­zielen zu den Millionen auf den Konti der EMS Chemie und Swiss Krono? Wenn die Firmen mehr redu­zieren, als in der ZV drin­steht, dann kriegen sie diese Über­erfül­lung, also das Über­treffen der gemeinsam abge­machten Ziel­werte, in Form von Reduk­ti­ons­be­schei­ni­gungen gutge­schrieben. Diese Beschei­ni­gungen können die Firmen dann verkaufen.

Was ist eine „Über­erfül­lung“?
Wenn die Firmen mehr redu­zieren, als in der ZV drin­steht, dann haben sie eine soge­nannte „Über­erfül­lung“. Sie haben also mehr erfüllt, als in der ZV drin­steht. Das Über­treffen der gemeinsam abge­machten Ziel­werte können sich die ZV-Firmen laut Art. 12 der geltenden CO2-Verord­nung in Form von Reduk­ti­ons­be­schei­ni­gungen gutschreiben lassen. Diese Beschei­ni­gungen können sie dann der Stif­tung Klima­schutz und CO2‑Kompensation (KliK) verkaufen, die für die Treibstoffimporteur:innen per CO2-Gesetz dazu verpflichtet ist, Kompen­sa­ti­ons­pro­jekte zusammenzukaufen.

Neben der gesetz­lich vorge­schrie­benen Tatsache, dass die Mass­nahmen wirt­schaft­lich tragbar sein müssen, und der Wirt­schafts­nähe der EnAW dürfte es also noch einen weiteren Grund geben, weshalb die Reduk­ti­ons­ziele in den ZVs so wenig ambi­tio­niert ausfallen: Die Firmen haben es auf diese Beschei­ni­gungen bei Über­erfül­lung der gesetzten Ziele abgesehen.

Und das sieht auch der Ecoplan-Bericht so: „Das Ausstellen von Beschei­ni­gungen hat einen nega­tiven Anreiz auf die gesetzten Ziel­werte. Um Über­erfül­lungen zu gene­rieren, könnten die Unter­nehmen versu­chen, ihre Ziel­werte so gering wie möglich zu halten“ (Seite 92). Das verän­dere zumin­dest teil­weise den Fokus der Unter­nehmen weg vom „Aufdecken“ neuer Spar­po­ten­ziale und hin zum „Verdecken“ mögli­cher Poten­ziale (Seite 134).

Tenden­ziell profi­tieren die grossen Firmen, während die KMUs bezahlen

Offen steht dieses Schlupf­loch unter dem geltenden CO2-Gesetz nicht allen: So muss man ja im Anhang 7 stehen, damit man über­haupt eine Befreiung der CO2-Abgabe bean­tragen kann. Zudem zahlt das BAFU nicht allen ZV-Firmen eine Über­erfül­lung in Beschei­ni­gungen aus. Auch wenn sie mehr redu­zieren als abgemacht.

Denn diese Rege­lung gilt nur für Firmen mit einem Emis­si­ons­ziel, nicht jedoch für solche mit einem Mass­nah­men­ziel. Firmen, die mehr als 1500 Tonnen pro Jahr emit­tieren, müssen ein Emis­si­ons­ziel defi­nieren in den ZVs. Den klei­neren Emittent:innen steht es frei, ob sie ein Mass­nah­men­ziel oder ein Emis­si­ons­ziel abma­chen. Da Ersteres einen klei­neren admi­ni­stra­tiven Aufwand mit sich bringt, wählen die kleinen Firmen tenden­ziell nicht das Emis­si­ons­ziel. Dies führt dazu, dass sie anders als Swiss Krono oder die EMS Chemie keine Möglich­keit haben, sich Beschei­ni­gungen ausstellen zu lassen.

Einige der grössten Verursacher:innen von CO2 werden also momentan für Mass­nahmen, die wirt­schaft­lich tragbar sind und sie sowieso umge­setzt hätten, gleich mehr­fach belohnt: Erstens können sie ihre Über­erfül­lungen zu Geld machen. Zwei­tens zahlen sie keine CO2-Abgabe. Und drit­tens erhalten sie bei der Rück­ver­tei­lung der CO2-Abgabe Geld aus einem Topf zurück, in welchen sie gar nichts einbe­zahlt haben.

Denn die CO2-Abgabe ist eine Lenkungs­ab­gabe. Das einbe­zahlte Geld bleibt also nicht einfach beim Staat, sondern wird an alle Firmen zurück­ver­teilt. Unter dem aktu­ellen CO2-Gesetz auch an die Firmen, die wegen einer ZV gar nichts in diesen Rück­ver­tei­lungs­topf einzahlen.

Das führt zu einer Umver­tei­lung. Und zwar von den Firmen, die die CO2-Abgabe zahlen, zu den Firmen, die sie nicht zahlen. Der Ecoplan-Bericht (Seite 125) schätzt diese Umver­tei­lung für die Zeit von 2013 bis 2020 auf 50 Millionen CHF.

Die Unter­nehmen fordern: Alle sollen sich befreien lassen dürfen

Deshalb wollen die im Ecoplan-Bericht (Seite 141) inter­viewten Firmen, dass sich zukünftig alle Firmen von der CO2-Abgabe befreien lassen können. „Der Anhang 7 sei will­kür­lich und solle abge­schafft werden, so dass alle Unter­nehmen die Möglich­keit hätten, sich von der CO2-Abgabe durch den Abschluss einer Ziel­ver­ein­ba­rung befreien zu lassen“, werden die Firmen im Bericht zitiert. Doch statt ein unfaires System allen zugäng­lich zu machen, würde man besser das System fairer gestalten.

Auch die Autor:innen des Ecoplan-Berichts fänden es keine gute Idee, wenn sich zukünftig alle Firmen mit einer ZV von den CO2-Abgaben befreien lassen könnten, denn die CO2-Abgabe sei eigent­lich nur als flan­kie­rende Mass­nahme für emis­si­ons­in­ten­sive Unter­nehmen einge­führt worden, die im inter­na­tio­nalen Wett­be­werb stünden. 

Zudem erwähnen die Autor:innen Folgendes: „Im Inter­esse der Effi­zienz der CO2-Abgabe empfiehlt der OECD Länder­be­richt zur Wirt­schafts­po­litik der Schweiz die Befrei­ungs­mög­lich­keiten einzu­schränken bzw. nicht weiter auszu­dehnen“ (Seite 145). Was die OECD, also die inter­na­tio­nale Orga­ni­sa­tion für wirt­schaft­liche Zusam­men­ar­beit und Entwick­lung damit sagen will: Wenn die CO2-Abgabe am Schluss niemand mehr bezahlt, bringt sie auch nichts mehr.

Was würde das revi­dierte CO2-Gesetz verändern?

Lasche Ziele, wirt­schafts­nahe Agen­turen, falsche Anreize durch Beschei­ni­gung der Über­erfül­lungen: Wird die neue CO2-Gesetz­ge­bung daran etwas ändern? Oder werden die Schlupf­lö­cher bei einem Ja gar noch grösser?

Darum geht es:Geltendes CO2-GesetzNeues CO2-Gesetz
Wirt­schaft­lich tragbar:
Zu was dürfen die Firmen im Rahmen einer ZV verdon­nert werden?









 
Die Mass­nahmen in einer ZV müssen wirt­schaft­lich tragbar sein. Sprich: Das Geld, das für die Mass­nahmen ausge­geben wurde, muss in vier bis acht Jahren wieder drin sein (Art. 67 der geltenden CO2-Verord­nung).



Auch in Zukunft wird den Firmen nur aufge­brummt, was wirt­schaft­lich tragbar ist. „Der Umfang der Vermin­de­rungs­ver­pflich­tung orien­tiert sich insbe­son­dere […] am wirt­schaft­lich reali­sier­baren Poten­zial“ (revi­diertes CO2-Gesetz (Art. 36). Es gelten dieselben Paybackdauern. 
Agentur:
Welche Orga­ni­sa­tion arbeitet die ZVs zusammen mit den Firmen aus?









 
Der Gross­teil der ZVs wurde von der Energie-Agentur der Wirt­schaft (EnAW) erar­beitet, ein kleiner Teil über­nimmt seit 2014 die act Clean­tech Agentur Schweiz.






Bis Ende 2021 wird weiterhin der Gross­teil der ZVs von der Energie-Agentur der Wirt­schaft (EnAW) erar­beitet. Was danach passiert, ist noch offen, da es für die Zusam­men­ar­beit eine neue Ausschrei­bung geben wird. Laut BFE will man den Berater:innenpool aber auf maximal drei Agen­turen ausweiten.
Über­erfül­lung:
Gibt es für die Firmen Reduk­ti­ons­be­schei­ni­gungen bei Übererfüllung?











Die Möglich­keit, sich die Über­erfül­lungen beschei­nigen zu lassen, stand den Firmen in der Periode 2013 bis 2020 durch­ge­hend zur Verfü­gung (Art. 12 der geltenden CO2-Verord­nung). Zudem wurde der Mecha­nismus als Corona-Entla­stungs­mass­nahme bis 2021 verlängert.

Die neue CO2-Verord­nung, welche das revi­dierte CO2-Gesetz dereinst konkre­ti­sieren soll, befindet sich momentan noch in der Vernehm­las­sung. Falls es an diesem Punkt jedoch keine Ände­rungen mehr gibt, können sich die ZV-Firmen eine allfäl­lige Über­erfül­lung nicht mehr beschei­nigen lassen.
Rück­ver­tei­lung der CO2-Abgabe:
Erhalten ZV-Firmen auch Rückverteilungen?




Alle Firmen, egal, ob sie in den CO2-Abgabe-Topf einbe­zahlt haben oder nicht, werden an der Rück­ver­tei­lung beteiligt.



Firmen, die sich von der CO2-Abgabe befreien lassen und dafür eine ZV eingehen, erhalten nichts mehr bei der Rück­ver­tei­lung der CO2-Abgabe (Art. 60 des revi­dierten CO2-Gesetzes).    
Zugang zur CO2-Abgabe-Befreiung:
Welche Firmen können sich durch eine ZV von den CO2-Abgaben befreien lassen?






Im Art. 66 der aktuell geltenden CO2-Verord­nung steht, dass sich ledig­lich Bran­chen, die im Anhang 7 aufge­li­stet sind, von der CO2-Abgabe befreien lassen können. Dabei handelt es sich um emis­si­ons­in­ten­sive Unter­nehmen, die im inter­na­tio­nalen Wett­be­werb stehen.In der revi­dierten CO2-Verord­nung würde der Art. 85 regeln, wer eine ZV eingehen darf. Das sind neu eigent­lich alle Firmen. Und dies, obwohl die vom Bund in Auftrag gege­bene Analyse zum Gegen­teil rät (Ecoplan-Bericht, Seite 145). 

Grund­sätz­lich würden sich mit dem neuen CO2-Gesetz also drei Punkte ändern: Erstens könnten sich die Firmen Über­erfül­lungen nicht mehr beschei­nigen lassen. Unter dem revi­dierten CO2-Gesetz gäbe es diesen Fehl­an­reiz nicht mehr. 

Zwei­tens würden ZV-Firmen nicht mehr von der Rück­ver­tei­lung der CO2-Abgabe profi­tieren, obwohl sie gar keine CO2-Abgabe bezahlt haben. Diese Unge­rech­tig­keit würde das neue CO2-Gesetz jedoch nur teil­weise beheben. Denn die CO2-abga­be­be­freiten Firmen, die beim Emis­si­ons­han­dels­sy­stem mitma­chen, würden weiterhin von der Rück­ver­tei­lung profitieren. 

Drit­tens können sich neu alle Unter­nehmen von der CO2-Abgabe befreien lassen, wenn sie dafür eine Ziel­ver­ein­ba­rung mit Vermin­de­rungs­pflicht eingehen.

Aber machen die Firmen damit eigent­lich nicht einen zu guten Deal? Doch. Um dies aufzu­zeigen, lohnt sich der Vergleich mit einer geplanten CO2-Mass­nahme für Privat­per­sonen, und zwar mit der Flug­ticket­ab­gabe: Ein Erlass der CO2-Abgabe für Firmen, die eine Teil­re­duk­tion der Treib­haus­gase vornehmen, wäre in etwa dasselbe, wie wenn Flug­rei­sende die Möglich­keit hätten, dem Bund zu verspre­chen, dass sie nur noch halb so viel fliegen würden und für die verblei­benden Flüge keine Flug­ticket­ab­gabe mehr zahlen müssten.

Neben Schlupf­lö­chern, Inter­es­sen­kon­flikten und Fehl­an­reizen hat das System der Ziel­ver­ein­ba­rungen aber noch ein viel grös­seres Manko: Wir kommen damit nicht aus dem Status quo heraus. Das sagen auch die Autor:innen des Ecoplan-Berichts (Seite 127): „Die Ziel­ver­ein­ba­rung will den Unter­nehmen nur wirt­schaft­liche Mass­nahmen abver­langen. Jedes Unter­nehmen kann seinen Ziel­pfad, abge­stimmt auf seinen Produk­ti­ons­pro­zess, wählen. Eine solche Ausge­stal­tung der Ziel­ver­ein­ba­rung gibt keinen Anreiz zugun­sten des länger­fri­stig notwen­digen Strukturwandels.“


Damit ihr die Über­sicht nicht verliert – Hier die Schweizer Klima­ge­setz­ge­bung auf einen Blick (oder viel­leicht auf zwei):

Klima­ge­setz­ge­bung in der Schweiz. (Illu­stra­tion: Luca Mond­genast)


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